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Mit Sicherheit diskutieren

Ranty Islam4. Februar 2006

Auf der Sicherheitskonferenz in München sind die Korridore oft wichtiger als die Podien. Die Möglichkeit zum informellen Austausch will diesmal auch eine hochrangige iranische Delegation nutzen.

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Blick in den Tagungsraum der KonferenzBild: dpa

Der Bayerische Hof im Zentrum Münchens ist wohl eines der wenigen Hotels, das die Gäste besonders für seine Flure und Korridore schätzen. Zumindest für ein Wochenende ist das so – jedes Jahr im Februar. Dann treffen sich hochrangige Regierungsvertreter und Experten aus aller Welt in der Edelherberge, um über globale Sicherheitsfragen zu diskutieren. Das offizielle Programm für die 42. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik steht. Demnach werden sich die eminenten Besucher in ihren Redebeiträgen und Diskussionsrunden dem Leitthema "Erneuerung der transatlantischen Beziehungen" widmen. Mehr als ein Austausch offizieller Positionen ist hier kaum zu erwarten.

Horst Teltschik
Horst Teltschik, Organisator der KonferenzBild: dpa

Produktiver könnten die Gespräche abseits des Programms sein, wenn sich die Teilnehmer zum persönlichen Austausch in abgeschiedenen Ecken der Flure oder gleich im kleinen Zimmer hinter verschlossenen Türen treffen. So biete die Konferenz die Chance, Gespräche zu führen zwischen Partnern, die sich offiziell gar nicht treffen könnten, wie der Veranstalter Horst Teltschik sagt.

Iraner diskutieren mit

Wenn dem so ist, dann hat die zu der Konferenz ebenfalls erwartete Delegation aus dem Iran einen Marathon informeller Konsultationen vor sich. Vor rund sechs Wochen habe das Büro des stellvertretenden iranischen Außenministers Abbas Araghchi bei Teltschik die Teilnahme des Politikers angekündigt, sagt der Veranstalter. "Und in der vergangenen Woche hat sich dann auch der Chefunterhändler des iranischen Atomprogramms Javad Vaeidi angemeldet", so Teltschik weiter. Die iranische Delegation wolle auf eigenen Wunsch jedoch nicht an den offiziellen Podiumsdiskussionen teilnehmen.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad
Irans Präsident Ahmadinedschad schickt eine DelegationBild: dpa

"Das zeigt, dass der Iran die diplomatische Tür nicht zuschlagen will", sagt Professor Hans Gießmann vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg. Gerade nachdem Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA sich mit Rußland und China darauf geeinigt haben, den Iran wegen seines Atomprogramms vor den Weltsicherheitsrat zu bringen, komme der Sicherheitskonferenz in der Angelegenheit eine besondere Rolle zu.

Ähnlich sieht dies Henning Riecke, Sicherheitsexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Die iranische Delegation wird versuchen, sich als offen und dialogbereit zu präsentieren." Vermutlich würde sie auch versuchen, Einfluss auf Länder wie Russland oder China zu nehmen, die nicht an einer Konfrontation mit dem Iran interessiert seien.

Dauerthema Antiterrorkampf

Ob die iranische Delegation damit Erfolg haben könnte, sei nicht abzusehen, so Riecke. Abwegig scheint es nicht. Ist doch die westliche Sicherheitszusammenarbeit mit Rußland und China selber Gegenstand der Diskussionen auf der Konferenz.

Weitere Themen sind die Sicherheitsinteressen asiatischer Länder, aber auch "kleinstaatliche Konflikte mit globalen Auswirkungen", sagt Professor Gießmann. So müsse etwa der Nahostkonflikt nach dem Sieg der Hamas bei den Parlamentswahlen in den Palästinensergebieten neu bewertet werden.

Nato ohne Konzept?

Der internationale "Krieg gegen den Terror" bleibt ein Dauerthema. Die Frage von Ressourcensicherheit könnte neu in den Fokus rücken, so Gießmann. Begrenzte Rohstoffvorräte und der weltweit steigende Energiebedarf erhöhten das Potenzial für bewaffnete Konflikte um Ressourcen.

Logo der NATO, North Atlantic Treaty Organisation
Schwerpunktthema ist die Rolle der Nato

Und schließlich sei die Sicherheitszusammenarbeit zwischen Europa und den USA Schwerpunkthema der Konferenz. Die Nato müsse wieder zu einem offenen Diskussionsforum für Europäer und Amerikaner werden. "Es geht nicht nur darum, Standpunkte auszutauschen, sondern vor allem darum, sich darin endlich anzunähern", fordert Hans Riecke. Nach den Terroranschlägen vom 11. September in New York sei bis heute kein neues strategisches Konzept für die NATO verabschiedet worden.

Die Konferenz und ihre Gegner

Die Kritiker der Sicherheitskonferenz sind bereits in Stellung gegangen. Globalisierungskritische Organisationen wie Attac und andere Aktivistengruppen haben zu Demonstrationen gegen die Münchner "Kriegskonferenz" aufgerufen.

Die Kritik sei zum Teil nachvollziehbar, sagt Gießmann. "Die Menschen erwarten Lösungsansätze für die Sicherheitsprobleme ihrer Welt. Stattdessen hören sie Politiker, die in komplizierter Sprache die strategischen Interessen ihrer Länder abwägen." Normative Diskussionen über die Ziele, an denen sich Sicherheitspolitik orientieren sollte, seien weniger gefragt.

Nach Ansicht des Veranstalters könne die Konferenz dies auch überhaupt nicht leisten. "95 Prozent der Teilnehmer stehen in politischer Verantwortung", sagt Horst Teltschik. Da könne es gar nicht um die weitere Analyse und akademische Behandlung von Sicherheitspolitik gehen, sondern um deren Umsetzung.

Was konkret von den Diskussionen der Sicherheitsexperten bleibt – auf dem Podium und den Korridoren, ist völlig offen. Sicherer scheint nur, dass sie alle im nächsten Jahr wiederkommen werden, um weiter zu diskutieren.