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Migrationspolitik als Balanceakt

Susanne Henn17. Oktober 2008

EU-Staatschefs verabschieden "Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl". Einerseits braucht Europa wegen schrumpfender Bevölkerungszahlen Einwanderer, gleichzeitig aber soll die illegale Migration bekämpft werden.

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Ausländer auf der Straße
Wegen schwindender Bevölkerungszahlen braucht Europa ZuwanderungBild: AP

Der jetzt verabschiedete Migrationspakt bündelt bereits gefasste EU-Entschlüsse, enthält inhaltlich jedoch wenig Neues. Die Regierungen der einzelnen Staaten erklären darin die Bereitschaft, künftig in den Bereichen Arbeitsmigration, Asyl und Abschiebung besser kooperieren.

Kein Allheilmittel

Maltas Außenminister Tonio Borg bewertet den Pakt als ein wichtiges Papier. „Wir werden äußerst wachsam sein, dass diesem Pakt jetzt Taten folgen - und hoffentlich sehen wir dann nächstes Jahr einige Resultate.“ Das heiße nicht, dass das Immigrationsproblem gelöst werde. Man solle nicht annehmen, dass dieser Pakt ein Allheilmittel sei.

Auf 15 Seiten behandelt der „Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl“ insgesamt fünf Handlungsfelder: Legale Einwanderung, illegale Einwanderung, Grenzkontrollen, Asylpolitik sowie die Beziehung der EU zu Drittländern. Konkret bedeutet dies für die einen bessere Chancen auf Arbeit in Europa, für andere mehr Angst von Abschiebung.

Kontrolle und Kooperation

Illegale Einwanderer auf Lampedusa
Illegale Einwanderer auf LampedusaBild: picture-alliance/dpa

Bei der Rücksendung illegaler Einwanderung will die EU künftig enger mit den Herkunftsländern zusammenarbeiten und gleichzeitig die Kontrollen an den EU-Außengrenzen intensivieren. Streit hatte es im Vorfeld um die massenhafte Verteilung von Aufenthaltspapieren an illegale Einwanderer geben.

Frankreich wollte diese Praxis im Text deutlich verurteilen, doch auf Wunsch der spanischen Regierung ist der Pakt diesbezüglich nun entschärft. Notwendig ist er unter anderem, weil rein nationale Einwanderungsregeln in der EU nicht mehr sinnvoll sind. Insbesondere in den Staaten des Schengenraums herrscht Freizügigkeit ohne Passkontrollen.

Keine EU-einheitlichen Kriterien

In der EU werden knapp zwei Drittel der Asylanträge weltweit gestellt. Im letzten Jahr waren es über rund 22.000. Die Kriterien für die Annahme bleiben aber innerhalb der EU unterschiedlich. So kann es sein, dass man in einem Staat abgelehnt würde, in einem anderen EU-Land aber bleiben dürfte.

Silvana Koch-Mehrin
Silvana Koch-Mehrin fordert mehr Kooperation.Bild: dpa - Report

Der liberalen Europaparlamentarierin Silvana Koch-Mehrin geht die EU-weite Kooperation nicht weit genug: „Wir erleben, dass jedes Land seine eigene Politik macht, zum Beispiel bei der Legalisierung von Menschen, die bislang nicht mit ausreichenden Papieren in ihrem Land leben.“

Es gebe auch nach wie vor keine gesteuerte, gemeinsame Einwanderungspolitik. Diese sei aber für einen qualifizierten Zuzug nötig. „Alles das hätte zumindest in Ansätzen einmal beantwortet werden müssen, aber das ist leider ausgeblieben“, so die Parlamentarierin.

Keine gesetzliche Bindung

Ein wichtiger Punkt: Der „Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl“ ist rechtlich nicht bindend. Das wäre politisch auch gar nicht durchzusetzen gewesen. Verantwortlich für die Migrationspolitik bleiben auch in Zukunft die einzelnen Nationalstaaten.

Maltas Außenminister Tonio Borg hofft trotzdem auf Unterstützung in der Flüchtlingsproblematik und hofft, dass der Pakt auf freiwilliger Basis funktioniert, weil er dann besser akzeptiert würde. Gleichzeitig werde die EU-Kommission die Umsetzung überwachen.

„Während es früher so war, dass das kleine Malta an die Tür der verschiedenen Staaten klopfte - und das auch weiterhin tun wird - werden wir dabei nun auch die Hilfe der Kommission haben“, so Borg. Wieviel Wirkung der Migrationspakt in den nächsten Jahren zeigen wird, ist noch nicht abzusehen. Ab Mitte 2010 wird es darüber jährlich eine Aussprache innerhalb der EU geben.