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Mickey macht Feng Shui

Oliver Samson (ale)12. September 2005

Bei der Planung des neuen Disneyland in China hat Disney nichts dem Zufall überlassen. Bis hin zu Feng-Shui und Zahlensymbolik ging die Anpassung an landestypische Gegebenheiten.

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Disney auf kulturellem SchmusekursBild: AP

Genau 888 Quadratmeter groß ist er geworden, der zentrale Festsaal von Disneyland Hongkong - acht ist in China schließlich eine Glückszahl. Dafür gibt es in den beiden Parkhotels keinen vierten Stock - schließlich wissen Chinesen, dass die Vier nur Unglück bringt. Und um mit den Geisteskräften endgültig Frieden zu schließen, wurde sogar das Eingangstor um zwölf Grad verschoben - ein eigens engagierter Feng Shui-Spezialist hatte dem Disney-Konzern dadurch größeren Wohlstand versprochen. Am Montag (12. September 2005) - auch ein Glückstag - hat Disneyland seinen neuen Vergnügungspark eröffnet.

Disneyland in Hongkong
Disneyland in Hongkong: Feier zur GrundsteinlegungBild: APTN

Bubblegum und Weisheit

Mickey Maus und Feng Shui? Das Symbol amerikanischer Bubblegum-Kultur und asiatische Weisheit? Passt zusammen, meint der noch amtierende Disney-Präsident Robert Iger, der in diesem Monat als Nachfolger von Michael Eisner die Konzernführung übernimmt. Iger sieht den ur-amerikanischen Unterhaltungsgiganten nun auf dem Weg, kulturelle Unterschiede anzuerkennen. Dabei will er unbedingt den chinesischen Markt erobern - aber wenn Disneys Produkte zu US-zentriert seien, verlören sie an Relevanz, ist sich Iger sicher. "Und ganz besonders trifft dies auf Hongkong-Disneyland zu."

Bei der Eröffnung der bisher einzigen europäischen Dependance 1992 nahe Paris war Disney von kultureller Sensibilität noch ein ganzes Stück weiter entfernt. Geschäfts- und Parkmodel wurden eins zu eins von Amerika übernommen mit dem, besonders für die französischen Besucher sehr ärgerlichen Resultat, dass zu Anfang in den Park-Restaurants doch tatsächlich kein Wein zum Essen zu bekommen war. Auch die Buchungsmodalitäten wurden nicht an europäische Bedürfnisse angepasst. EuroDisney legte einen Fehlstart inklusive einer finanziellen Bruchlandung hin, die der Themenpark noch heute ausbadet.

Kulturelles Tschernobyl und geschäftliches Desaster

Disneyland in Hongkong
Hongkong Disneyland, KonzeptBild: APTN

Disneyland Hongkong, der neueste Sproß der Disney-Familie, stand finanziell von Anfang an unter einem besseren Stern. Disney ging bei der Finanzierung des Parks mit Hongkong ein Joint Venture ein: 57 Prozent des Kapitals, stolze 417 Millionen Dollar, steuerte die Regierung des chinesischen Sonderverwaltungsgebietes bei. Zusätzlich investierte Hongkong fast drei Milliarden Dollar für die Infrastruktur der strategisch günstig zwischen Flughafen und Innenstadt gelegenen, 126 Hektar großen Insel - 65 Prozent mehr als ursprünglich gedacht.

Einen Fehlstart möchte man in Hongkong unbedingt vermeiden. Schließlich will Disney mittelfristig weitere Parks in Asien eröffnen. An asiatischem Essen soll es in den Park-Restaurants nicht fehlen, Angestellte und Reiseagenten wurden monatelang geschult – und es wurde eine eigene Park-Etikette erstellt.

Allerdings stieß die kulturelle Anpassung auch schon vorab an gewisse Grenzen. Als im Mai 2005 bekannt wurde, dass der Disney-Konzern plant, in seiner Hongkonger Niederlassung auch Haifischflossensuppe zu servieren, hagelte es Proteste von Umweltschutzorganisationen. Die beliebte chinesische Delikatesse ist umstritten, weil die Fischer bei der Beschaffung der Flossen äußerst brutal verfahren und ganze Haiarten mittlerweile vom Aussterben bedroht sind. Der Disney-Konzern gab schließlich nach.

Haifischflossensuppe kommt in Hongkong nicht auf den Tisch und auch ein anderer kultureller Spagat wird den Chinesen abverlangt. Während es im Reich der Mitte auch in der Öffentlichkeit üblich ist, jeder Zeit um sich zu spucken oder zur Zigarette zu greifen, will die Disney-Leitung diese Praxis begrenzen. Rauchen soll nur in ausgewiesenen Zonen möglich sein, Spucken wird gar mit einem Parkverweis geahndet.

Abseits des Mainstream

Schloß von Walt Disney
Das Dornröschenschloß als Wahrzeichen darf auch in Hongkong nicht fehlenBild: dpa

Trotz dieser Verhaltensvorschriften dürfte der Spaß im neuen Hongkonger Vergnügungszentrum aber nicht zu kurz kommen. Schließlich fällt es bei Disney selbst dem größten Gute-Laune-Muffel nicht schwer sich zu amüsieren. Damit das auch so bleibt, greift man in Hongkong auf bewährte Konzepte zurück. Insgesamt vier Themenbereiche mit bekannten Attraktionen wie der Main Street und dem Dornröschenschloss hat der neue Park zu bieten. Zur Eröffnung wird sich neben Stars wie Johnny Depp oder John Travolta auch eine der neuesten Disney-Kreationen auf dem Hongkonger Vergnügungsgelände tummeln: der Dinosaurier Lucky. Dieser frei laufende Roboter, der derzeit anlässlich des 50-jährigen Disney-Jubiläums rund um den Globus mit grinsendem Maul fleißig Autogramme verteilt und den Besucher bei seinem Gang durch den Park begleitet, weist schon den Weg in die Zukunft. Mit Erfindungsgeist und technischer Innovation will Disney seine Alternativwelt voller Magie und Illusionen abseits des Mainstream weiter ausbauen.