1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel und Medwedew wollen mehr

15. Juli 2010

Die Regierungen Deutschland und Russlands präsentieren sich demonstrativ einig. Auch wurden Wirtschaftsverträge in Milliardenhöhe unterzeichnet. Und doch gibt es immer wieder ein Thema, dass die Beziehungen belastet.

https://p.dw.com/p/OMRN
Dmitri Medwedew und Angela Merkel (Foto: AP)
Dmitri Medwedew und Angela Merkel wollen Beziehungen vertiefenBild: AP

Das Verhältnis zwischen Berlin und Moskau sei beständig und eingespielt - und "in allen Bereichen von Energieeffizienz bis zur Umweltpolitik, bis zu den wirtschaftlichen Kooperationsfragen" gebe es große Übereinstimmung, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag (15.07.2010) während der deutsch-russichen Konsultationen in Jekaterinburg.

Und auch der russische Präsdident Dmitri Medwedew wollte die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten noch weiter vertiefen: Er forderte die deutschen Unternehmen auf, sich stärker an der Modernisierung seines Landes zu beteiligen. Angesichts der "strategischen Partnerschaft auf wirtschaftlichem Gebiet" beider Länder sehe er gute Perspektiven, sagte Medwedew.

Es war das zwölfte Mal, dass die Regierungen von Deutschland und Russland gemeinsam tagen. Neben der Bundeskanzlerin waren auch Außenminister Guido Westerwelle und weitere Kabinettsmitglieder dabei - und zahlreiche Spitzenmanager deutscher Unternehmen.

Milliardenaufträge für Siemens

Für den deutschen Technologie-Konzern Siemens zahlte sich die Reise an den Ural besonders aus: Vorstandschef Peter Löscher unterzeichnete nach Konzernangaben Absichtserklärungen über die Lieferung von Windkraft- und Bahntechnik. Siemens soll demnach bis 2026 insgesamt 22 Rangierbahnhöfe modernisieren sowie in den kommenden zehn Jahren 240 Regionalzüge an die Russische Eisenbahn liefern. Zudem will Siemens bis zum Jahr 2015 Windturbinen in Russland installieren. Der Gesamtumfang der Aufträge beläuft sich auf mehrere Milliarden Euro.

Doch die Regierungskonsultationen verliefen nicht völlig konfliktlos. Dafür sorgte schon das Datum. Denn genau vor einem Jahr war die tschetschenisch-russische Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa entführt und ermordet worden - und dieses Verbrechen hatte auch bei den deutsch-russischen Begegnungen diplomatische Nachwirkungen.

Medwedew: "Äußerst wichtig für Russland"

Medwedew versicherte - wie schon bei früheren Treffen mit Kanzlerin Merkel -, dass das Engagement für Menschenrechte und Demokratie nicht nachlassen werde. Der Kremlchef räumte Missstände auf diesem Sektor in Russland ein und demonstrierte zugleich Gesprächsbereitschaft. "Wir sind bemüht, diese Probleme zu lösen", sagte er zum Abschluss des so genannten "Petersburger Dialogs", eines Treffens zivilgesellschaftlicher Gruppen aus Deutschland und Russland. "Wir in Russland sind der Meinung, dass es für unser Land äußerst wichtig ist."

Marieluise Beck (Foto: DW)
Beharrt auf der Einhaltung der Menschenrechte: Marieluise BeckBild: DW

Als Reaktion auf Forderungen auch Merkels nach einer raschen Aufklärung verwies Medwedew auf die Bemühungen der Moskauer Justiz. Der Mörder sei schließlich mittlerweile ermittelt und zur internationalen Fahndung ausgeschrieben. In einem internen Bericht war jüngst ein Tschetschene namens Alchasur Baschajew als einer der Täter genannt worden, der im bewaffneten Untergrund aktiv sein soll.

"Dialog"-Forum klagt über "enttäuschende Ermittlungen"

Auch das "Dialog"-Forum hatte eine schleppende Aufklärung des Mordes an Estemirowa beklagt. "Die Täter sind nicht erkannt und nicht gefasst", sagte etwa die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck, die Mitglied im Lenkungsausschuss des "Petersburger Dialogs" ist. Die Ermittlungen und die Strafverfolgung seien enttäuschend und nicht überzeugend. Man sei sehr beunruhigt, weil der Präsident der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, die Bürgerrechtler der Gruppe "Memorial" zu Staatsfeinden erklärt habe. Estemirowa hatte für diese Gruppe gearbeitet.

Kanzlerin Merkel reiste inzwischen nach Peking weiter. Dass das Thema Menschenrechte sie auch dort begleiten wird, dürfte klar sein.

Autor: Martin Muno (dpa, afp, apn, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber