1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel: Volles Vertrauen in Schavan

6. Februar 2013

Die Kanzlerin stellt sich hinter ihre Ministerin und enge Parteifreundin: Auch nach der Aberkennung des Doktortitels habe sie "volles Vertrauen" in Schavan. Nach deren Rückkehr aus Südafrika wolle man "in Ruhe reden".

https://p.dw.com/p/17YgQ
File picture shows German Chancellor Angela Merkel (L) as she puts her hands on the shoulder of Education Minister Annette Schavan during a session of the Bundestag, the German lower house of parliament, in Berlin October 18, 2012. Chancellor Angela Merkel's education minister was stripped of her doctorate on February 6, 2013 for alleged plagiarism in her work, a move that could embarrass the German leader as she seeks election to a third term in office. Picture taken October 18, 2012. REUTERS/Thomas Peter/File (GERMANY - Tags: POLITICS)
Annette Schavan und Angela Merkel ArchivbildBild: Reuters

Regierungssprecher Steffen Seibert gab sich demonstrativ gelassen: Ungeachtet dessen, dass die für Bildung und für Wissenschaft zuständige Bundesministerin Annette Schavan nun formell ohne Doktortitel und Hochschulabschluss dasteht, sieht er keine Notwendigkeit für unmittelbare Konsequenzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe "volles Vertrauen in sie" und schätze "ihre Leistungen als Ministerin außerordentlich", hob er vor der versammelten Journalistenschar in Berlin hervor.

Merkel sei mit Schavan "in gutem Kontakt", nach deren Rückkehr von ihrer Südafrika-Reise werde "über alles in Ruhe zu reden sein". Dann könne sich die Ministerin auch "ausführlicher äußern, als das aus dem Ausland angemessen möglich ist", gab sich Seibert verständnisvoll. Die Bundesregierung verstehe, dass Schavan gegen die Entscheidung der Universität Düsseldorf zum Entzug ihres Doktortitels ihre rechtlichen Mittel ausschöpfen wolle.

Opposition fordert Rücktritt von Schavan

Klage gegen Universität

Schavan selbst hielt ihre erste Stellungnahme kurz: "Mit Blick auf die juristische Auseinandersetzung bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich keine weitere Stellungnahme abgeben werde," sagte sie in Johannesburg.

Ihre Anwälte hatten bereits unmittelbar nach dem Beschluss des Rates der Philosophischen Fakultät, Schavan den Doktorgrad wegen Plagiaten in der Dissertation abzuerkennen, Klagen angekündigt. Die Entscheidung sei "in einem fehlerhaften Verfahren" zustande gekommen und "rechtswidrig". Schavan hatte Flüchtigkeitsfehler in ihrer 1980 verfassten Doktorarbeit mit dem Titel "Person und Gewissen" eingeräumt, jede Täuschungsabsicht aber immer entschieden zurückgewiesen.

In Berlin forderten sämtliche Oppositionsparteien einmütig den Rücktritt der Ministerin. Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke erklärte: "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie eine Bildungsministerin mit einem solchen Makel hier in Deutschland regieren will." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, die CDU-Politikerin sei als "Wissenschaftsministerin nicht mehr glaubwürdig" und müsse ihre Konsequenzen ziehen. Auch die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Petra Sitte, hält einen Rücktritt Schavans für unausweichlich. "Wer für Bildung und Forschung zuständig ist, wird immer eine Vorbildrolle einnehmen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung".

"Systematisch und vorsätzlich"

Der Fakultätsrat hatte Schavan am Dienstag (05.02.2013) mit zwölf zu zwei Stimmen bei einer Enthaltung den Doktortitel wegen "vorsätzlicher Täuschung" in ihrer Promotionsarbeit entzogen. Dekan Bruno Bleckmann sagte in Düsseldorf, in der Arbeit seien in bedeutendem Umfang nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte zu finden. Der Rat sehe es als erwiesen an, "dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte."

Die Affäre war im Frühjahr 2012 durch einen anonymen Blogger im Internet ins Rollen gebracht worden. Er hatte Schavan vorgeworfen, an verschiedenen Stellen ihrer Doktorarbeit abgeschrieben und Quellen nicht genannt zu haben. Besondere Dynamik bekam der Fall, weil die Ministerin zuvor in der Plagiatsaffäre um den CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg strenge Maßstäbe angelegt hatte: Sie erklärte, dass sie sich als Wissenschaftlerin "nicht nur heimlich" für Guttenberg schäme. Der CSU-Politiker war 2011 als Verteidigungsminister zurückgetreten, nachdem ihm Plagiate in seiner Dissertation nachgewiesen worden waren.

Ende einer Lichtgestalt - der Rücktritt des Karl-Theodor zu Guttenberg # 03.03.2011 # Politik direkt

Vertraute der Kanzlerin

Schavan gehört dem Kabinett Merkels seit fast acht Jahren als Bildungsministerin an. Die 57-Jährige gilt als enge Vertraute der Regierungschefin, deren Modernisierungskurs in der CDU sie stets unterstützte. Und aus der Partei sind Rücktrittforderungen jetzt nicht zu vernehmen. Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer bezeichnete das Vorgehen der Uni Düsseldorf als "Farce" und "unfaires Verfahren". "Das Procedere ist keine wissenschaftliche Überprüfung, sondern eine politisch motivierte Kampagne gegen eine sehr erfolgreiche Bundesforschungsministerin", sagte der CDU-Politiker.

Schavans CDU-Kreisverband Alb-Donau/Ulm stärkte der Politikerin den Rücken. Die Aberkennung des Doktortitels sei kein Grund für Zweifel an der Ministerin, sagte der Vorsitzende des CDU-Kreisverbands, Paul Glökler, der Deutschen Presseagentur. Der Kreisverband hatte Schavan Ende Januar trotz des Plagiatsverfahrens wieder als Direktkandidatin für die Bundestagswahl im Herbst aufgestellt.

wl/SC/sti (dpa, dapd, apd, rtr, afp)