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Tränengas und Kugeln- In Uganda eskaliert die Gewalt

12. Mai 2011

In Uganda ist der umstrittene Präsident Yoweri Museveni für eine vierte Amtszeit vereidigt worden. Proteste lässt er blutig niederschlagen. Doch im einstigen Musterland brodelt es.

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Zwei Polizisten in schwarzen Uniformen und Knüppeln (Foto: Schlindwein)
Polizisten sichern eine Polizeiwache in der Hauptstadt KampalaBild: Simone Schlindwein

Ugandas Hauptstadt Kampala ist fast nicht wieder zu erkennen. In der sonst friedlichen Metropole errichten Demonstranten Straßenblockaden, werfen Steine gegen Polizisten. Autoreifen brennen auf der Hauptstraße, schwarze Rauchwolken ballen sich über der Innenstadt.

Die Sicherheitskräfte kennen kein Pardon: Zuerst versuchen sie, die Proteste mit Tränengas nieder zu schlagen, schließlich schießen sie auf die Menge. Knapp zehn Menschen starben bislang, darunter ein zweijähriges Kind, das von einer Kugel in den Kopf getroffen wurde.

Protestmarsch: "Lauf zur Arbeit!"

Begonnen hat alles mit einem simplen Protestmarsch. Ein Oppositionsbündnis rief dazu auf, zu Fuß zur Arbeit zu gehen, um gegen hohe Benzinpreise zu protestieren. Auch Mugisha Muntu, Mitglied der wichtigsten Oppositionspartei "Forum für Demokratischen Wandel" marschiert zu Fuß zum Parlament.

Während er mit großen Schritten durch die Innenstadt spaziert, erklärt er: "Wir demonstrieren gegen steigende Preise. Allerdings ist das ja nicht nur ein ugandisches Problem. Preise steigen derzeit weltweit", sagt er und fügt hinzu, Uganda habe ein anderes Problem: Die Bevölkerung müsse den Gürtel nun enger schnallen. "Wenn die Regierung nun ebenfalls sparen würde, würden wir nicht protestieren. Aber sie tut es nicht, sie lockert sogar den Gürtel", klagt er. Die Leute seien frustriert über die Korruption, sagt er: "Die Regierung versteht dies nicht, sie hat seit langem schon den Kontakt zur Bevölkerung verloren."

Protraitfoto des Abgeordneten Mugisha Muntu (Foto: Schlindwein)
Der Abgeordnete Mugisha Muntu beim ProtestmarschBild: Simone Schlindwein

Kampfjets und eine Million-Dollar Party

Ein Beispiel dafür ist die Feier zur Amtseinführung des Präsidenten Yoweri Museveni. Der 66-Jährige regiert seit 25 Jahren. Im Februar wurde er mit 69 Prozent wieder gewählt – eine umstrittene Wahl, die international stark kritisiert wurde. Zu seiner Vereidigung am Donnerstag (12.05.2011) waren Dutzende Staatsoberhäupter geladen.

Über eine Million Dollar kosten die Festlichkeiten – dabei ist der Staat pleite. In vielen Krankenhäusern wurden bereits Wasser und Strom abgeschaltet. Die Behörden haben kein Papier zum Drucken. Gleichzeitig kauft das Regime Kampfjets für 750 Millionen Dollar – das hat viele Ugander wütend gemacht.

"Wir sind doch arme Leute"

Drei Männer stehen vor einem brennenden Reifen (Foto: AP)
Bereits im April erschütterten Proteste die HauptstadtBild: dapd

So auch diese jungen Männer, die Steine gegen Polizisten werfen. Eifrig diskutieren sie, reden wild durcheinander: "Wenn ich einkaufe und jemand sagt, das Kilo Zucker kostet jetzt 3000 Schilling anstatt 1800 wie bisher - das ist unmöglich. Wir sind doch arme Leute!", beschwert sich einer. Ein anderer wirft ein: "Gleichzeitig leistet sich der Präsident ein Feier für Millionen Dollar – für nur einen einzigen Tag! Das geht doch nicht. Wir haben das satt!", sagt er verärgert. Gemeinsam stimmen sie ein: "Wir wollen eine neue Regierung. Er hat jetzt fast 26 Jahre regiert und nichts hat sich verändert. Wir wollen, dass uns die westlichen Länder helfen, so wie in Libyen!"

Mit den Revolutionen in den arabischen Ländern sind die Proteste noch nicht gleichzusetzen. Während in Tunesien, Ägypten, Libyen oder Syrien zehntausende Menschen auf die Straßen gehen, sind es in Uganda nur wenige hundert. Weitgehend unkoordiniert protestieren sie in den Slums und den Vororten der Hauptstadt.

"Übermäßige Anwendung von Gewalt"

Doch die Revolutionen in Nordafrika haben die Ugander ermutigt, ihre Unzufriedenheit zu äußern – andererseits hat das aber dazu geführt, dass das Regime hart dagegen vorgeht. Ugandas bekanntester Oppositioneller, Kizza Besigye, wurde angeschossen. Zuletzt wurde er mit Pfefferspray besprüht. Zurzeit ist er in Kenia in medizinischer Behandlung.

Ein lächelnder Präsident Museveni mit einem großen Strohut auf dem Kopf (Foto: Schlindwein)
Gegen ihn richten sich die Proteste: Präsident MuseveniBild: DW/Schlindwein

Dagegen protestierten vor wenigen Tagen nun auch Juristen. In ihren schwarzen Roben marschierten sie zum Obersten Gericht über dem "Verfassungsplatz" in Kampalas Innenstadt. Hunderte Anwälte und Richter versammelten sich vor dem Gebäude. Bruce Kyerere, Vorsitzender des Juristenverbandes übergab eine Petition: "Wir sind sehr besorgt über die übermäßige Anwendung von Gewalt und verurteilen den Einsatz von Munition gegen unbewaffnete Zivilisten sowie die brutale Verhaftung von Oppositionsführern. Die Liste der Gewaltanwendungen reicht bereits aus, um sie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bezeichnen."

Die versammelten Juristen klatschen. Die Polizisten stehen dieses Mal daneben – scheinbar hat an diesem Tag niemand den Befehl gegeben, den Protestmarsch gewaltsam aufzulösen. Dennoch: Dies sind klare Worte gegen Museveni, der sich am Donnerstag als legitimer Präsident vor seinen geladenen Amtskollegen präsentierte. Die Proteste haben dem Image des Landes, der einstigen "Perle Afrikas", bereits jetzt schwer geschadet.

Autorin: Simone Schlindwein
Redaktion: Andrea Schmidt