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Mit jugendlichem Elan

10. November 2010

Ein Jahr im Ausland, davon träumen viele junge Menschen. Oft scheitert das Vorhaben am Geld. Wer kostenlos verreisen und dabei noch Gutes tun möchte, für den ist das Freiwilligen-Programm "Weltwärts" eine Alternative.

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Porträt-Bild des 'Weltwärts'-Freiwilligen Jakob Baumüller (Foto: DW/Marcel Fürstenau)
Jakob BaumüllerBild: DW

Das Programm gibt es zwar erst seit 2008, doch kaum zwei Jahre später kann Entwicklungsminister Dirk Niebel bereits den zehntausendsten Teilnehmer entsenden. Christian Päßler aus Zwickau wird im Rahmen des Freiwilligendienstes "Weltwärts" ein Jahr in Südafrika verbringen. Was Päßler vor sich hat, haben rund 5700 Freiwillige schon hinter sich: Sie waren mindestens sechs Monate und längstens zwei Jahre in einem Entwicklungs- oder Schwellenland.

In Peru sind derzeit 336 junge Menschen im Alter von 18 bis 28 Jahren im "Weltwärts"-Einsatz. Jakob Baumüller aus Tübingen ist einer von ihnen. Der 20-Jährige wollte auf keinen Fall zur Bundeswehr gehen. Er hatte aber auch viele andere Gründe, nach Peru zu gehen, um dort als eine Art Streitschlichter in einer indigenen Dorfgemeinschaft zu arbeiten, wo es häufig zu Konflikten über Landrechte und Mietfragen kommt. Er finde den Austausch zwischen den Kulturen sehr wichtig, sagt er, es gebe so viel Neues, was man kennenlerne. "Das sind lauter Geschichten und Erfahrungen, mit denen man den Blick auf die Welt erweitern kann", zieht Jakob nach zwei Monaten ein erstes Fazit.

Hilfe für vernachlässigte Kinder

Porträt-Bild der 'Weltwärts'-Freiwilligen Anne Bücher (Foto: DW/Marcel Fürstenau)
Anne BücherBild: DW

Die 18-jährige Anne Bücher aus Dresden wollte vor dem Studium zunächst was ganz Neues machen. Ein Jahr in Lateinamerika, wo sie mit ihren Spanisch-Kenntnissen gut zurecht kommen würde, erschien ihr besonders reizvoll. Im Internet war sie dann auf das "Weltwärts"-Programm gestoßen. Nun lebt und arbeitet sie seit einem Vierteljahr in dem Städtchen Moybamba in der Provinz San Martin und kümmert sich um vernachlässigte und misshandelte Kinder.

Essen zubereiten, Einkäufe erledigen, Englisch-Unterricht erteilen - es gibt viel zu tun. Wobei die junge Deutsche großen Wert darauf legt, dass alle Dinge gemeinsam getan werden. "Die Kinder brauchen nicht nur Hilfe, es geht auch um Zusammenarbeit und Selbstständigkeit", betont Anne.

Porträt-Bild der 'Weltwärts'-Freiwilligen Therese Thier (Foto: DW/Marcel Fürstenau)
Theresa ThierBild: DW

Auch Theresa Thier aus Coesfeld im Münsterland wollte nach der Schule erst einmal weg. Auf den Geschmack gekommen war sie durch die Auslandsaufenthalte ihrer Schwester und ihrer Cousine. Die 19-Jährige arbeitet gemeinsam mit Anne in dem Kinderheim "Hogar Santa Isabel".

Die Eingewöhnung fiel ihr anfangs schwer, allerdings nicht nur wegen des Schicksals der Kinder. Theresa musste erfahren, was es bedeutet, in einem Land zu sein, in dem ein Viertel der Bevölkerung keine nachhaltige Wasser-Versorgung hat. Bei ihrer Ankunft habe es am ersten Abend weder Strom noch Wasser gegeben, erinnert sie sich. Da merke man auf einmal, wofür man Wasser so brauche. Natürlich wisse man das theoretisch auch in Deutschland, aber in Peru habe sie es schätzen gelernt, "Wasser zu haben und sich die Zähne putzen zu können".

Wahnsinnig über Wasser gefreut

Jannes aus Bremen hat anfangs bei Therese und Anne gewohnt, bevor er gemeinsam mit Jakob in seine eigene Unterkunft ziehen konnte. "Und da haben wir uns wahnsinnig gefreut, dass wir die ganze Zeit Wasser haben", erzählt der knapp 20-Jährige. Vertrauen zu den Menschen und der fremden Umgebung habe er schnell gefasst. Sein Weltbild habe sich allerdings nicht grundsätzlich geändert, weil er schon vorher viel gereist sei, unter anderem nach China. "Deswegen hatte ich nicht den großen Kultur-Schock", fasst Jannes seine Eindrücke zusammen.

Eine Palmen-Plantage in Peru (Foto: DW/Steffen Leidel)
Die Welt mit anderen Augen sehen - für die 'Weltwärts'-Freiwilligen hat Perus Natur eine Menge zu bieten.Bild: Steffen Leidel

Eine gemeinsame Erfahrung haben alle vier "Weltwärts"-Freiwilligen aus Deutschland gemacht: Planung ist besonders wichtig - oder, wie es Anne ausdrückt, dass man nicht einfach in den Tag hinein leben könne. "Wenn am nächsten Tag kein einziger Tropfen Wasser da ist, hat man ein Problem", sagt die junge Frau aus Dresden lapidar. Man müsse eben vorher darüber nachdenken, sich vielleicht irgendwelche Behälter besorgen oder Wasser in Flaschen abfüllen. Der Sinn für die praktischen, elementaren Dinge des Lebens wird bei ihrem "Weltwärts"-Einsatz allemal geschärft. "Bei Strom-Ausfall muss man vorher Kerzen kaufen, sonst ist es stockduster und gefährlich, wenn man rausgeht", beschreibt Anne ganz nüchtern ihren Alltag.

Immer mehr Freiwillige

Porträt-Bild des 'Weltwärts'-Freiwilligen Jannes Katner (Foto: DW/Marcel Fürstenau)
Jannes KatnerBild: DW

Einer der wichtigsten Ansprechpartner für Jannes Katner und die anderen "Weltwärts"-Freiwilligen in Peru ist der Landesdirektor des Deutschen Entwicklungsdienst (DED), Gerhard Friedrich. Als das Programm 2008 gestartet wurde, entsandte der DED zwölf Teilnehmer nach Peru, ein Jahr später waren es schon 27, aktuell sind es 47. Insgesamt leben zur Zeit 336 Teilnehmer in Peru, wo sie vom DED und von zahlreichen anderen Organisationen betreut werden. Gerhard Friedrich zieht eine positive Bilanz.

Die jungen Leute sollen Erfahrungen sammeln, ihr Weltbild verändern, Armut kennenlernen. Sie sollen Dinge erleben und erfassen, die sie in Deutschland so nicht erleben würden, umreißt Friedrich das Ziel eines "Weltwärts"-Einsatzes in Entwicklungs- und Schwellenländern. "Auf diese Weise bekommen sie ein anderes Verhältnis zu den Teilen der Welt, in denen sie normalerweise nicht leben."

Programm wird evaluiert

Im deutschen Entwicklungsministerium ist man gerade dabei, die Erfahrungen der ersten beiden "Weltwärts"-Jahre auszuwerten, die Wirksamkeit des Programms zu evaluieren. Rund 240 Organisationen beteiligen sich an dem Freiwilligendienst. Denkbar wäre eine Reduzierung, um die Kräfte zu bündeln.

Porträt-Bild des Direktors des Deutschen Entwicklungsdienstes (ded) in Peru, Gerhard Friedrich (Foto: DW/Marcel Fürstenau)
Gerhard FriedrichBild: DW

An der finanziellen Ausstattung des Programms soll es 2011 keine Abstriche geben, sagt der zuständige Abteilungsleiter im Ministerium, Werner Bruns. Demnach stünden mindestens 29 Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings stehen die Planungen - wie der gesamte Etat des Entwicklungsministeriums - unter dem Vorbehalt, dass der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages noch zustimmen muss.

Der Landesdirektor des Deutschen Entwicklungsdienstes in Peru, Gerhard Friedrich, hofft auf eine uneingeschränkte Fortsetzung des Freiwilligendienstes. Es handele sich um ein Lern-Programm im besten Sinne. "Da kommen Leute fast noch als Kinder an und gehen nach zwölf Monaten als Erwachsene zurück nach Deutschland." Wenn der eine oder die andere später in der Entwicklungszusammenarbeit tätig werden sollte, würde ihn das ganz besonders freuen, sagt Friedrich.

Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Kay-Alexander Scholz