1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel und Sarkozy wollen EU-Verträge ändern

24. November 2011

Die deutsch-französische Initiative gegen EU-Defizitsünder nimmt konkretere Züge an: Beide Länder wollen in den nächsten Tagen zur Stabilisierung des Euro Vorschläge für eine Änderung der EU-Verträge vorlegen.

https://p.dw.com/p/13GXh
Merkel, Sarkozy und Monti in Straßburg (Foto: dapd)
Sie wollen Defizitsünder konsequenter bestrafenBild: dapd

Die Chefs der drei größten Euro-Volkswirtschaften haben sich am Donnerstag (24.11.2011) in Straßburg zu einem Krisengipfel getroffen: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Italiens Ministerpräsident Mario Monti. Gemeinsam wollten sie nach Wegen aus der Schuldenkrise suchen. Bei einem Arbeitsessen ging es in erster Linie um die Möglichkeit von EU-Vertragsänderungen, um Defizitsünder im Euro-Raum besser überwachen und zur Verantwortung ziehen zu können. Diese werden vor allem von Merkel und Sarkozy angestrebt, die noch vor dem nächsten EU-Gipfel am 9. Dezember entsprechende Vorschläge für eine Änderung der Verträge machen wollen.

Merkel sprach sich erneut gegen Eurobonds aus. An ihrer Haltung habe sich nichts geändert, sagte Merkel. Eurobonds, gemeinsame Anleihen der Euro-Staaten, würden die unterschiedlichen Zinssätze der Mitgliedsländer nivellieren. Doch mit gemeinsamen europäischen Staatsanleihen die Zinssätze anzugleichen, sei ein "falsches Zeichen". Diese seien ein Hinweis darauf, "wo noch etwas zu tun ist und wo man weiter machen muss". Unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit drücke sich in unterschiedlichen Zinssätzen aus. Sie werde ihre Haltung zu Eurobonds nicht als Gegenleistung für vertraglich geregelte Verschärfungen der Stabilitätskriterien aufgeben.

Merkel: Rolle der EZB wird sich nicht ändern

Sarkozy und Merkel in Straßburg (Foto: dapd)
Merkel und Sarkozy wollen Vorschläge zur EU-Vertragsänderung vorlegenBild: dapd

Differenzen zwischen Berlin und Paris zeigten sich weiterhin im Umgang mit der Europäischen Zentralbank (EZB). Merkel wehrt sich gegen Sarkozys Streben, die EZB aufzufordern, massiv Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Staaten zu kaufen. Wegen der Schuldenkrise war immer wieder gefordert worden, der EZB mehr Instrumente in die Hand zu geben. "Die Europäische Zentralbank ist unabhängig", sagte Merkel. "Und deshalb beschäftigten sich mögliche Vertragsänderung auch nicht mit der Europäischen Zentralbank. Sie ist für die Geldpolitik zuständig, für die Stabilität des Geldes."

Die EU-Verträge sollten nach Merkels Ansicht so geändert werden, dass Defizitsünder künftig automatisch bestraft werden. Wer gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt verstoße, müsse zur Rechenschaft gezogen werden können, meinte sie. Bisher sei mehr als 60 Mal gegen den Pakt verstoßen worden, ohne dass es Konsequenzen hatte. Im Kampf gegen die Schuldenkrise will vor allem Deutschland Haushaltssünder in der EU konsequent bestrafen. Nach Ansicht der Bundesregierung ist für härtere Sanktionen eine Änderung der EU-Verträge nötig.

Sarkozys rote Linien

Monti und Sarkozy in Straßburg (Foto: dapd)
Monti und Sarkozy in StraßburgBild: dapd

Sarkozy sprach von "roten Linien" und bemühte sich, Einigkeit zu demonstrieren. "Ich versuche, die deutsche rote Linie zu verstehen." Umgekehrt müsse Deutschland Frankreichs rote Linie verstehen. Er signalisierte aber, dass er sich mit Forderungen an die EZB zurückhalten wolle und betonte ebenfalls die Unabhängigkeit der EZB. Der französische Präsident kündigte an, Deutschland und Frankreich wollen gemeinsam Vorschläge zur geplanten Änderung der EU-Verträge vorlegen. Sie sollen noch vor dem EU-Gipfel am 9. Dezember präsentiert werden.

Brüssel und Paris drängten die Bundesregierung in den vergangenen Tagen immer stärker zu einer massiven Rettungsaktion für die Eurozone. Frankreichs Außenminister Alain Juppé hatte noch am Morgen versucht, den Druck auf Merkel zu erhöhen: Er forderte, zur Beruhigung der Märkte solle "die Europäische Zentralbank eine essenzielle Rolle spielen". Nur so könne Vertrauen geschaffen werden, sagte er dem französischen Sender France Inter. Zugleich zeigte sich Juppé offen für die von Berlin geforderten Vertragsänderungen zur Stärkung der Haushaltsdisziplin. Allerdings bräuchten Vertragsänderungen Zeit. Aber "wir sind in einer Notsituation".

Merkel hatte noch am Mittwoch vor dem Bundestag eine stärkere Einbeziehung der EZB entschieden abgelehnt. Und auch die aus Brüssel geforderten Eurobonds wies sie als "unpassend" zurück. Doch angesichts der weiteren Zuspitzung an den Anleihenmärkten werden die Rufe nach weiteren entschiedenen Rettungsmaßnahmen immer lauter.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, apf, dapd, rtr)

Redaktion: Martin Schrader