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Ausbildungsverein SC Freiburg

Fabian Vögtle27. März 2013

Dem kleinen SC Freiburg haftet das Image des sympathischen Underdogs an. Diese Saison spielen die Südbadener sehr erfolgreichen Fußball - dank zahlreichen Spielern aus der eigenen Jugend. Ein Modell mit Tradition.

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Der SC Freiburg feiert ein Sieg im heimischen Stadion (Foto: Marc Eich/Bongarts/Getty Images)
Der SC Freiburg feiert ein Sieg im heimischen StadionBild: Getty Images

Es war im Oktober 1980. Als kleiner Junge ging Stefan Schultz kurz vor dem Anpfiff zum DFB-Pokal-Spiel des SC Freiburg gegen den 1. FC Köln, weil er schon von seinem Elternhaus die Atmosphäre hörte. "Da hat es gekribbelt", erinnert er sich. Das Stadion um die Ecke platzte aus allen Nähten und der Schüler kletterte an einem Zaun hoch, um den Pokalsieg gegen die favorisierten Kölner live mitzuerleben. Es war sein Initiationserlebnis. "Der Underdog, der die großen Stars schlägt." Das gefiel ihm von Beginn an. Bis zur ersten Saison in der 1. Bundesliga unter Trainer Volker Finke sollte es aber noch 13 Jahre dauern. Doch Schultz, der im Schatten der Freiburger Stadionflutlichter an der Dreisam aufwuchs und dort bis heute wohnt, besuchte fortan fast jedes Spiel.

Von der Fußballschule zum Bundesligaspieler

"Wenn ich Fußballfan wäre, würde ich keinen großen Verein mögen, sondern eher einen kleinen der mit den wenigen Möglichkeiten, die er hat, sehr viel rausholt", sagt auch Oliver Sorg. Damit – so scheint es – hat sich der 22-Jährige den richtigen Club ausgesucht. Jedoch nicht als Fan, sondern als Fußballprofi. Mit 15 Jahren kam er vom Bodensee aus der Provinz nach Freiburg zur Fußballschule. Mittlerweile gehört er zu den Stammspielern bei den Profis und spielt seine erste erfolgreiche Bundesliga-Saison. Für ihn ging im letzten Jahr alles sehr schnell.

SC-Spieler Oliver Sorg (Foto: DW/F. Vögtle)
Abwehrspieler Oliver Sorg kommt aus der SC-Jugend und gehört seit einem Jahr zu den Säulen im TeamBild: DW/F. Vögtle

Der SC Freiburg lag 2012 zu Beginn der Rückrunde abgeschlagen auf Platz 18. Auf den glücklosen Trainer Marcus Sorg (nicht mit dem Spieler verwandt) folgte der bisherige Assistent und langjährige Jugendtrainer Christian Streich. Einigen Spielern wurde gekündigt und sie wurden mit Jungs wie Sorg aus der renommierten Freiburger Jugendschmiede ersetzt. Doch was vielen damals als Notlösung erschien, gehört im Breisgau schon seit Jahren zum Modell des Sportclubs, der sich selbst als Ausbildungsverein sieht.

Streich als Identifikationsfigur

Dazu kommt ein Trainer, der aus der Reihe fällt. So wie einst Volker Finke, der 16 Jahre lang an der Seitenlinie stand oder in seinem legendären Strandkorb saß, der in Freiburg die Trainerbank ersetzte, begeistert heute Christian Streich. Der 47-Jährige bildet seit 1995 als Jugend- und Amateurtrainer in der Freiburger Fußballschuhe junge Talente aus, für die Fans ist der Südbadener schon jetzt die Identifikationsfigur des Vereins, wenn nicht sogar der Stadt. Auch über Freiburg hinaus erfährt Streich Anerkennung. Am Mittwoch (27.03.2013) wurde er in Bonn mit dem Trainerpreis des DFB ausgezeichnet. "Er geht mit uns Jungs genau gleich um, ob in der A-Jugend oder bei den Profis", lobt Oliver Sorg im DW-Gespräch seinen langjährigen Coach und weiß seine Freiburger Ausbildung zu schätzen: "In der Fußballschule lernt man viele Sachen wie etwa die Spielabläufe genauso so, wie dann bei den Profis gespielt wird." Mit der U19 des SC Freiburg wurde er unter Streich bereits A-Jugend-Meister und DFB-Junioren-Pokalsieger. Nicht nur für Sorg wäre es ein Traum diese Saison mit der Profimannschaft als Pokalfinalist nach Berlin zurückzukehren. Am 17. April tritt Freiburg im DFB-Pokal-Halbfinale beim VfB Stuttgart an.

SC-Trainer Christian Streich ist immer engagiert (Foto: DANIEL ROLAND/AFP/Getty Images)
SC-Trainer Christian Streich ist immer engagiertBild: AFP/Getty Images

Mit einigen Mannschaftskollegen spielt er schon seit Jahren zusammen. Neben U21-Nationalorwart Oliver Baumann gehören aus dem eigenen Nachwuchs Matthias Ginter, Daniel Caligiuri und Jonathan Schmid zu den Säulen im Team, hinzu kommen weitere Spieler, die bereits den Sprung in den Profikader geschafft haben. Johannes Flum, auch ein Freiburger Fußballschüler, wirkt mit seinen 25 Jahren und bald 100 Erstligaspielen im Vergleich zu den meisten Teamkollegen schon fast wie ein Oldie. Auch er blickt gerne auf die Fußballschule zurück: "Es war einfach eine schöne, erfolgreiche und sehr intensive Zeit." Er weiß, dass "alle, die es von uns in den Profikader geschafft haben, wahnsinnig ehrgeizig sind." Die jungen Kicker verbringen auch außerhalb des Platzes viel Zeit zusammen. "Mir gefällt es in Freiburg sehr gut. Man hat seine Ruhe, aber dennoch ist in der Stadt immer was los", schwärmt der aus Waldshut an der Schweizer Grenze kommende Flum im DW-Interview.

Johannes Flum im Freiburger Stadion (Foto: DW/F. Vögtle)
Johannes Flum fühlt sich in Freiburg und im Verein sehr wohl - er gehört schon fast zu den Oldies im TeamBild: DW/F. Vögtle

Einige Freiburger Fans fühlen sich diese Saison wieder an das in den 90er Jahren entstandene Image der Studentenmannschaft aus der Ökostadt Freiburg erinnert. Deren grüner Oberbürgermeister Dieter Salomon, seit zehn Jahren im Amt und seit rund 30 Jahren SC-Fan, findet den bisherigen Saisonverlauf "sensationell" und freut sich schon jetzt auf das DFB-Pokal-Halbfinale (17.04.2013), das er sich live in Stuttgart anschauen wird. Salomon, der wenn möglich auch ins heimische Stadion geht und vor seiner Zeit als OB kaum ein Spiel verpasst hat, schwelgt im Gespräch mit der DW nicht nur in Erinnerungen an die erste Bundesligasaison 1993/94 mit der Euphorie und dem revolutionären Kurzpassspiel.

Zum ersten Mal fünf Jahre Bundesliga in Folge

Dass in dieser Saison wohl zweimal Vereinsgeschichte geschrieben wird, macht auch den Stadtherrn ein wenig stolz. Denn außer dem erstmaligen Einzug in das Pokalhalbfinale, wird Freiburg – den Klassenerhalt vorausgesetzt – kommende Saison zum ersten Mal fünf Jahre hintereinander Erstligastadt sein. "Das ist noch mal eine neue Qualität", findet Salomon, der natürlich auch weiß, wie sehr Erfolg und Sympathie des Fußballclubs zusätzliche Werbung für die Stadt sind.

Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon (Foto: DW/F. Vögtle)
Freiburgs Oberbürgermeister Salomon ist auch SC-FanBild: DW/F. Vögtle

Dass der Erfolg nicht nur Sympathien, sondern auch Begehrlichkeiten bei anderen Teams und Beratern weckt, gehört zum Geschäft dazu und kommt in Freiburg nicht zum ersten Mal vor. Der ein oder andere Spieler wird den Verein wohl verlassen - Caligiuri und Flum etwa sollen angeblich auf der Wunschliste von Frankfurts Trainer Armin Veh stehen. Streich gefällt das zwar nicht, aber er sagt auch: "Es tut so lang weh bis sie weg sind und dann kommen wieder andere und Du kümmerst Dich um die, weil Du sonst zu viel Energie für Sachen vergeudest, die Du nicht beeinflussen kannst." Und so wird der SCF ein solider Ausbildungsverein mit Überraschungseffekt bleiben. Dessen ist sich auch Fan Stefan Schultz sicher: "Von Anfang an hat man eine Linie und ist der treu geblieben", beschreibt er die bodenständige Ausrichtung des Clubs und glaubt auch in Zukunft an erstklassigen Bundesliga-Fußball seines geliebten Sportclubs vor der eigenen Haustür.