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Rock-Gottesdienst beim Kirchentag

4. Juni 2011

Das Jugendprogramm beim Evangelischen Kirchentag in Dresden ist vielfältig. Da wird schon mal ein Gottesdienst zum Rockkonzert - und umgekehrt.

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Musiker beim Konzert (Foto: DW)
Wenn die Kirche rockt...Bild: DW

Die Heiliggeistkirche in Dresden beim 33. Evangelischen Kirchentag. Die Besucher der Kirche hören laute Bässe, kreischende E-Gitarren und Schlagzeugssoli. Doch was zunächst wie ein Rockkonzert erscheint, ist in Wahrheit doch ein Gottesdienst. Die drei Pfarrer sind zugleich drei rockende Musiker. Ihre Band heißt "Die Schwarzen Löcher" und ihr ungewöhnlicher Gottesdienst gehört mit zu den über 300 speziellen Veranstaltungen für junge Leute.

Barbara Likus (Foto: DW)
Die Hüterin über das Jugendprogramm: Barbara LikusBild: DW

Neben Konzerten, Workshops, Tanzdarbietungen können die Besucher selbst an der Gestaltung von Gottesdiensten mitwirken. Sie gewinnen auch Einblicke in das Leben anderer Kulturkreise. Barbara Likus, verantwortlich für das Jugendprogramm auf Deutschlands größtem Glaubensfest, ist stolz auf ihre Workshops mit globalen Themen. "Wir beschäftigen uns unter anderem mit dem Thema Aids in Afrika und mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit in Indien." Um auch gezielt internationales Publikum anzusprechen, fänden auch Workshops auf Englisch statt, so Lukas.

Pfarrer mit Musikerleidenschaft

Die drei evangelischen Rock-Pfarrer kommen allerdings aus der Region. Alle leben im ostdeutschen Bundesland Sachsen. Die nicht mehr so ganz jungen Rocker sind zwischen 40 und 52 Jahren alt, wissen aufgrund ihrer langjährigen Seelsorgearbeit ganz genau, was bei der Jugend ankommt. Vor 15 Jahren taten sich die drei zusammen, um Musik zu machen. Pfarrer Hans-Jörg Rummel hatte zuvor Gitarre in einer Punk-Band gespielt. Der langjährige Jugendpfarrer Henning Olschowsky spielt unter anderem Geige. Michael Leonhardi, der Schlagzeuger, hatte noch nie zuvor getrommelt. Nach einer Übungsphase und kleineren Konzerten - auch in einem Gefängnis - entschlossen sich die drei, Rock-Gottesdienste zu gestalten.

Gottesdienst mit Musik, Herz und Gefühl

Pfarrer Leonhardi im Talar (Foto: DW)
Der Talar wird am Schlagzeug abgelegt: Pfarrer LeonhardiBild: DW

Das Glaubensbekenntnis oder das Vaterunser zu rocken, war eine Herausforderung. Doch mit "gerockten" Liturgien wird nicht alles anders in ihren Gottesdiensten - es bleiben gewohnte Elemente, sagt Leonhardi. "Wir fangen immer an im Talar. Dann gehen wir rein in den Gottesdienst und sprechen ein Gebet. So wie es Pfarrer normalerweise machen. Danach legen wir unseren Talar ab, weil es sich damit schlecht spielen lässt. Und dann fühle ich mich ganz frei und dann legen wir so richtig los und drücken aus, was immer unser Herz und unser Gefühl sagt." Das sei authentisch und übertrage sich auf die Leute."

Neue Ideen gegen Kirchenaustritte

Diese Impulse sind wichtig, denn in Ostdeutschland ist die Situation für die beiden Kirchen, die evangelische und die katholische, schwierig. Noch zu Beginn der DDR-Zeiten waren ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung evangelische Christen. Heute sind es nur noch 20 Prozent. Die Zahl der Kirchenaustritte in der Bundesrepublik lag im Jahr 2010 bei der katholischen Kirche bei cirka 180.000 und bei die evangelischen Kirche bei rund 150.000. Darunter auch viele junge Menschen. Einer der Gründe dafür war sicherlich der Missbrauchskandal in der römisch-katholischen Kirche. Ein weiterer Grund ist oft, dass sich junge Christen nicht richtig präsentiert fühlen. Sie möchten in einer modernisierten Kirche mehr Raum für sich haben. Beim Rock-Gottesdienst in Dresden hat ein Familienvater, der extra mit seinen Kindern gekommen ist, genau das gefunden: "Ich wollte mal etwas Peppiges. Das ist eine Alternative zu dem, was man sonst erlebt."

Auf dem Protestantentreffen in Dresden jedenfalls zeigte sich, dass die jungen Christen auf vielfältige Art und Weise erreicht werden konnten. Und die Rock-Messe der "Schwarzen Löcher" gehörte sicherlich dazu. In der Heiliggeistkirche waren nur noch wenige Plätze leer.

Autorin: Christina Beyert
Redaktion: Sabine Faber