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Mit dem Kaiser speisen

22. Februar 2002

Berlin hebt dieser Tage einen Schatz aus alten Zeiten: Mitten am Potsdamer Platz wird der Kaisersaal eröffnet. Das einstige Prachtstück hatte in der Ruine des ehemaligen Hotels Esplanade die Zeiten der Teilung überlebt.

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Der prächtige Kaisersaal wurde in das hypermoderne Sony Center integriertBild: Herschelmann

Jetzt wird der Kaisersaal im Neorokoko als edles Lokal und neue Top-Location der Hauptstadt-Gesellschaft wiedereröffnet. In diesem feudalen Ambiente speiste einst Deutschlands letzter Kaiser. Nach einem Gala-Empfang am Samstag wird am Sonntag (24. Februar 2002) die Tür für alle geöffnet. Auserwählte Gäste wie die französische Filmdiva Catherine Deneuve nahmen schon vorab bei der Berlinale in den edlen Räumen Platz.

Das ehemalige Herzstück des Berliner Lebens

Es ist, als träfen sich das ganz alte und das ganz neue Berlin: Im 0,77 Milliarden Euro (1,5 Milliarden Mark) teuren, riesigen Sony-Center aus Glas und Stahl fließt helles Licht in rosa, weiß und blau über die Segel des modernen Zeltdaches. Mittendrin liegt hinter Glas der für 50 Millionen Mark restaurierte Rest des legendären "Grand Hotel Esplanade". Im 19. Jahrhundert war es ein Herzstück des gesellschaftlichen Berliner Lebens.

Wilhelm II., Deutschlands letzter Kaiser, war oft zu Gast. Er soll hier auch Herrenabende gefeiert haben. Es ist eine Vorstellung wie aus dem Roman: Dickbauchige Männer in Frack sitzen zwischen Blattgold und edlen Stuckranken in Champagnertönen. Bei einem guten Glas und einer dicken Zigarre wird Konversation gemacht, vielleicht auch hitzig politisiert.

Spekakuläre Restaurierung

Doch im Zweiten Weltkrieg wurde der Potsdamer Platz in Schutt und Asche gelegt - stehen blieb, wie ein hohler Zahn, ein Rest des "Esplanade". So überdauerten Kaisersaal und Frühstücksraum sowie - benachbart - Silbersaal und Palmenhof in den Mauern. In den 50er Jahren wurden diese beiden Räume im "Adenauer"-Schick hergerichtet, dort wurde gefeiert. In diesem Stil sind sie jetzt wieder restauriert.

Am spektakulärsten jedoch war die Restaurierung des Kaisersaals: In einem bisher nicht da gewesenen technischen Verfahren wurde der 1300 Tonnen schwere Saal 1995 unter großem öffentlichem Interesse auf Luftkissen gehievt und um 75 Meter verschoben - er wäre einer Straße im Weg gewesen. Sony integrierte die alten Räume in einen hypermodernen Bau, der an einer stählernen Brücke abgehängt wurde. Zwischen Alt- und Neubau liegen nun stets ein paar Millimeter Luft.

"Willem Zwo" wird erwartet

Hinter der Glasfassade des Neubaus schimmert schon seit dem vergangenen Jahr im gelblichen Licht der Frühstückssaal des "Esplanade", der heute eine schicke Bar ist. Betreiber Gerhard Lengauer hat sich fast ein Jahr länger Zeit gelassen als geplant, bis er jetzt die anderen Säle eröffnet. Mittags und abends soll im Kaisersaal feine Küche geboten werden - das denkmalgeschützte Ensemble kann aber auch für Veranstaltungen gebucht werden.

Als erste Gäste kamen die Stars der Berliner Filmfestspiele zu sehr privaten abendlichen Diners - doch jetzt zur Eröffnung hat sich sogar der Kaiser "persönlich" angesagt. Als "Willem Zwo" wird ein Schauspieler am Potsdamer Platze Hof halten. dpa/(pf)