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Mission Impossible

Bettina Marx 14. Februar 2002

Europa bemüht sich seit Jahren um einen Frieden im Nahen Osten. Doch was kann der deutsche Außenminister Fischer bei seinen Vermittlungsbemühungen erreichen, wenn die Falken auf beiden Seiten die Politik bestimmen?

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EU-mitfinanzierter Internationaler Flughafen Gaza nach israelischem Angriff zerstörtBild: AP

Bundesaußenminister Joschka Fischer ist am 13.2.2002 zu einer viertägigen Reise in den Nahen Osten aufgebrochen. In Gesprächen in Kairo, Jerusalem und Ramallah wird er versuchen, zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln und die Sprachlosigkeit zwischen beiden Seiten zu durchbrechen. Ob er dabei jedoch mehr Erfolg haben wird, als im vergangenen Jahr ist mehr als zweifelhaft.

Reisen mit kurzlebigen Erfolgen

Drei Mal war Fischer im vergangenen Jahr in Israel und in den palästinensischen Gebieten. Drei Mal pendelte er zwischen Ramallah und Jerusalem hin und her und bemühte sich, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern und einen Waffenstillstand zwischen beiden Seiten auszuhandeln. Sein Verhandlungserfolg nach dem Anschlag auf die Tel Aviver Diskothek Dolfinarium im Sommer 2001 führte immerhin noch zu einer mehrwöchigen Waffenruhe zwischen beiden Seiten. Sie wurde im Laufe des Jahres jedoch immer kurzlebiger. Sein letzter Besuch in der Region im vergangenen Herbst endete ohne Aussichten auf eine Beruhigung der Lage.

Joschka Fischer und Ariel Sharon
Joschka Fischers Besuch im Oktober 2001 bei Israels Premierminister Ariel Scharon, recht, war wenig erfolgreichBild: AP

Die Falken haben das sagen

Fast resigniert beschloss Fischer damals seine Gespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Beide Seiten ließen keine Bereitschaft erkennen, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen und die Friedensgespräche wieder aufzunehmen. Der Mitchell-Plan, der nach einem Waffenstillstand vertrauensbildende Maßnahmen und schließlich eine Rückkehr an den Verhandlungstisch vorsieht, ist vom israelischen Kabinett noch nicht einmal angenommen worden.

Doch inzwischen hat sich die Lage im Nahen Osten weiter verschärft. Der palästinensische Terror, der zwischenzeitlich abgenommen hatte, ist nach weiteren Liquidierungen prominenter palästinensischer Führer wieder neu aufgeflammt. Die gezielte Tötung von Fatah-Führer Raed Karmi Mitte Januar hat eine beispiellose Welle von Anschlägen ausgelöst, die auf israelischer Seite mit immer neuen militärischen Schlägen gegen die palästinensische Autonomiebehörde beantwortet wurde.

Lesen Sie auf Seite 2, warum deutsche Kritik an der israelischen Politik kein Tabu mehr ist.

Europas Position ändert sich

Auch in Europa hat sich die Welt inzwischen verändert. Die Sympathie für Israel weicht immer mehr einer distanzierten Haltung. Die harte Linie von Ministerpräsident Ariel Scharon stößt in der Europäischen Union zunehmend auf Kritik. Die Zerstörung von Einrichtungen, die mit europäischen Entwicklungshilfegeldern gebaut wurden, löste in Brüssel und in den europäischen Hauptstädten Empörung aus. Auch in Deutschland macht sich in letzter Zeit immer mehr Verärgerung über Israel bemerkbar. Obwohl hier die Unterstützung für Israel aus historischen Gründen traditionell besonders ausgeprägt ist. Diese Veränderung wird nicht nur in den Medien deutlich, in einer zunehmend kritischen Berichterstattung und Kommentierung der Geschehnisse im Nahen Osten.

Auch im politischen Berlin wächst der Unmut über die israelische Politik gegenüber den Palästinensern. Politiker aller Fraktionen äußerten sich in der vergangenen Woche kritisch bis verständnislos über die unnachgiebige Haltung der israelischen Regierung. Vor allem die Interviewäußerung Scharons, er bedaure es, dass Israel Arafat während der Belagerung Beiruts im Jahr 1982 nicht getötet habe, stießen in Berlin auf Unwillen.

Israels Premierminister Ariel Sharon und Palästinenserführer Yasser Arafat
Israels Premierminister Ariel Scharon, links, und Palästinenserführer Jassir ArafatBild: AP

Kritik an israelischer Politik kein Tabu mehr

Der SPD-Abgeordnete Christoph Moosbauer forderte, Deutschland dürfe Israel nicht blind unterstützen. Eine kritische Haltung gegenüber der israelischen Politik dürfe kein Tabu sein. Und der außenpolitische Sprecher der CDU-CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers, verurteilte im deutschen Bundestag kürzlich die israelische Liquidierungspolitik. Gerade die enge und seit Jahren gewachsene Freundschaft zwischen Deutschland und Israel verlange, dass man der Regierung in Jerusalem gegenüber deutliche Worte finde.

Gleichzeitig betonten die beiden Politiker jedoch, dass Deutschland aufgrund seiner historischen Schuld gegenüber dem jüdischen Volk weiterhin fest an Israels Seite stehe und sich für die Zukunft und Sicherheit des jüdischen Staates verantwortlich fühlen müsse.

Naher Osten wichtig für Europa

Diese Überzeugung von der deutschen Verantwortung für den jüdischen Staat ist es auch, die Bundesaußenminister Fischer bei seinen Vermittlungsversuchen bewegt. Wenn er das Vertrauen beider Seiten genieße, dann wolle er dieses Kapital zum Wohle der Konfliktparteien einsetzen, sagte er anlässlich seiner letzten diplomatischen Mission im Nahen Osten. Deutschland sei verpflichtet, sich für Frieden im Nahen Osten und für die Sicherheit Israels einzusetzen. Das gebiete nicht nur die deutsche Geschichte, das ergebe sich auch aus der direkten Nachbarschaft der Europäischen Union mit dem Nahen Osten. Denn Krieg und Frieden im Nahen Osten haben unmittelbare Auswirkungen auf Stabilität und Entwicklung in Europa - so die Überzeugung des deutschen Außenministers.