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Milbenrätsel im Urlaub?

Andreas van Hooven30. Juni 2002

Allergien sind auf dem Vormarsch. Die "Modernen Zivilisationskrankheiten" bieten einen großen Absatzmarkt für die Pharmaindustrie. Auch die Tourismusbranche hat die Leiden allergischer Kunden entdeckt.

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Kleine Monster:<br>Ihr Kot löst Allergien aus

Wenn im Frühling die Lebensgeister erwachen, stehen Allergikern Tränen in den Augen und Asthmatikern geht die Puste aus. Manchem juckt sogar ganzjährig das "Fell". Jeder zweite bis dritte Einwohner Deutschlands hat schon einmal unter Allergien gelitten, besagt eine Studie des Robert-Koch Instituts (RKI).

Die Tendenz zeigt, dass Allergien in westlichen Industriestaaten zur "Volkskrankheit" geworden sind und ihre Verbreitung zunimmt. Auslöser der Krankheiten sind Stoffe aus der Umwelt: Hausstaubmilben und Schimmelpilze, Pollen in der Luft, Tierhaare, aber auch Substanzen in Nahrung und Chemikalien. Allergiker wünschen sich oft an Orte, wo all das nicht existiert.

Nicht alles liegt in der Luft

Luftkurorte und Küstenregionen werben traditionell mit ihrer Natur und der heilsamen Wirkung für Atemwegserkrankte. Wem bisher der Atem stockte, wusste sich an der See gut aufgehoben. Wer unter einer Hausstauballergie leidet, muss Kontakt mit Milben vermeiden. Über deren tatsächliche Anzahl im Hotel gibt eine Rezeption kaum Auskunft – dem allergischen Tourist blieb das Rätsel, ob er buchen soll oder nicht. Dagegen wird in Österreich nun angezählt. Die Kooperation allergiealpin.info vergibt Gütesiegel in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Asthma- und Allergikerbund (DAAB), die über die Hygiene in Urlaubsunterkünften informieren.

Milbe für Milbe gezählt

"Im Höchstfall wurden zwei Milben pro 100mg Hausstaub gefunden", sagte der Geschäftsführer von allergiealpin.info Josef Kirchmair gegenüber DW-World. In "normalen" Haushalten finde man zum Vergleich etwa 50 Milben in der gleichen Menge Hausstaub. Von allergiealpin.info empfohlene Hotels müssen sich von der Universität Innsbruck testen lassen, auch auf Schimmelpilzbefall in ihren Räumen. Die Kriterien der allergiealpin.info reichen aber weiter.

Und auch Katzen- und Hundehaare werden genauestens beäugt, die manchen Allergiker "erröten" lassen. Unter die Lupe genommen werden zusätzlich die Küche und Speisekarte der Häuser. "Um für die Betroffenen entsprechend zu kochen, wurden alle Unternehmer entsprechend geschult", so Kirchmair. Demnächst sollen dann Kochkurse für die Gäste im der Hotels stehen.

Die Antwort kennt allein der Wind

"Klassische" Atemwegserkrankungen wie die Asthma bronchiale und der Heuschnupfen sollen kein Grund sein, dass Kunden die österreichischen Urlaubsziele verschmähen. Dazu werden Pollenfallen aufgestellt, die den aktuellen Gehalt an Blütenstaub und Gräserpollen in der Luft bestimmen. Vor Fahrtantritt erkennen reiselustige Allergiker im Internet bei allergiealpin.info, wo die beste Luft zirkuliert. Ausschließlich werden Unterkünfte mit Höhenlage angeboten. "Aufatmen ab 1500 Metern", heißt es.

Wer als Asthmatiker andere geographische Lagen bevorzugt, fand bislang Informationen durch Asthma-Reiseführer über klimatische Bedingungen im Ausland. Allergiker waren hier auf Eigenrecherche angewiesen. Betroffene, die das Vorkommen von Reizstoffen in Hotels kennen müssen, werden im Internet nun unter allegro-portal.de fündig. "Allergenfreie" Hotels und Pensionen von den „Pyrenäen bis nach Tirol, von Ungarn bis auf die Kanarischen Inseln" sind in dem Programm aufgeführt.

Von Weichmachern und Aromaten

Allegro-Portal geht weiter, als lediglich den Pollenflug zu messen und Milben zu zählen. In Mauerwerk, Tapeten und Mobiliar der Unterkünfte wird nach Chemikalien geforscht, die im Verdacht stehen, gesundheitsschädlich oder allergieauslösend zu wirken. Der baldige Tourist erfährt von Weichmachern (Phthalate), die dem Duschvorhang Elastizität verleihen, bis hin zu sogenannten "Aromatischen Verbindungen", und deren Vorkommen im Lack auf den Heizkörpern des Hotelzimmers. Die Tourismusbranche im deutschsprachigen Raum kommt den Leiden ihrer Kunden auf die Spur: Das Milbenrätsel scheint gelöst.