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Mittelstand ohne Nachfolger

Klaus Deuse (iw)17. Februar 2009

Das Rückrat der deutschen Wirtschaft bildet der Mittelstand. Viele dieser Familienunternehmen stehen bald vor Nachfolgeproblemen. Die Kinder der Unternehmer lassen sich lieber auszahlen, als die Leitung zu übernehmen.

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Stirbt der Inhaber, kann das für die Firma das Aus bedeutenBild: BilderBox

Auch wenn jeder sie kennt, die großen deutschen Konzerne wie Siemens, BASF oder Deutsche Telekom – Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden nicht die ganz großen Unternehmen, sondern mittelständische Familienbetrieben. Rund 80 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind solche Familienbetriebe und sie beschäftigen zwei von drei Arbeitnehmern. Außerdem bilden sie fast 80 Prozent der Lehrlinge aus und erwirtschaften über 40 Prozent aller steuerpflichtigen Aufkommen.

Maschinenbau Mittelstand (Quelle: )
Maschinenbauer sind meist mittelständische UnternehmenBild: picture-alliance /ZB

So unterschiedlich diese Firmen auch sind – die meisten von ihnen haben das gleiche Problem: Die Nachfolge. In den kommenden fünf Jahren erreichen bei etwa 300.000 der deutschen mittelständischen Unternehmen die Inhaber das Rentenalter. Und bei jeder dritten Firma ist die Nachfolge noch nicht geregelt, so eine Untersuchung der Deutschen Bank.

Lieber Bargeld als Firmenleitung

Der Familiennachwuchs fühlt sich nicht automatisch berufen, in die Fußspuren der Väter zu treten, stellt Thorsten Groth vom Institut für Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke nüchtern fest. „Wir beobachten, dass junge Nachfolger immer weniger bereit sind, die Nachfolge anzutreten, weil sie bestrebt sind, immer mehr ihr eigenes Leben zu leben.“

Testament (Quelle: dpa)
Die Erben müssen ausbezahlt werdenBild: picture-alliance/dpa

Und wenn der Nachwuchs keine Neigung zeigt, Verantwortung für das Familienunternehmen zu übernehmen, dann kann das für das Unternehmen, wenn Pflichtanteile ausgezahlt werden müssen, sogar das Aus bedeuten. Die Firmen bekämen dann häufig große Liquiditätsprobleme, weil den Erben 20 bis 30 Prozent am Unternehmenswert zustehen, der ausgezahlt werden müsse, sagt Groth. „Soviel Liquidität hat kaum ein Unternehmen. Folglich kann die Auszahlung der Erben zum Verkauf des Unternehmens führen.“

Nachfolger durch Adoption

Erbschaftssteuer in Deutschland
Erbschaftssteuer schreckt so manchen Erben abBild: picture-alliance/chromorange

Einige Firmeninhaber adoptieren einfach den zukünftigen Nachfolger und halten so das Unternehmen im weitesten Sinn im Familienbesitz. Unter ihnen: Johann Diederich Neuhaus aus Witten. „Wenn die eigenen Kinder nicht passen, dann sollte man einen Fremden als Nachfolger nehmen.“ Dem Senior, der sich inzwischen zurückgezogen hat, gehören noch 30 Prozent der Unternehmensanteile. Sein adoptierter Nachfolger, Wilfried Neuhaus-Galadee, führt als geschäftsführender Gesellschafter mittlerweile stolz die Tradition fort. Und die reicht 263 Jahre zurückreicht. Seit 1745 ist die Firma in der 7. Generation in Gründerhand. Ein erfolgreiches Unternehmen, das spezielle Hebedruckluftzeuge für Erdöl-, Erdgas- und Geothermiebohrungen für Abnehmer aus aller Welt herstellt.

Kein Ausnahmefall, wie das Institut für Familienunternehmen an der Uni Witten/Herdecke festgestellt hat. Doch nicht immer lässt sich eine familieninterne Nachfolge so reibungslos regeln. Die Reform der Erbschaftssteuer beispielsweise, räumt Thorsten Groth von der Uni Witten/Herdecke ein, lässt so manchen Nachfolger zögern. Das vererbte Unternehmen zehn Jahre lang ohne Abbau von Arbeitsplätzen oder Kapitaleinschnitte weiterzuführen, um von der Erbschaftssteuer befreit zu bleiben, das gilt in Zeiten der Krisen schlichtweg als ein unkalkulierbares Risiko.