1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mit urbaner Gewalt

Soraia Vilela20. Februar 2003

Trotz aller wirtschaftlichen Krisen erlebt Brasilien zur Zeit eine außergewöhnlich produktive Phase des Filmemachens. Häufiges Thema: Gewalt in den Städten.

https://p.dw.com/p/3Hcg
Frisieren in Brasilien: Szene aus "Die gelbe Mango"

Die Zeiten des "Cinema Novo" sind längst vorbei und der Neuanfang des brasilianischen Kinos, nach der traurigen Pause in den 90er Jahren, scheint die Medien weltweit nicht mehr sonderlich zu interessieren. Dabei erlebt Brasilien zur Zeit eine außergewöhnlich produktive Phase des Filmemachens: Alleine im Jahr 2003 wurden bereits 30 Spielfilme fertiggestellt, weitere 50 befinden sich in der Post-Produktion.

Zentrum & Peripherie

Die internationalen Filmfestivals scheinen momentan aber eher Filme aus Asien oder Nahost zu bevorzugen. "In Europa sind wir definitiv eine periphere Kinematografie", beobachtet Paulo Carvalho, Leiter des "CineLatino", dem Tübinger Filmfestival lateinamerikanischer Filme. Trotz geringer Präsenz bei der diesjährigen Berlinale (drei Lang- und zwei Kurzfilme), war Brasilien, laut Carvalho, "gut in Sundance und Rotterdam vertreten". Und damit im Programm von zwei Festivals, die dem Mainstream weniger Raum anbieten.

Festa de Margarette
Filmszene "Margaretes Fest"

Wenn brasilianische Filme im Ausland gezeigt zu werden, ist die Reaktion des Publikums positiv. Bei der Berlinale füllten "Die gelbe Mango" von Cláudio Assis, und "Mann des Jahres" von José Henrique Fonseca die Kinosäle. Der erste wurde mit dem Preis des Internationalen Verbandes der Filmkunsttheater als bester Film im Forum der Berlinale 2003 ausgezeichnet. „Da das europäische Publikum ständigen Zugang zu Filmen aus der ganzen Welt hat, kann es das brasilianische Kino auch einfach aufnehmen“, so der Regisseur Renato Falcão. Sein Film "Margaretes Fest" (ein sensibler stummer Schwarzweißfilm des Jahres 2002) war ebenso auf der diesjährigen Berlinale vertreten.

Brasilianische Wellen

Auch Patrícia Moran, die im Berlinale Kurzfilmwettbewerb mit "Plansequenz" konkurrierte, glaubt, dass es heute "im internationalen Markt Raum für alles gibt, von der experimentellsten bis hin zur offiziellsten Ästhetik". Das wichtigste, so Moran, „ist weiterhin zu produzieren, egal ob mit kleinem Budget oder mit der Rückendeckung ausreichender Finanzierung“.

Laut den brasilianischen Regisseuren, die bei der Berlinale anwesend waren, spiele die Vermarktung eine extrem wichtige Rolle. „Wenn Brasilien nicht darauf besteht, dass eine brasilianische Welle im Kino gestartet wird, die es beispielsweise zum iranischen Kino vor einiger Zeit gab, wird nichts passieren", warnt Renato Falcão.

Unterwelt und Kriminalität

Vor allem Filme die Gewalt in den Städten thematisiert, werden vom ausländischen Markt bevorzugt. Das Beispiel der Berlinale 2003 illustriert den Fall: Während "Die gelbe Mango" die Unterwelt der Metropole Recife in einer skurillen und surrealen Weise darstellt, thematisiert "Mann des Jahres" die Kriminalität der Peripherie Rio de Janeiros. „Die Gewalt bleibt in meinem Film in zweiter Stelle. Ich wollte keinen gewalttätigen Film drehen. Was mich am meisten beeindruckte, war ein normaler Mensch, der sein ganzes Leben durch die Umgebung beeinflussen lässt," so der Regisseur José Henrique Fonseca.