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Zielgruppe Migranten

Insa Wrede18. Dezember 2012

Während der Branchenriese Telekom mit schwindendem Umsatz kämpft, geht es dem Mittelständler Mox Telecom gut. Denn das Unternehmen hat sich eine lukrative Nische ausgesucht: Migranten.

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Junge Kubanerin am Telefon, Havanna, Kuba
Bild: picture-alliance/dpa

Mehr als 200 Millionen Menschen leben weltweit außerhalb ihres Geburtslandes. Trotzdem haben sie meist regelmäßig Kontakt zur Familie im Heimatland, sprich sie telefonieren nach Hause. Wer aber zu einem Telefon oder gar zum Handy greift und sich ganz normal ins Ausland einwählt, der bezahlt meist hohe Gebühren. Das war schon so vor 15 Jahren, als in Deutschland der Telekommunikationsmarkt liberalisiert wurde. Seit dem können private Telekommunikationsfirmen dem ehemaligen Staatsbetrieb, der Deutschen Telekom Konkurrenz machen.

Wachsen in der Nische

Einer der Konkurrenten ist Mox Telecom, ein mittelständisches Unternehmen aus Ratingen in Nordrhein-Westfalen. Während bei dem einstigen Monopolisten seit Jahren der Umsatz zurückgeht und jedes Jahr neue Sparprogramme aufgelegt werden, wächst das Geschäft bei Mox Telecom Jahr für Jahr. "Ein kleines Unternehmen muss sich auf eine Nische fokussieren", sagt Günter Schamel, Gründer von Mox Telecom. "Wir haben uns von Anfang an auf ausländische Mitbürger fokussiert."

Der Kern des Geschäftes sind Telefonkarten, mit denen man kostengünstig ins Ausland telefonieren kann. Solche Telefonkarten mit festem Guthaben kann jeder an Kiosken, Tankstellen oder in Call Shops kaufen. Zwar seien sie relativ günstig, so Schamel. Aber "wir sind nicht immer der Kostengünstigste, weil wir auch das Ziel haben, qualitativ hochwertig zu sein." Das sei nicht immer selbstverständlich, wenn es um exotische Länder gehe. Sinnvoll kann so etwas sein, heißt es von der Verbraucherzentrale. Wenn Migranten von einem Festnetzanschluss auf ein Festnetz im Ausland anrufen möchten, dann können sie aber auch spezielle Flatrates nutzen, die große Telekommunikationsfirmen für internationale Gespräche anbieten. Für jedes Land gibt es so etwas allerdings nicht.

Dr. Günter Schamel, Vorstand von Mox Telecom AG, Foto: Mox Telecom AG
Günter Schamel: Die USA sind interessant, weil die Verbraucher meist Prepaid Handys benutzen und damit keine Auslandsgespräche machen können.Bild: Mox Telecom AG

Weltweites Angebot

Am Anfang bot Mox seine Telefonkarten nur in Deutschland an - in erster Linie türkischen Verbrauchern sowie Russlanddeutschen. Inzwischen hat das mittelständische Unternehmen aus Ratingen bei Düsseldorf sein Geschäft auch auf andere Länder ausgeweitet - immer die Migranten im Fokus. Es gibt acht Auslandsstandorte und die Produkte von Mox Telecom werden in 45 Ländern verkauft. Wobei inzwischen die USA der wichtigste Markt für Mox sind.

Rund 210 Millionen Euro setzte Mox beim Geschäft mit der Telekommunikation im vergangenen Jahr um. Man habe etwa 20 Millionen feste Kundenbeziehungen, sagt Schamel, Vorstandvorsitzender von Mox. Und: "Obwohl es PrePaid Telefonkarten sind, wissen wir sehr wohl, wer ein regelmäßiger Nutzer ist." Das könne man an der Telefonnummer erkennen. Und: "Wir wissen auch, welche Sprache verstehen die Verbraucher. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt."

Rücküberweisungen im Visier

Wichtig vor allem, um weitere Produkte zu vermarkten. Denn Migranten telefonieren nicht nur viel. Sie schicken auch Geld an die Familie in ihrer Heimat und so entstehen weltweit Zahlungsströme von mehr als 300 Milliarden US Dollar jährlich. Bei Überweisungen auf herkömmlichen Weg werden meist hohe Gebühren fällig - insbesondere, wenn das Zielland ein Entwicklungsland ist. Auch hier bietet Mox nach eigenen Angaben eine günstigere Alternative. In Kooperation mit dem Kreditkartenanbieter Mastercard werden seit einigen Monaten in Deutschland Prepaid-Kreditkarten verkauft. Das Besondere: Zu dieser Kreditkarte kann eine Partnerkarte beantragt werden. Auf diese Partnerkarte kann per SMS in Echtzeit Geld transferiert werden.

Wechselstube der Western Union Bank, Hongkong, China
Western Union verdient an Geldüberweisungen ins Ausland kräftig mitBild: picture alliance / Bildagentur Online

"Unser Produkt hat den Vorteil, dass man es als ganz normale Kreditkarte benutzen kann. Sowohl die Hauptkarte als auch die Partnerkarte am Zielort", erklärt Schamel. "Das heißt, die Person kann beispielsweise in Nicaragua oder in Nigeria am Geldautomaten stehen und sagen, ich möchte jetzt 50 Euro haben, ruft in Deutschland an und dann kann der Karteninhaber für die sofortige Geldübertragung sorgen." Die Übertragung von einer Karte auf die andere koste einen Euro, egal wie viel übertragen wird, so Schamel. "Es gibt einige weitere Gebühren, die aber im Vergleich mit anderen Debit-Karten ganz im Durchschnitt liegen."

Von Stromverträgen bis zur Augen-OP

Und damit nicht genug. Neben dem Kreditkartengeschäft will Mox auch ins E-Commerce Geschäft einsteigen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten, Singapur und Vietnam wird bereits eine Online-Plattform getestet, auf der Händler ihre Produkte zu besonderen Konditionen anbieten können. Von Flügen, Augenoperationen, Stromverträgen bis zu Restaurantgutscheinen ist alles zu haben, was Migranten interessiert, sagt Schamel. Auch wenn der Umsatz bislang noch niedrig ist, in drei bis vier Jahren soll das Geschäft im Internet ein Drittel des Umsatzes ausmachen, so zumindest der Plan bei Mox Telecom.