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Unter Polizeischutz

Kathrin Erdmann24. November 2008

Die Augen weit aufgerissen, buschige Augenbrauen, Vollbart und auf dem Kopf einen Turban mit einer Bombe. Diese Mohammed-Zeichnung des Dänen Kurt Westergaard sorgte 2005 in der islamischen Welt für monatelange Empörung.

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Noch immer unter Polizeischutz: der dänische Karikaturist Kurt WestergaardBild: picture-alliance/ dpa

Vor drei Jahren hat sich das Leben von Kurt Westergaard komplett verändert. Seine Zeichnung von Mohammed mit einer Bombe als Turban hatte in der islamischen Welt mit für die meiste Empörung gesorgt. Dänische Flaggen wurden öffentlich verbrannt, diplomatische Beziehungen eingefroren, dänische Produkte boykottiert. Und die meisten der Zeichner von damals wollen heute nicht mehr darüber sprechen, denn sie haben immer noch Angst.

Leben in einer Festung

Mohammed Zeichnungen Demonstration gegen Dänemark in Pakistan
Im Januar 2006 eskalierten die anti-dänischen Proteste in der arabischen WeltBild: AP

Auch Westergaard, der Karikaturist der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten", musste untertauchen, und daran hat sich bis heute wenig geändert: Er lebt noch immer unter dem Schutz des dänischen Geheimdienstes PET und der dänischen Polizei. Erst im Februar dieses Jahres konnte ein Anschlag auf Westergaard vereitelt werden. Drei Männer wurden damals festgenommen. Insgesamt neun Mal ist er seit der Veröffentlichung der Karikaturen umgezogen. Und auch in seinem jetzigen Haus lebten seine Frau und er unter ständiger Beobachtung, berichtet der mittlerweile 73-jährige. Es sei wie in einer Festung, an den Außenmauern wurden Kameras zur Überwachung angebracht, alle Türen seien mit Stahl verstärkt worden, und das Badezimmer sei jetzt ein Schutzraum.

Zu alt für Angst

Dänemark Zeichner von Jyllands Posten Kurt Westergaard
Die "Jyllands Posten" ist noch heute Westergaards ArbeitgeberBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Trotz seines hohen Alters geht Westergaard noch immer regelmäßig zur Arbeit. Und auch den Weg zum Einkaufen lässt er sich nicht nehmen. Doch egal, wohin der Zeichner geht, ein Bodyguard ist immer in der Nähe. Mit der immer präsenten Gefahr, Opfer eines Anschlags zu werden, hat er seine eigene Art des Umgangs gefunden. "Ich habe mit Wut reagiert," erzählt Westergaard, "und das ist ein sehr gutes Gefühl, wenn man bedroht wird. Es bedeutet, dass man fühlt, dass man zurückschlägt." Und dann, berichtet er weiter, habe er gegenüber seinen ebenfalls bedrohten Kollegen zumindest einen Vorteil: "Ich bin 73 Jahre alt, und in diesem Alter hat man eben nicht mehr so viel Angst."

Zeichnungen nie bereut

Nach wie vor wenig Verständnis empfindet Westergaard für die Proteste und ihre Folgen, die durch die Mohammed-Karikaturen vor drei Jahren ausgelöst wurden. Seine Zeichnung hat er jedenfalls nie bereut. Schließlich müsse man als Zeichner Satire verwenden düfen. Außerdem sei gerade Dänemark ein Land, das sehr viel für die Integration von Ausländern getan habe. Aber trotzdem müsse doch auch weiter die Presse- und Meinungsfreiheit gelten, denn sie sei ein hohes Gut, sagt Westergaard. Der Frage, ob er eine solche Zeichnung nochmals anfertigen würde, weicht Westergaard trotzdem lieber aus. Dennoch sieht er nicht sich als Schuldigen der Eskalation, sondern vielmehr die Fanatiker, die den Islam für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. Und in dieser Meinung weiß er die Mehrheit der Dänen hinter sich. Auch unter den überwiegend gemäßigten dänischen Muslimen sind die Mohammed-Zeichnungen kein Thema mehr. Schließlich seien es nur Karikaturen, mehr nicht.