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Opa ist auf Facebook

29. August 2011

Immer mehr Ältere in Deutschland entdecken die sozialen Netzwerke im Internet für sich. Dabei nutzen sie das Netz ganz zielgerichtet und pragmatisch. Und das aus einem ganz einfachen Grund.

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Senioren sitzen vor einem Laptop (Foto: dpa)
Die "Silver Surfer" sind auf rasantem VormarschBild: Picture-Alliance/dpa

Klaus Schmolz hat keine Angst vor neuen Erfahrungen. Mit 65 Jahren hat er sich noch einen neuen Laptop angeschafft. 2004 war das. Der Kölner Rentner hatte keine Interneterfahrung. Nun wollte er durchstarten. Heute ist der pensionierte Betriebsdirektor fast überall online unterwegs: bei Facebook, wer-kennt-wen.de, ebay oder Skype.

Klaus Schmolz (Foto: DW)
Klaus Schmolz ist mit 71 noch in sozialen Netzwerken unterwegsBild: Arne Lichtenberg

Äußerer Zwang habe ihn damals nicht dazu gebracht, sich mit dem neuen Medium zu beschäftigen, wohl eher "eigenes Interesse", sagt Schmolz heute. Er habe sich gedacht, "wenn du hier nicht mitschwimmst, dann bleibst du hinten dran, dann wirst du den Kontakt zu deinen Enkeln und der Jugend verlieren, weil du ihre Sprache nicht sprichst". Diese Aufgabe hat er sich damals selbst gesteckt. Heute profitiert er von ihr. Der Kontakt zu seinen Enkeln ist wesentlich einfacher geworden.

Kaum eine andere Möglichkeit der Kommunikation

Hendrik Speck (Foto: DW)
Der Medienwissenschaftler Hendrik SpeckBild: Arne Lichtenberg

Hendrik Speck, Professor für digitale Medien an der Fachhochschule Kaiserslautern, kann die Beweggründe von Klaus Schmolz gut nachvollziehen. "Senioren haben mittlerweile kaum noch eine andere Chance, wenn sie mit ihren Kindern oder Enkeln in Kontakt bleiben wollen, dann müssen sie auch diese Online-Medien nutzen." Speck begründet diese neuen Entwicklungen mit der steigenden sozialen Mobilität der jungen Generationen: Kinder und Enkel wohnen nicht mehr ihr ganzes Leben fest an einem Ort oder haben gar ihr gesamtes Berufsleben denselben Arbeitgeber.

In Deutschland sind die Senioren in sozialen Netzwerken noch Exoten. Aber ihre Zahl wächst rasant: 2010 gingen überhaupt erst gut ein Viertel der Über-60-Jährigen ins Netz. Laut der neuesten ARD/ZDF-Onlinestudie 2011 sind es jetzt schon 34,5 Prozent. Ein sattes Plus von fast 23 Prozent. Keine Altersgruppe wuchs im Netz schneller als die der Senioren. Von ihnen sind aktuell zwar nur knapp zehn Prozent regelmäßig in einem sozialen Online-Netzwerk unterwegs. Aber immerhin: 2008 waren es erst zwei Prozent gewesen. Die Nutzerzahlen haben sich in dieser Altersgruppe also verfünffacht.

Spezielle Senioren-Netzwerke unattraktiv

Schon länger gibt es auch soziale Netzwerke explizit für ältere User. Sie tragen so schmucke Namen wie "herbstzeit.de" oder "platinnetz.de", bewusst verzichten sie auf das Wort Senior im Namen. Aber angesichts ihrer Nutzerzahlen sind solche Angebote Randerscheinungen und werden wohl auch irgendwann verschwinden, meint Medienprofessor Speck. "Solche Plattformen sind für Senioren genauso attraktiv, wie Telefone mit besonders großen Tasten." Also gar nicht.

Michel Lindenberg (Foto: stayfriends)
Michel Lindenberg: "Ältere nutzen das Netz anders als die Jungen"Bild: Pressefoto Stayfriends GmbH

Ein Portal schafft es aber dennoch schon seit Jahren, vor allem Ältere anzulocken. stayfriends.de hat sich auf Schulfreunde spezialisiert. Auf der Seite, die schon 2002 online ging, kann man nach ehemaligen Klassenkameraden suchen. Im zweiten Quartal 2011 waren 13 Prozent der neuen Mitglieder auf Stayfriends älter als 60 Jahre. Zum Vergleich: Im gleichen Quartal 2008 waren lediglich rund fünf Prozent der neuen Nutzer über 60.

Am stärksten gewachsen ist in den letzten Jahren die Gruppe Ü50, erklärt Michel Lindenberg, Geschäftsführer und Mitbegründer des Portals. "Wir reden unsere User mit dem im Internet eher seltenen 'Sie' an und das geht weiter bei dem Thema Datenschutz. Das Bedürfnis der Älteren ist einfach, dass hier alles sicher ist", begründet Lindenberg den Erfolg seiner Seite gerade bei älteren Semestern. Auch die Bedienung der Seite sei einfach und ohne Spielereien.


Dank Internet die Töchter wiedergefunden

Zwei Senioren sitzen vor einem Laptop (Foto: dpa)
Für die Alten zählt vor allem die Kommunikation im InternetBild: Picture-Alliance/dpa

Für Klaus Schmolz ist das Internet auch in anderer Sicht ein Segen. Aus einer außerehelichen Beziehung hat der Kölner zwei Töchter, zu denen er jahrzehntelang keinen Kontakt hatte. Bis Schmolz sich auf dem Internetportal wer-kennt-wen.de anmeldete und ein Profil erstellte. Seine Töchter waren dort auch Mitglied, fanden ihren Vater und schrieben eine Nachricht. Der Rentner antwortete und wenig später war das Familienglück perfekt.

Autor: Arne Lichtenberg

Redaktion: Michael Borgers