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Wahlkrimi in Kiew

2. Oktober 2007

Der ukrainische Wahlkrimi geht weiter: Weder die Russland-freundlichen noch die pro-westlichen Kräfte haben eine klare Mehrheit – entscheiden könnte die Wahl ein kleiner Wackelkandidat.

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Viktor Janukowitsch
Der pro-russische Ministerpräsident Viktor Janukowitsch hofft auf die SozialistenBild: AP

Das Kopf-an-Kopf-Rennen der zwei möglichen Koalitionen bei der ukrainischen Parlamentswahl wird wohl von den kleinen Parteien entschieden. Nach der Auszählung von 94 Prozent der Stimmen liegt das pro-westliche Bündnis der Partei Unsere Ukraine von Präsident Viktor Juschtschenko zusammen mit dem Block seiner früheren Regierungschefin Julia Timoschenko knapp vorn und zwar mit 45,07 Prozent. Das Lager des Widersachers, des pro-russischen Regierungschefs Viktor Janukowitsch, kam bisher auf 43,55 Prozent.

Sozialisten kratzen an der 3-Prozent-Marke

Julia Timoschenko
Timoschenkos Mehrheit ist noch wackeligBild: AP

Dessen Partei der Regionen hatte zwar mit 34,2 Prozent der Stimmen das beste Einzelergebnis. Ihr Schicksal scheint aber von den verbündeten Sozialisten abzuhängen, die zunächst nur 2,94 Prozent auf sich vereinigen konnten. Sollten sie an der Drei-Prozent-Hürde scheitern, wäre die Mehrheit der von Janukowitsch angestrebten Koalition gefährdet. Timoschenkos Oppositions-Block erzielte mit 30,8 Prozent das zweitbeste Einzelergebnis, die Partei des Präsidenten, Unsere Ukraine, kam lediglich auf 14,27 Prozent.

Timoschenko hatte zuvor eine Neuauflage der Regierungskoalition von 2005 mit Juschtschenkos Bündnis Unsere Ukraine angekündigt – damals war diese nach kurzer Zeit gescheitert. Der vor allem im russischsprachigen Teil der Ukraine beliebte amtierende Ministerpräsident Janukowitsch und seine Partei der Regionen hoffen darauf, mit der aktuellen Regierungskoalition weiter zu machen: zusammen mit den Kommunisten (zurzeit 5,37 Prozent), dem Block des früheren Parlamentspräsidenten Wladimir Litwin (3,98 Prozent) sowie den Wackelkandidaten, den Sozialisten.

Viktor Juschtschenko
Noch hat das Lager um den Präsidenten knapp die Nase vornBild: AP

Internationale Wahlbeobachter bescheinigten der früheren Sowjetrepublik eine "offene und demokratische Wahl". Kritisiert wurde allerdings die schlechte Qualität der Wählerlisten, die Lücken und Doppelungen aufgewiesen hatten. Zudem bemängelten die Beobachter versteckte politische Kampagnen des pro-russischen Regierungslagers am Wahltag. "Trotz schwieriger Umstände wurden die Wahlen professionell durchgeführt", sagte die Leiterin der Beobachterdelegation, Tone Tingsgaard, von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die Organisation lobte außerdem die freie Medienberichterstattung in der Ukraine vor der Wahl.

Werben um die Kleinen

Da nach den vorliegenden Ergebnissen auch die prowestlichen Parteien noch keine klare Mehrheit hatten, werben sie nun um dieselben Parteien wie das Bündnis des Russland-nahen Janukowitsch. Als Juniorpartner von Timoschenkos und Juschtschenkos Parteien wurden theoretisch ebenfalls der Litwin-Block sowie die Sozialisten genannt. Eine Kooperation der prowestlichen Kräfte mit den Kommunisten gilt aber als ausgeschlossen. Eine erste Regierungskoalition der prowestlichen Kräfte nach der Orangenen Revolution war 2005 im Streit auseinander gebrochen.

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hatte Anfang April das Parlament aufgelöst, nachdem Abgeordnete seines Bündnisses in das Regierungslager seines Widersachers Janukowitsch übergelaufen waren. Nach einer schweren innenpolitischen Krise hatten sich die Parteien Ende Mai auf die vorgezogene Wahl am 30. September geeinigt. (mg)