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Miss Tschörmänie trickst alle aus

11. August 2009

Wie eine Pfarrerstochter aus Ostdeutschland zur ersten Frau im Kanzleramt wurde: Ein Comic wirft einen Blick auf die Biographie von Angela Merkel und das politische Personal in Berlin. Pflichtlektüre für den Wahlkampf!

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Titelblatt des Merkel-Comics "Miss Tschörmänie - Wie aus Angie unsere Kanzlerin wurde" von Miriam Hollstein und Heiko Sakurei. Buch verwendet werden
Bild: Eichborn

27. September 2009, der Tag der Bundestagswahl: In einer Bar in Berlin-Mitte sitzen Gerhard Schröder und Edmund Stoiber zusammen. Bis zur ersten Prognose bleibt noch etwas Zeit, die beiden vertreiben sie sich mit kühlen Getränken und heißen Diskussionen darüber, wie "es" überhaupt "so weit" kommen konnte. Der Altkanzler und der Ex-Kanzlerkandidat verstehen die Welt nicht mehr. Der Aufstieg von Angela Merkel zur Regierungschefin ist den beiden Herren nach vier Jahren schwarz-roter Koalition immer noch ein Rätsel. Zeit also für einen Rückblick.

Heitere Ironie

So beginnt die Geschichte, die Miriam Hollstein und Heiko Sakurai aufgeschrieben und gezeichnet haben. Es ist die erstaunliche Biographie einer völlig unbekannten ostdeutschen Physikerin, die es innerhalb von kürzester Zeit ins höchste deutsche Regierungsamt geschafft hat. Das Besondere dabei: Herausgekommen ist weder ein dickleibiger, politisch korrekter Wälzer, noch ein ätzendes Pamphlet, sondern ein heiter-ironischer Comic, der auch in angespannten Wahlkampfzeiten für Unterhaltung sorgen dürfte.

Seite 51 aus Miss Tschörmänie.
Bild: Eichborn

Merkel, die Sphinx

Ein Jahr lang hat das Autorenteam recherchiert. Für Heiko Sakurai ist die Kanzlerin, die er persönlich noch nie getroffen hat, inzwischen so etwas wie eine alte Bekannte. "In meinem Job als Karikaturist habe ich sowieso jeden Tag mit ihr zu tun, wenn man so will. Sie war also schon in meinem Repertoire." Merkels ungewöhnliche Biographie, ihre politische Klugheit und ihr Durchsetzungswillen haben Sakurai fasziniert, dennoch ist ihm seine Hauptfigur irgendwie ein Rätsel geblieben. "Einen endgültigen Reim haben wir uns nicht auf sie machen können". Ihre Miene wirke oft so undurchdringlich. "Man sieht, dass sie sich ungern in die Karten gucken lässt". Deshalb hat Sakurai die Comicfigur etwas sphinxhaft gezeichnet, abgründig und hintersinnig. Man traut ihr zu, dass sie Konkurrenten und politische Gegner mit Geschick ausmanövriert.

Tricksen und täuschen

Umgeben ist "Miss Tschörmänie" vom politischen Personal der letzten zwanzig Jahre – manche davon schon in der Versenkung verschwunden, andere immer noch aktiv. Für die meisten war die Unbekannte aus dem Osten eine Herausforderung, eine Provokation. Der Comic gibt Auskunft und zeigt, wie getrickst und taktiert, intrigiert und regiert wurde, "Kohls Mädchen" aber alle um Längen schlug.

So sieht sich der Zeichner selbst -- Karikaturist Heiko Sakurai im Selbstporträt
In der Tinte: Karikaturist SakuraiBild: Heiko Sakurai

In Merkels Koffer

Das übrige politische Spitzenpersonal in Berlin dagegen vermag die Phantasie des Zeichners nicht zu entfachen. Eine Fortsetzung? Ihm falle dazu rein gar nichts ein, sagt Sakurai. Vorerst haben er und Autorin Miriam Hollstein auch andere Sorgen. Sie hoffen, dass Angela Merkel den Comic lesen wird. Vielleicht in den Ferien? Auch eine Kanzlerin braucht ja schließlich Urlaubslektüre!

Ende offen

Wahlabend, 18 Uhr, Prognosezeit. Gerhard Schröder und Edmund Stoiber haben reichlich Bier getrunken und finden den Anschaltknopf nicht gleich. Stärkste Partei wird ... tönt es schließlich aus dem Fernseher – da erscheint Merkel in einer Wolke: "Ihr Jungs seid nur Vergangenheit, ich aber bin Geschichte". So offen endet der erste Comic über die Kanzlerin."Wir sind schließlich Chronisten und keine Propheten", sagt Heiko Sakurai.

Autorin: Cornelia Rabitz

Redaktion: Sabine Oelze