1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mobiltelefon als Multimedium

Detlev Karg14. März 2002

Auf der Cebit tobt ein Glaubenskrieg: Wer integriert die meisten Funktionen auf einem Gerät, das bequem in die Hosentasche passt? Mobiltelefone sind auf dem Weg zum Kleinstcomputer.

https://p.dw.com/p/1z4f
Neues Handy von MotorolaBild: AP

Mit Hochdruck arbeiten die Anbieter von Mobiltelefonen daran, ihre Geräte mit immer mehr Funktionen auszurüsten. Nicht ohne Grund, droht ihnen doch von Seiten der Handheldhersteller eine gefährliche Konkurrenz. Mobiler, kleiner und am besten unsichtbar, so sollten laut Siemens Mobilfunk-Chef Peter Zapf Handys künftig beschaffen sein. "In Sachen Miniaturisierung sind wir noch längst nicht an die Grenze gestoßen", sagte er auf der Cebit 2002 in Hannover. Eine der größten Herausforderungen sei es dabei, dass die Kunden so wenig wie möglich mit der Technik zu tun hätten. Eine klare Zielvorgabe: Nur durch einfache Bedienung lassen sich Kundenschichten erreichen, die heute noch auf das Handy verzichten, weil es ihnen zu kompliziert erscheint.

Siemens hat bereits vor der Cebit das M50-Telefon vorgestellt. Das besondere daran: Es läuft unter der Programmiersprache Java. Warum Siemens diese aus der Computerwelt kommende Sprache auf einem Handy integriert hat, zeigt sich bei den neuen Funktionen: Videoclips und Bilder zeigt das winzige Display an. Außerdem wird ein so genannter Instant Messenger dafür sorgen, das der Besitzer des kleinen Gerätes via Internet stets mit seinen Chat-Partnern verbunden sein kann. Die Online-Welt von daheim wandert auf das Telefon. Ob dies für den Einzelnen Sinn macht, steht dabei nicht zur Debatte. Wichtig ist: Mehr Spaß und Unterhaltung sollen das Interesse beim Publikum wecken und wachhalten.

Der Computer auf dem Telefon

Das M50 arbeitet nach dem GPRS-Standard (General Packet Radio Service), der nun den heute üblichen und langsameren GSM-Standard ablöst. Auch für das kommende ultraschnelle UMTS (Universal Mobile Telecommunications Service) gibt es erste Telefone, auch wenn die Netze frühestens ab 2003 in Betrieb gehen. Ein so genanntes Triband-Gerät für UMTS hat als erster Hersteller die US-Firma Motorola in Hannover vorgestellt. Denn das A820, ebenfalls unter der Java-Sprache, funktioniert mit den beiden europäischen ebenso wie mit dem amerikanischen 1900-MHz-Mobilfunk.

Für künftige Multimedia-Anwendungen hat Motorola das Handy mit einem farbigen Display ausgestattet. Das Abspielen von Live-Videos und und Live-Musik (Streaming) beherrscht das Handy ebenfalls. Eine als Zubehör angebotene Kamera lässt sich aufstecken, und fungiert ist das Handy als Videorecorder und Fotoapparat. Diese Dateien lassen sich wiederum per MMS (Multimedia Message Service) an Freunde versenden. Der Internetzugang ist ebenso selbstverständlich wie die drahtlose Anbindung an Computer und Notebooks. Damit zeigt das A820 die Richtung, die die Mobilfunkindustrie vorgibt. Sie heißt Verschmelzung bisher getrennter Techniken. So viel Technik kostet Batteriestrom. Derzeit zwei Stunden lang lässt sich mit dem Lithium-Polymer-Akku telefonieren, das ist weniger als bei heutigen Handys mit ihren eher spartanisch anmutenden Funktionen. Das A820 soll im dritten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen.

Auch der finnische Hersteller Nokia setzt auf Multifunktionalität und hat sein neues Handy 3410 mit Java programmiert. Darauf lassen sich die eingegangene Fotos nicht nur betrachten, sondern mit einem Bildeditor sogar bearbeiten. Es soll im Verlauf des zweiten Quartals erhältlich und das erste javafähige Handy für den Massenmarkt sein. Mit anderen Worten: Die Finnen setzen auf weniger Luxus und dafür mehr auf Spiele, um jugendliche Käufer zu erreichen. Mit dem 3410 können die Spiele wie auf den PC heruntergeladen werden. Das 3510 bietet dem Kunden neben GPRS auch polyphone Klingeltöne und MMS. Es wiegt dabei nur 105 Gramm.

Konkurrenz aus Japan mischt den Markt auf

Während GPRS sich anschickt, den Massenmarkt zu erobern, und UMTS noch Zukunftsmusik ist, schafft i-Mode bereits Fakten auf dem Mobilfunkmarkt. Das schnelle Internet via Handy ist 30 Mal schneller als ISDN und feiert in Japan Riesenerfolge. 30 Millionen Menschen nutzen das System dort bereits. In Deutschland und bald auch in Europa bietet E-Plus nun i-Mode an. Einer der ersten Hardwarelieferanten ist die japanische NEC Corporation, die in Hannover das klappbare NEC n21 i vorgestellt hat. Das farbige Display ist mit seiner Höhe von 4,2 Zentimetern größer ist als bei üblichen Telefonen. Allerdings zeigt sich auch hier, dass die bunte neue Welt Strom kostet, der eben nicht aus der Steckdose, sondern aus einem Akku kommen muss. Nach wenigen Sekunden ohne Tastendruck schaltet das Handy deshalb aus Spargründen die Hintergrundbeleuchtung ab.

Zahlreiche Symbole sollen den Telefonierer durch die bunte i-Mode-Welt schleusen, doch nicht immer erschließt sich ihre Bedeutung auf den ersten Blick. Praktisch ist die Navigation per Zahleneingabe. Jeder Menüpunkt hat eine eigene Nummer, so dass man ihn schnell erreichen kann. Auch der japanische Hersteller Toshiba hat in Hannover angekündigt, bald i-Mode-Handys in Europa anzubieten.