1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mitsubishi entschuldigt sich in Peking

Julian Ryall1. Juni 2016

Nach über 70 Jahren hat erstmals ein japanisches Unternehmen öffentlich Unrecht an chinesischen Zwangsarbeitern eingeräumt und den Opfern Entschädigung zugesagt. Die Übereinkunft wurde in Peking unterzeichnet.

https://p.dw.com/p/1IyQ4
Beijing ehemaliger Zwangsarbeiter bei Pressekonferenz zu Einigung mit Mitsubishi (Foto: picture-alliance/AP Photo/N. H. Guan)
Bild: picture-alliance/AP Photo/N. H. Guan

Das japanische Unternehmen Mitsubishi Materials Corp. hat mit drei ehemaligen chinesischen Zwangsarbeitern in Peking eine Vereinbarung unterzeichnet, die eine förmliche Entschuldigung des Unternehmens und finanzielle Entschädigung beinhaltet. Die Übereinkunft wurde bereits im August 2015 zwischen den Interessenvertretern von über 3700 chinesischen Staatsbürgern, die von Japan als Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden waren, und dem Unternehmen getroffen.

Neben der Entschuldigung verpflichtet sich Mitsubishi Materials, Teil des Mischkonzerns Mitsubishi, zur Zahlung einer Summe von 100.000 Yuan (rund 13.600 Euro) an jeden überlebenden Zwangsarbeiter beziehungsweise an die Angehörigen. Das Unternehmen sagt des weiteren zu, Gedenkstätten bei jenen Kohleminen zu errichten, die damals von dem Vorgängerunternehmen Mitsubishi Mining Corp. betrieben wurden. Des weiteren wird das Unternehmen einen Fonds gründen und einen Betrag einzahlen, um die Suche nach weiteren ehemaligen Zwangsarbeitern zu unterstützen, die von dem jetzigen Abkommen nicht erfasst werden.

2014 hatten ehemalige chinesische Zwangsarbeiter und ihre Angehörigen in der Provinz Hebei demonstriert und Klageschriften gegen Mitsubishi bei Gericht eingereicht (Foto: picture-alliance/Kyodo)
2014 hatten ehemalige chinesische Zwangsarbeiter und ihre Angehörigen in der Provinz Hebei demonstriert und Klageschriften gegen Mitsubishi bei Gericht eingereichtBild: picture-alliance/Kyodo

Entschädigung trotz anderslautender Rechtssprechung

Das Abkommen ist insofern bedeutsam, als sich jetzt erstmals ein japanisches Unternehmen zu einer Entschuldigung und zu Entschädigungszahlungen bereiterklärt hat, obwohl Japans oberstes Gericht die entsprechenden Forderungen bereits zurückgewiesen hatte. 2007 hatte Japans Verfassunsggericht entschieden, dass japanische Unternehmen nicht zu Entschädigungszahlungen an chinesische Staatsbürger verurteilt werden können. Der Grund: Peking habe 1972 auf alle Ansprüche seiner Bürger auf Wiedergutmachung verzichtet. Dies sei Teil des gemeinsamen Kommuniqués anlässlich der Normalisierung der bilateralen Beziehungen gewesen.

"Eben weil Pekings damals auf alle Entschädigungsforderungen im Interesse der bilateralen Beziehungen verzichtet hatte, ist dieser jetzige Schritt bedeutsam", sagt Shin Hae-bong, Professorin für humanitäres Völkerrecht an der Tokioter Aoyama Gakuin-Universität. "Auch angesichts der vielen Chinesen mit begründeten Ansprüchen gegen die japanische Regierung oder gegen japanische Unternehmen, und angesichts der langen Zeitspanne von über 70 Jahren, bis es zu einer solchen Übereinkunft kam, ist diese Übereinkunft besonders bedeutsam", sagt Shin Hae-bong gegenüber der DW. Es gebe jetzt die Hoffnung, dass sich weitere japanische Firmen zu Entschädigungszahlungen an frühere Zwangsarbeiter aus den ehemaligen Kolonien und besetzten Gebieten entschließen könnten.

Japan Oberster Gerichtshof in Tokio (Foto: picture-alliance/Kyodo)
Japans Verfassungsgericht in Tokio hat Entschädigungsansprüche ehemaliger chinesischer Zwangsarbeiter verneintBild: picture-alliance/Kyodo

Hoffnung auf weitere Vergangenheitsbewältigung Japans

Fast 40.000 Chinesen wurden zwischen 1943 und 1945 nach Japan verschleppt, als Maßnahme der japanischen Regierung, um einem zunehmenden Arbeitskräftemangel zu begegnen, während der Krieg mit unverminderter Härte weiterging. Besonders beim Bau, in den Schiffswerften und im Bergbau wurden Arbeitskräfte benötigt. Knapp 7000 dieser Zwangsarbeiter starben infolge von Krankheit, Erschöpfung oder durch Unfälle.

Tong Zeng, Sprecher des chinesischen Opferverbands, bewertet den freiwilligen Schritt von Mitsubishi positiv. "Wir fordern aber Japans Regierung und andere Konzerne auf, die Zwangsarbeiter eingesetzt hatten, die Firma Mitsubishi als Vorbild zu nehmen und ihre Rolle im Zweiten Weltkrieg gründlich aufzuarbeiten", sagt Tong gegenüber der chinesischen Agentur Xinhua.

Im Juli 2015 hatte sich Mitsubishi Materials als erste japanische Firma offiziell bei amerikanischen Kriegsgefangenen entschuldigt, die als Zwangsarbeiter im Bergbau eingesetzt worden waren. Firmen der Mitsubishi-Gruppe bezogen ihren Nachschub an Zwangsarbeitern unter anderem aus sechs Kriegsgefangenenlagern mit insgesamt über 2000 Gefangenen. Mitsubishi-Vertreter entschuldigten sich bei einer Zeremonie im Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles gegenüber dem 94-jährigen James Murphy, der 1942 auf den Philippinen gefangengenommen wurde, und anderen Überlebenden der wegen ihrer harten Bedingungen berüchtigten japanischen Kriegsgefangenenlager.