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Euro-Zone soll enger zusammenwachsen

4. Februar 2011

Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy wollen die 17 Staaten der Euro-Zone enger zusammenschweißen. Ein neuer Pakt außerhalb der EU-Verträge soll für eine stabile Währung sorgen. Kurswechsel in Europa?

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (links) und Präsident Nicolas Sarkozy (rechts) (Foto: dapd)
Merkel und Sarkozy: "Wir arbeiten Hand in Hand"Bild: dapd

In einem knappen gemeinsamen Statement vor der Brüssler Presse kündigten Merkel und Sarkozy den "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" an. Die Journalisten erfuhren noch vor den übrigen Staats- und Regierungschefs von den Plänen. Diese sollten erst beim traditionellen Mittagessen die Einzelheiten des Gesamtkonzeptes zur Rettung der Gemeinschaftswährung Euro erfahren. Die Bundeskanzlerin sagte, für Deutschland und Frankreich sei der Euro nicht nur eine Währung, sondern ein politisches Projekt.

Die 17 Staaten, die in der Europäischen Union den Euro als Zahlungsmittel haben, müssten politisch enger zusammenarbeiten und wirtschaftspolitisch besser kooperieren. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy ergänzte, die europäische Integration müsse so vorangetrieben werden. Der "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" soll zunächst nur die 17 Euro-Staaten umfassen. Die übrigen zehn Mitglieder der Europäischen Union seien aber eingeladen mitzumachen, hieß es aus der deutschen EU-Delegation.

EU-Präsident Hermann Van Rompuy (links), Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (Mitte) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (rechts) (Foto: dapd)
Van Rompuy, Sarkozy und Merkel vereinbarten noch einen SondergipfelBild: dapd

Der Euro-Klub soll enger zusammenarbeiten

Der Pakt, der kein formelles Instrument der EU wird, solle so funktionieren, dass sich die Staats- und Regierungschefs konkrete Ziele zur Verbesserung der wirtschaftlichen Leistung setzten und diese auch selbst kontrollierten, erläuterten EU-Diplomaten. Eine Änderung des bestehenden Lissabon-Vertrages der EU wäre viel zu langwierig und mit vielen Unwägbarkeiten behaftet.

Eine "Wirtschaftsregierung" mit konkreten Befugnissen, wie sie dem französischen Präsidenten seit langer Zeit vorschwebt, soll der Pakt nach deutscher Lesart nicht sein. Bislang hatte die Bundeskanzlerin zentrale Vorgaben für die Wirtschafts-, Sozial-, und Finanzpolitik immer abgelehnt. Auch eine Aufteilung der EU in Euro-Staaten und Nicht-Euro-Staaten wurde in der Wirtschaftspolitik bislang vermieden, um den Eindruck eines Europas der "zwei Geschwindigkeiten", also Zonen unterschiedlich tiefer Integration, zu vermeiden. Die aktuelle Krise des Euro zwingt Angela Merkel offenbar zum Umdenken. Der französische Präsident sieht es so: "Dringende Probleme erfordern jetzt dringende Maßnahmen."

Für Entscheidungen zum Beispiel über das Rentensystem, Steuern oder Lohnabschlüsse blieben allein die Nationalstaaten und Tarifparteien zuständig. Der Pakt sei nur eine feste Verabredung der Staats- und Regierungschefs untereinander, sagten deutsche EU-Diplomaten. Deshalb könne der Pakt auch nicht mit Sanktionen oder Strafen bewährt werden.

Erst wenn die übrigen Mitglieder der Eurozone, sich diesem Pakt anschließen, ist die Bundeskanzlerin offenbar bereit, über eine Vergrößerung und einen Umbau des EU-Rettungsschirms zu sprechen, da auf Deutschland neue Lasten zukommen könnten. EU-Kommissionspräsident Jose Barroso hatte eine Vergrößerung des Rettungsschirms gefordert, um Spekulationen gegen Portugal und Spanien zu verhindern. Barroso will außerdem mehr Kompetenzen für die EU-Kommission, also die supranationale Behörde in Brüssel.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso (Foto: dapd)
EU-Kommissionspräsident Barroso will einen größeren RettungsfondsBild: David Ertl

Noch ein Gipfeltreffen nötig

Über den deutsch-französischen Euro-Pakt sollen die 17 Euro-Staaten auf einem Sondertreffen Anfang März entscheiden. Beim regulären EU-Gipfel aller 27 Mitgliedsstaaten Ende März soll dann ein Gesamtpaket zur Euro-Rettung geschnürt werden. Dann müsste auch klar sein, wie der Rettungsfonds in einen permanenten Mechanismus überführt werden kann und ob es Umschuldungsaktionen für Griechenland und Irland geben muss.

Aus Kreisen der EU-Kommission hieß es, die Staats- und Regierungschefs seien bereit, den überschuldeten Staaten Griechenland und Irland günstigere Konditionen für Kredite des Rettungsschirms einzuräumen. Die Zinsen für diese Kredite könnten gesenkt und die Laufzeiten auf bis zu 30 Jahre gestreckt werden.

Innerhalb der Berliner Regierungskoalition ist Merkels Vorstoß umstritten. Der FDP gehen Vorschläge in Richtung einer Wirtschaftsregierung mit Vorgaben für die nationale Wirtschaftspolitik zu weit. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sagte in Brüssel, er könne sich keine Eingriffe in nationale Tarifhoheit vorstellen. Die Lohnpolitik sei Sache von Gewerkschaften und Arbeitgebern.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger (Foto: AP)
Oettinger will Energienetze ausbauenBild: picture-alliance/dpa

Eine neue Energiestrategie

Weiteres Gipfelthema ist eine Initiative für eine Stärkung der erneuerbaren Energie innerhalb der Europäischen Union. Wasser-, Wind-, und Solareniergie sollen bis zum Jahr 2020 an der Energieversorgung einen Anteil von 20 Prozent haben. EU-Energiekommissar Günther Oettinger beklagt aber, dass die Mitgliedsstaaten bei der Verwirklichung dieses Ziels zu langsam sind.

Die Staats- und Regierungschefs wollen Investitionen in einen Ausbau der Energienetze in Europa anstoßen. Dringend notwendig ist der Bau von Gaspipelines in Nord-Süd-Richtung und ein Ausbau der Stromnetze, um Ökostrom aus der Nordsee nach Süden zu transportieren.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Fabian Schmidt