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Libor-Affäre

Monika Lohmüller (rtrd, dapd, dpa)16. Juli 2012

Die Diskussionen darüber, wer den wichtigen Zinssatz Libor jahrelang manipulierte, gehen weiter. Den Banken drohen Strafen in Milliardenhöhe. Eine Kronzeugen-Regelung stützt die Deutsche Bank.

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Euro-Geldscheine
Euroscheine SeriennummernBild: picture-alliance/dpa

Zuerst war es die britische Barclays Bank, die wegen der Libor-Affäre in Verruf geraten ist. Sie hatte Fehlverhalten einiger Händler eingeräumt. Die Großbank wurde von den Behörden in den USA und Großbritannien zu einer Strafe von einer halben Milliarden Dollar verdonnert. Ihr Chef, der 60jährige Bob Diamond, musste seinen Hut nehmen - aber er wurde seit langem auch wegen einer immensen Bonus- und Gehaltszahlung für das vergangene Jahr in Höhe von 25 Millionen Pfund, das sind rund 31 Millionen Euro, scharf kritisiert.

Der Ruf der Banken ist seit der Finanzkrise schwer beschädigt. Der Skandal um die Zinsmanipulation macht ihn nicht besser, im Gegenteil, er zeigt, wie weit sich die Banken von ihren ursprünglichen Aufgaben entfernt haben. Die Libor-Affäre hat die Ermittler in Europa, Japan und den USA auf den Plan gerufen. Insgesamt werden derzeit etwa 20 Großinstitute durchleuchtet. Ihnen wird vorgeworfen, den Zinssatz mit falschen Angaben zu ihren Gunsten manipuliert zu haben. Der Libor wird einmal täglich in London ermittelt und zeigt an, zu welchen Konditionen sich die Institute untereinander Geld leihen. Er basiert auf individuellen Angaben der Banken und ist bedeutend, weil er als Berechnungsgrundlage für viele Kredite in der Realwirtschaft verwendet wird.

Deutsche Bank geht in die Offensive

Auch die Deutsche Bank wird verdächtigt, zwischen 2005 und 2011 den Zinssatz für den Interbankenhandel durch falsche Angaben beeinflusst zu haben. Deutschlands größtes Geldhaus ist aber bereits in die Offensive gegangen. Die Bank hat schon im vergangenen Jahr bei der EU und in der Schweiz eine Kronzeugenregelung beantragt. Dieser Schritt ist kein Schuldeingeständnis, das Geldhaus will aber offensichtlich auf diese Weise hohen Strafzahlungen vorbeugen.

Andere in den Skandal verstrickte Banken wie etwa die Schweizer UBS haben in verschiedenen Ländern ebenfalls Kronzeugenstatus erhalten. Die "New York Times" berichtete am Wochenende, das US-Justizministerium bereite in der Affäre Strafverfahren gegen mehrere Banken und einige ihrer Angestellten vor. US-Senatoren drängen die Behörden, mit aller Härte gegen die Häuser vorzugehen.

Ein Untersuchungsausschuss des Parlaments in London befasst sich derzeit mit der Aufklärung des Skandals und der Frage, wie viel die Bankenaufsicht von den Zinsmanipulationen wusste.

Libor-Betrug hätte gestoppt werden können

Der heutige US-Finanzminister Timothy Geithner hatte schon Mitte 2008 und damit während der aufziehenden Finanzkrise die Verlässlichkeit des Libor in Frage gestellt. In seiner damaligen Funktion als Vorsitzender des New Yorker Zweigs der US-Notenbank Fed unterbreitete er seinen britischen Kollegen Verbesserungsvorschläge. Die "New York Times" veröffentlichte das Schreiben am Donnerstag letzter Woche komplett, andere Medien zitierten in Auszügen daraus.

Die Manipulation des Interbankenzinssatzes Libor kann für die darin verwickelten Geldhäuser ein teures Nachspiel haben. Die Analysten von Morgan Stanley schätzen den durch die Schiebereien entstandenen Schaden für die Weltwirtschaft auf 14 Milliarden Euro.