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Agrochemie gegen Hunger

17. November 2009

Bis 2050 wird es neun Milliarden Menschen geben. Dann stünde nur noch ein Drittel soviel Ackerfläche wie heute pro Kopf zur Verfügung. Bereits jetzt hungern aber eine Milliarde Menschen. Agrochemie soll die Lösung sein.

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Kleinbauer bewirtet ein Reisfeld in Bangladesh (Foto: AP)
Äcker müssen effizienter genutzt werden, um weltweite Ernährung zu sichernBild: dpa

So hoch wie dieses Jahr war die weltweite Zahl der Hungernden schon lange nicht mehr. Über eine Milliarde Menschen sind unterernährt. Ein Grund: Während die Weltbevölkerung rasant wächst, lässt sich die vorhandene Ackerfläche nicht mehr weiter ausdehnen. Dazu kommt: Besonders in Asien steigt die Nachfrage nach Fleisch immer weiter an, was bedeutet, dass auch immer mehr Futtermittel nachgefragt werden. Auch der weltweit hohe Bedarf an Bio-Kraftstoffen bedeutet eine große Herausforderung für die Landwirtschaft.

Friedrich Berschauer, Vorstandsvorsitzender Bayer CropScience (Foto: Bayer CropScience AG)
Friedrich Berschauer, Vorstandsvorsitzender bei Bayer CropScienceBild: Bayer CropScience AG

In Zukunft wird es deshalb sehr darauf ankommen, die Produktivität im Ackerbau zu stärken. Die Firma Bayer CropScience - zu deutsch: Pflanzenbauwissenschaft - aus Monheim am Rhein will dazu beitragen. Sie entwickelt Konzepte, mittels derer Unkraut und Schädlinge bekämpft werden. Seit 2002 ist die Firma ein eigenständiger Teilkonzern der Bayer AG. Friedrich Berschauer, Vorstandsvorsitzender von Bayer CropScience, erklärt: "Wenn es keinen Pflanzenschutz geben würde, dann wären die Erträge um cirka 40 Prozent unter dem heutigen Niveau und dann hätten wir ein massives Problem, was die Sicherung der Welternährung anbelangen würde."

Mehr Investitionen für Forschung und Entwicklung

Die Produkte von Bayer CropScience steigern die Produktivität auf deutschen Äckern - steigern müssen sich aber vor allem auch die landwirtschaftlichen Erträge in Entwicklungsländern. Bayer CropScience setzt darauf, seine Produkte in Deutschland zu erforschen, um sie dann in den Süden zu verkaufen.

Die Bayer-Tochter investiert 640 Millionen Euro jährlich in Forschung und Entwicklung. "Wir arbeiten an zahlreichen Projekten im Bereich des Pflanzenschutzes, an neuen Insektiziden, Fungiziden, Herbiziden. Das geht zurzeit in den Bereich von mindestens 40 oder 50 Projekten", zählt Berschauer auf. Er selbst war jahrelang im wissenschaftlichen Bereich tätig. Um weiter forschen zu können, fordert er, dass landwirtschaftliche Hochschulen in Deutschland wieder mehr gefördert werden müssen: "Wenn man sich die landwirtschaftlichen Hochschulen hierzulande anschaut ist es deprimierend zu sehen, was da die letzten 30 Jahre passiert ist. Nämlich fast nichts."

Grüne Gentechnik als Heilsbringer für den Süden?

Deutschlandzentrale der Welthungerhilfe in Bonn (Foto: AP)
Die Welthungerhilfe unterstützt Kleinbauern aus Entwicklungsländern.Bild: AP

Den Wissenschaftsstandort Deutschland stärken, um so den Afrikanern zu helfen? Rafael Schneider, Entwicklungsexperte der Welthungerhilfe, findet das nicht logisch. Die Agrochemie, die Berschauer als "Pflanzenschutz" bezeichnet, nennt er schlicht "grüne Gentechnik". Globale Lösungen für lokale Probleme – der Ansatz von Bayer funktioniert nicht, findet Schneider. "Aus dem Norden importiertes Saatgut ist nicht unbedingt angepasst für die Rahmenbedingungen im Süden, weder klimatisch noch für die Essgewohnheiten. Wichtig ist es deshalb nicht, die Agrarforschung in Europa weiter voranzutreiben, sondern stattdessen stärker in den Entwicklungsländern zu investieren", so Schneider. Seine Lösung: Die Produktivität der Äcker in den Entwicklungsländern steigern, indem man mit den Kleinbauern vor Ort Pflanzen züchtet, die den sozialen und ökologischen Rahmenbedingungen vor Ort entsprechen.

Die Welthungerhilfe arbeitet mit Kleinbauern, die wenig Eigenkapital haben. Sie ist in Entwicklungsländern vor Ort und unterstützt dort die Landwirtschaft. Schneider fordert: "Die Menschen müssen Zugang zu Saatgut, Pflanzen und Anbaumethoden haben, mit denen sie umgehen können und da ist grüne Gentechnik oftmals nicht der richtige Weg. Zumal es auch keine Not gibt, auf diese Technik zurückzugreifen, solange die traditionellen Anbaupotenziale noch lange nicht ausgeschöpft sind". Gute Bewässerung, gutes Düngen, mit Kompost arbeiten - allein durch solche Boden verbessernde Maßnahmen könne man Ertragssteigerungen von 50 - 80 Prozent erreichen, so Schneider.

Autor: Friedel Taube

Redaktion: Insa Wrede