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Mit dem Handy auf Plagiate-Jagd

3. März 2010

Gefälschte Produkte sind ärgerlich für die Hersteller – für die Verbraucher können sie tödlich sein. Auf der CeBIT führt die Firma Original1 vor, wie man mit Mobiltelefonen Fälschungen auf die Spur kommen kann.

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Handy (Foto: DW)
Gefahr durch gefälschte Handy-AkkusBild: DW
Gucci-Imitate in China (Foto: dpa)
China ist berühmt und berüchtigt für Billig-ImitateBild: picture-alliance/ dpa

30 Milliarden jedes Jahr – so hoch wird der volkswirtschaftliche Schaden durch Produkt- und Markenpiraterie allein in Deutschland geschätzt. Fälschungen sind ein riesiges Problem für viele Unternehmen. Dabei geht es nicht mehr nur darum, dass Hersteller von Markenprodukten durch Plagiate Geld verlieren, sondern auch darum, das billige Kopien zum Teil lebensgefährlich sein können.

Im Sommer 2007 starb in China ein Elektro-Schweißer, nachdem in seiner Jackentasche der Akku seines Handys explodierte. Wie sich später rausstellte, war die Batterie kein Original des Herstellers, sondern eine minderwertige Kopie. Schon in den Jahren vorher sind mehr als Hundert Handy-Akkus in den USA und Europa in Flammen aufgegangen. Pech für den Akku-Hersteller Nokia, denn auch wenn es keine Originalbatterien waren – der Imageschaden war groß.

Ständige Kontrollen ermöglichen

Vernichtung von Raubkopien DVD und CD (Foto: dpa)
Illegale DVDs und CDs werden in großen Stückzahlen zertörtBild: AP

Wie aber können sich Hersteller und Verbraucher vor solchen gefährlichen Billig-Imitaten schützen? Eine Lösung will das Unternehmen Original1 bieten, nämlich ein System, mit dem man entlang der gesamten Warenkette, immer wieder, an jedem Punkt, mit sehr einfachen Mitteln und möglichst in Echtzeit überprüfen kann, ob es sich um ein echtes oder ein gefälschtes Produkt handelt. Das erklärt Claudia Alsdorf, die Geschäftsführerin von Original1.

Original1 ist aus einem Zusammenschluss von dem deutschen Softwarehersteller SAP, dem finnischen Mobilfunk-Hersteller Nokia und dem Sicherheitsexperten und Banknoten-Drucker Giesecke und Devrient hervorgegangen. Diese drei haben ihre Technologien gebündelt und so dieses System entwickelt mit dem gefälschte Waren entdeckt werden können.

Handy als Detektiv

Zunächst einmal bekommt dafür das Originalprodukt einen – nach Herstellerangaben – nicht fälschbaren zweidimensionalen Barcode oder einen RFID-Chip, also einen Chip, der Informationen über das Produkt gespeichert hat. Diese Barcodes oder Chips können per Handy jederzeit von Lieferanten, Großhändlern, Zwischenhändlern aber auch von Zollbeamten oder Endkonsumenten gelesen werden. Über mobile Netze greift das Handy dann auf eine Datenbank bei Original1 zurück und erfährt, ob es sich um ein Original handelt oder nicht.

Die Möglichkeit solche Informationen zu lesen haben im Prinzip alle Handys von heute, erklärt Alsdorf: "Genau das machen wir uns zunutze und haben das Verbunden mit SAP Backend-Technologie, die es uns ermöglicht, nicht nur das Sicherheitsmerkmal an einem Produkt zu lesen, sondern darüber hinaus noch zusätzliche Informationen zu bekommen." Beispiel Zoll: Per Handy kann ein Zollbeamter, wenn vor ihm eine Palette mit Batterien, mit Babynahrung oder anderen Markenprodukten steht, unter anderem erfahren, wann die Palette verschifft wurde und auch, wer zuletzt den Barcode oder Chip gelesen hat. Stellt sich dann beispielsweise heraus, das die Palette erst am Vortag in China auf ein Containerschiff verladen wurde, heute aber in Deutschland ist, dann weiß er: Etwas kann nicht stimmen.

Interesse aus allen Branchen

Dieses Kontrollsystem macht es möglich, das die gefälschte Ware gar nicht erst beim Konsumenten landet und dort im Zweifel in Taschen explodiert, sondern schon vorher aus dem Verkehr gezogen wird. Zum Beweis nimmt Claudia Alsdorf eine verpackte Nokia Batterie – einmal echt und einmal gefälscht, hält ihr Handy daran und nach einigen wenigen Sekunden hat das Telefon die Kopie entlarvt. Das Schöne daran: Als Verbraucher lädt man sich einfach die entsprechende Applikation auf sein Handy und dann läuft alles automatisch - keine extra Eingaben – keine Gebrauchsanleitungen. Nokia ermöglicht Endverbrauchern in China bereits seit Ende letzten Jahres sich auf diese Weise vor gefälschten Batterien zu schützen.

Eine Tamiflu-Tablette (Foto: dpa)
Tamiflu-Tablette: Auch die Pharma-Industrie leidet unter Produkt-PiratenBild: picture alliance / dpa

Interesse an dem System haben aber auch andere Branchen, erzählt Alsdorf. So braucht beispielsweise die Pharmaindustrie dringend eine Waffe gegen Plagiate. Denn rund jedes zehnte Medikament ist gefälscht – das schätzt die Weltgesundheitsorganisation – im Besten Fall sind solche Pillen nur wirkungslos... In der zweiten Jahreshälfte will ein Pharmakonzern, mit dem Original1 zurzeit ein Pilotprojekt durchführt, seinen Kunden ebenfalls die Kontrolle per Handy ermöglichen.

Autor: Insa Wrede

Redaktion: Klaus Ulrich