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Mittagessen um 9 Uhr

2. Oktober 2009

Eine Schule in New York hat eine ganz spezielle Methode entwickelt, um mit den steigenden Schülerzahlen zu Recht zu kommen. Die Schüler müssen dafür allerdings ihren Bio-Rhythmus umstellen.

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Fernschreiber Washington (Grafik: DW)
Bild: DW

Ein kleines Gedankenspiel, machen Sie einfach mit: Es ist 9 Uhr morgens. Sie sind seit etwa zwei Stunden wach, hatten ein Frühstück bestehend aus Kaffee und Cornflakes. Jetzt würden Sie gerne den Tag beginnen. Aber bevor Sie an die Arbeit dürfen, wird Ihnen folgendes vorgesetzt: Pommes, Waffeln, Hamburger. Sie wollen das alles um 9 Uhr noch nicht essen? Sollten Sie aber, denn vor 17 Uhr bekommen Sie nichts mehr und irgendwann werden Sie Hunger bekommen. Also rein mit dem Burger. Einfach nicht auf die Uhr schauen.

Das hört sich schrecklich an, ist aber Realität für mehrere tausend Schüler in New York City. Viele der renommierten öffentlichen Schulen haben ein absolutes Platzproblem. An der Francis Lewis High School in Queens zum Beispiel sind zwei Mal so viele Schüler angemeldet, wie das Gebäude eigentlich fassen kann. Also muss man sich irgendwie arrangieren.

Lernen und Essen in Schichten

Das von der Schulleitung entworfene Konzept sieht verschiedene Schichten vor. Die erste Schülergruppe beginnt den Unterricht um 7 Uhr, die letzte Gruppe darf erst um 19 Uhr nach Hause gehen. Die wohl größte Herausforderung kam mit der wachsenden Schülerzahl aber wohl auf die Schulkantine zu: Wie soll man alle Schüler satt bekommen?

Die einzige Möglichkeit sieht die Schulleitung auch hier in einem Rotationssystem. Die erste Gruppe bekommt um 8.57 Uhr ihr Mittagessen, die letzte erst um 14.46 Uhr. Sportunterricht findet auf dem Hof statt, bei schlechtem Wetter in den Fluren. Und immer noch sind die Klassen mit mehr als 34 Schülern bestückt. Die Spätschicht hat keine Möglichkeit, an den außerschulischen Aktivitäten teilzunehmen. Wenn der Basketballclub sich um 17 Uhr trifft, sind sie noch mit Mathe beschäftigt.

Das alles klingt nach einer Utopie von einer überbevölkerten Welt. Aber auch in der Flushing High School ist es mittlerweile normal, wenn Schüler auf dem Boden oder den Fensterbänken sitzen. Klassen mit 40 Kindern sind keine Seltenheit.

Das Ranking ist alles

Insgesamt sind mehr als 7200 Klassen in New York City größer, als der Vertrag der Lehrervereinigung es erlaubt. Trotzdem wurde das Budget der Schulen um 5 Prozent gekürzt und mehr als 1000 Lehrerstellen in der Metropole sind unbesetzt. Und viele Schulen, die in den Rankings nicht on top sind, melden Unterkapazitäten an.

Trotz dieser Bedingungen wollen immer mehr Eltern ihre Kinder zu diesen Schulen schicken. Viele Familien ziehen nur wegen der Schule in die Gegend, oder legen sich sogar Scheinadressen zu, um in den entsprechenden Einzugsbereich der populären Bildungseinrichtungen zu fallen. Bildung macht sich hier am Ruf der Schule fest, nicht etwa an den Bedingungen für die Schüler.

Die Schüler haben sich an die überfüllten Gänge gewöhnt. Und auch, wenn viele sich erst mit dem frühen (oder späten) Mittagessen schwer taten, hat sich eins nicht geändert: Egal, um welche Uhrzeit, das absolute Lieblingsessen ist und bleibt sowohl um 9 Uhr, wie auch um 15 Uhr immer French Fries. Dann einen gesunden Start in einen lehrreichen Tag!

Autorin: Isabelle Schaefers, Washington

Redaktion: Kay-Alexander Scholz