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Misstrauen gegen Iran-Abkommen

Yalda Zarbakhch19. Februar 2014

Verbündete der USA im Nahen Osten, allen voran Israel und Saudi Arabien, sehen die Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm mit Skepsis. Sie fürchten eine Neuausrichtung der amerikanischen Politik.

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Atomverhandlung der 5+1Gruppe mit Iran in Wien (18. bis 20.2.2014) (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

In Wien sind die Verhandlungen über ein abschließendes Abkommen zum iranischen Atomprogramm in die nächste Runde gegangen (siehe Bild oben). Sie bauen auf einem im vergangenen November in Genf unterzeichneten Interimsabkommen zwischen Iran und den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat plus Deutschland auf. Dieses sieht vor, dass der Iran seine Urananreicherung einfriert, die Bestände höher angereicherten Urans reduziert und verschärfte Kontrollen zulässt. Im Gegenzug würden die Sanktionen entschärft, die der Wirtschaft des Landes schwer zu schaffen machen.

Gemäßigte Töne zwischen USA und Iran

Auch wenn konservative Kräfte im US-Kongress und in Israel alles daran setzen, das geplante Nuklearabkommen zu blockieren und Hardliner im Iran Druck machen gegen Zugeständnisse, ist Abbas Milani, Leiter der Iran-Studien an der amerikanischen Stanford Universität zuversichtlich. "Ich glaube, dass ein langfristiges Abkommen zustande kommen kann, allein schon aufgrund der ausweglosen wirtschaftlichen Lage, in der sich der Iran [durch die Sanktionen] momentan befindet."

Präsident Obama hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern eine neue, mäßigende Richtung im jahrelangen Atomkonflikt mit dem Iran eingeschlagen: Gegenüber dem Kongress hat er unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er Forderungen nach einer Androhung schärferer Sanktionen nicht nachgeben werde. Er ist überzeugt, dass nur ein Verzicht auf Druck diplomatische Lösungen erlaubt.

Barack Obama telefoniert mit Hassan Rohani (Foto: Reuters)
Historisches Telefonat nach 35 Jahren Eiszeit: US-Präsident Obama spricht mit Irans Regierungschef RohaniBild: Reuters

Der Leiter der iranischen Atomenergieorganisation Ali Akbar Salehi kündigte jüngst an, Iran wolle technische Veränderungen am umstrittenen Schwerwasserreaktor in Arak vornehmen. Zuvor hatte der Iran hat die umstrittene Urananreicherung auf 20 Prozent ausgesetzt. Außerdem haben sich die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und der Iran nach Angaben der Regierung in Teheran auf weitere Kontrollmaßnahmen des iranischen Atomprogramms geeinigt.

Sorge in Israel: Bedrohung durch Iran

Die jüngsten Nukleargespräche und das geplante langfristige Atomabkommen haben zu Spannungen zwischen den USA und seinen Verbündeten Israel und Saudi Arabien geführt.

Israel gehen die Zugeständnisse Irans nicht weit genug. Es sieht sich durch das iranische Atomprogramm in seiner Existenz gefährdet und fordert einen kompletten Abbau aller iranischen Urananreicherungsprogramme. "Man muss ehrlich sagen, dass der Iran bislang als Einziger von den Nukleargesprächen profitiert hat, ohne selbst etwas Bedeutendes zu geben", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kurz vor Beginn der jüngsten Gesprächsrunde nach Angaben seines Büros. Er hält das Nuklearabkommen für einen "historischen Fehler". Mike Doran, ehemaliger Leiter des Nationalen Sicherheitsrats der USA, erklärt die Befürchtungen Nethanjahus: "Jede Anreicherung, sei sie auch noch so gering, kann aus israelischer Perspektive potentiell zu militärische Zwecken eingesetzt werden." Nethanjahu hat US-Präsident Obama immer wieder aufgefordert, die harte Linie im Atomstreit mit dem Iran fortzusetzen.

Benjamin Netanjahu gestikuliert auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos (Foto:
Israels Premier Nethanjahu hält ein Abkommen mit Iran für einen "historischen Fehler"Bild: WEF

"Viele meiner Kollegen sind der festen Überzeugung, Netanjahu werde nicht dulden, dass sich der Iran in seiner Amtszeit zur Nuklearmacht entwickelt. Er würde daher auch ohne Obamas Unterstützung einen militärischen Angriff planen, wenn es darauf ankäme," so Mike Doran im Gespräch mit der Deutschen Welle. Und er fügt hinzu "Es wird immer deutlicher, dass die USA und Israel nicht die selben Ziele verfolgen, auch wenn sie das in der Vergangenheit oft behauptet haben, um über ihre Differenzen hinweg zu täuschen."

Inzwischen mehren sich die unabhängigen jüdischen Stimmen und Organisationen in den USA, die nicht mehr der Ansicht sind, alle Lobbygruppen im Ausland müssten das vertreten, was die israelische Regierung fordert. Pro-israelische Lobbygruppen in den USA richten sich erstmals gegen die harte anti-iranische Politik in Israel und fordern Benjamin Nethanjahu auf, stärker auf diplomatische Lösungen zu setzen statt auf statt Kriegsrhetorik.

Sorge in Saudi Arabien: Rückzug der USA

Saudi Arabien befürchte einen Rückzug der Amerikaner aus der Region und eine Neuordnung im Nahen und Mittleren Osten, sagt Mike Doran, früherer stellvertretender US-Verteidigungsminister im Gespräch mit der DW. "Die Regierung Saudi Arabiens glaubt, die USA verfolge nicht mehr das Ziel, den Iran in der Region einzudämmen. Und damit liegt sie ganz richtig." In den vergangenen 35 Jahren habe die USA bei allen diplomatischen Initiativen im Nahen und Mittleren Osten eine führende Rolle gespielt. "Aber Präsident Obama hat signalisiert, dass wir das in der Form in Zukunft von den USA nicht mehr erwarten können."

Barack Obama mit dem saudischen König Abdullah in Washington (Foto: EPA)
Saudi Arabien befürchtet einen Rückzug der USA aus NahostBild: picture-alliance/dpa

Hinzu komme der Argwohn, so Doran, "die USA könne Iran als zukünftigen Bündnispartner gegen Saudi Arabiens Interessen bevorzugen." Diese Sorge hält Iran-Experte und Historiker Abbas Milani für unbegründet. Er verweist auf die Geschichte: "In den 60er und 70er Jahren war der Shah einer der engsten Verbündeten der USA. Selbst in dieser Zeit hat die USA niemals nur den Shah zum Nachteil der Saudis unterstützt. Washington hat sich immer bemüht, eine 'Zwei- Säulen-Politik' aufrecht zu halten."

Verlagerung der US-Außenpolitik

Doch es sei nun einmal ein Fakt, dass sich der Schwerpunkt der US-Außenpolitik nach Asien verlagert hat, sagt Abbas Milani. "Die neuen Herausforderungen für die USA liegen in China und Indien, ebenso die Konflikte im Kaukasus. Fakt ist auch, dass der amerikanische Bedarf an Gas und Öl aus dem persischen Golf abnimmt. Schätzungen zufolge wird die USA bis zum Jahr 2017 komplett Energie-autark sein."

"Nichtsdestotrotz kann sich die amerikanische Regierung nicht leisten, den Nahen und Mittleren Osten anderen zu überlassen", fährt der Experte fort. Die Bedeutung des Öls für den Rest der internationalen Gemeinschaft und die US-Verbündeten - von Japan bis Europa - werde dafür Sorge tragen, dass die USA ihr Interesse an der Region auch in Zukunft behalten. "Und sei es nur, um den Einfluss Chinas oder Russlands im Nahen Osten einzudämmen oder sie aus der Region fernzuhalten."