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Mode in der DDR

7. Juli 2009

Wer in der DDR cool sein wollte, brauchte eine Nähmaschine. Die Klamotten in den Läden waren untragbar einheitlich. Und das, was die Kreativen dann erfanden, steht heute im Museum.

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Model: Julia Koberstein © Ute Mahler /
Sommermode 1979Bild: Ute Mahler

Die offizielle Mode in der DDR, die es in den Läden zu kaufen gab, wurde nach den Direktiven der Regierungspartei SED entworfen und verkauft. Sie war billig produziert, entsprach einem Einheitslook und war deswegen für viele Jugendliche nicht tragbar.

Jürgen Hohmuth Gruppenbild von ccd, 1984 © Jürgen Hohmuth
Bild: Jürgen Hohmuth

DDR Underground-Modelabels wie chic, charmant und dauerhaft (ccd) protestierten gegen die offizielle Modepolitik indem sie ihre Mode selbst nähten. Daraus entstand Kleidung, die schräg, verrückt und einzigartig war und oft nur illegal in maroden Hinterhöfen gezeigt wurde.

Sven Marquardt Allerleirauh, 1989 Portrait: Antje v. Bergen © Sven Marquardt
Bild: Sven Marquart

Um eine individuelle und sinnliche Mode zu kreieren, experimentierte man mit alternative Stoffkombinationen, wie Erdbeerabdeckfolie, Ziegenmembran, einem in der DDR recht gut erhältlichen Veloursleder, oder aber auch mit Windeln und Duschvorhängen.

Mode in der DDR war ein Statement, bedeutete Haltung und war nie frei von einer politischen Dimension. Wer selbst genähte Sachen trug, hat sich seine eigene Individualität zurückerobert, und die DDR-Realität auf höchst subtile Weise kommentiert.

Sven Marquardt Portrait: Robert Paris, 1988
Bild: Sven Marquardt
Tina Bara aus: maud-ines 1989
Bild: Tina Bara

Der DDR Mode Underground war von Frauen dominiert. Obwohl die DDR sich nach außen sehr emanzipatorisch und die Frauen als gleichberechtigt darstellte, sah die Realität anders aus. Der Mode Underground setzte damit letztlich das um, was die SED – Genossen vorgaben aber selbst nie erfüllten.

Roger Melis Sommermode von „Exquisit“ 1982 für „Sibylle“ Model: Maren Schumacher © Roger Melis
Bild: Roger Melis

In der Ausstellung "In Grenzen frei" kommt auch der Mode-Mainstream zu Wort. So wurden in den luxuriösen „Exquisit“- Läden Mode verkauft, bei der eine Hose auch mal 1100 DDR Mark kostete, was ungefähr dem Gehalt eines Chefarztes entsprach. Gezeigt wurde diese offizielle DDR Luxus Mode, die ebenfalls aus dem Einheitslook heraus fiel, in der „Sibylle“, der „Vogue“ des Ostens. Hier arbeiteten namhafte DDR - Fotografen, die, allerdings auch die Underground Szene fotografisch begleiteten.

Sibylle Bergemann Portrait Katharina Reinwald
Bild: Sibylle Bergemann, 1989

Die Models in der DDR waren eine große Familie. Sie waren alle Laien. Man kannte sich, konkurrierte nicht und verdiente um die 50 DDR-Mark für ein Shooting. Dass sie Vollprofis waren, beweist, dass einige von ihnen nach der Wende auf den Shows und Catwalks großer Modekonzerne liefen.

Die Ausstellung IN GRENZEN FREI im Berliner Kunstgewerbemuseum gibt zum ersten Mal einen sehr persönlichen Einblick in die DDR Underground Mode Szene. Sie erinnert an die hervorragende DDR-Modefotografie und präsentiert Modekreationen, die noch heute in der Avantgardeszene für großes Aufsehen sorgen würden. Neben den 150 Aufnahmen bedeutender DDR Fotografen, sind originale Modellkleider von "Allerleirauh" und "Exquisit" zu sehen.

Frieda von Wild, Berlin Friedrichstraße 1982
Bild: Frieda von Wild, 1982

Autor: Christoph Richter

Redaktion: Marlis Schaum