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MOL erhält Zuschlag bei INA

22. Juli 2003

– Ungarische Ölkonzern kauft 25 Prozent der Aktien am kroatischen Ölkonzern – Regierungschefs beider Länder begrüßen Abkommen

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Budapest, 21.7.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

Der ungarische Ölkonzern MOL ist seinem Ziel, Marktführer in Mitteleuropa zu werden, wieder einen Schritt näher gerückt. Am Donnerstag (17.7.) unterzeichneten Vertreter des Unternehmens und der Regierung in Zagreb einen Vertrag über den Erwerb von 25 Prozent plus einer Aktie am kroatischen Ölkonzern INA. Der Zeremonie in Zagreb wohnten auch Ungarns Premier Péter Medgyessy und Kroatiens Ministerpräsident Ivica Racan bei.

MOL erhält für 505 Millionen Dollar nicht nur ein Viertel des Aktienpakets, sondern auch das Vorkaufsrecht für weitere 65 Prozent des Unternehmens und insgesamt strategische Vorteile in der Region gegenüber den Mitbewerbern. Finanziert werden soll der Erwerb MOL zufolge aus eigenen Ressourcen und bereits gebundenen Krediten. Schon am Mittwoch (16.7.) hatte Racan gesagt, dass die kroatische Regierung MOL den Zuschlag erteilen werde. Die Ungarn hatten 85 Millionen Dollar mehr als Hauptkonkurrent OMV (österreichischer Öl-, Gas- und Chemiekonzern – MD) geboten.

Waren Analysten und vor allem Anleger zunächst über den hohen Preis erstaunt, den MOL bereit ist, für INA zu zahlen, so wird inzwischen in Anbetracht des Zuwachses an Potenzial und der Synergieeffekte von einem realen Preis ausgegangen. Attila Vágó, Analyst der ungarischen Brokerfirma Concorde, betrachtet den Preis sogar als günstig. Er schätzte den Wert der INA 1999 auf 2 bis 2,5 Milliarden Dollar, wobei deren Kreditbestand seither deutlich reduziert wurde. Daher sei die kroatische Gesellschaft den Preis wert.

Mit dem Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie erhält MOL ein Vetorecht, was bedeutet, dass die Ungarn die Kontrolle über die INA erlangen. Im vergangenen Jahr produzierte INA 1,34 Millionen Tonnen Rohöl und 1,8 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Ihre Raffinerien stellten 5,03 Millionen Tonnen an petrochemischen Produkten her - das ist in etwa die Hälfte des MOL-Volumens.

Durch den Erwerb des Aktienpakets von der kroatischen Regierung verfügt MOL über eine äußerst gute Position auf dem Markt für Ölprodukte in Mitteleuropa, zumal sich der Einflussbereich der Ungarn somit von der Adria bis hin zu den baltischen Staaten erstreckt. Mol ist damit Marktführer in Ungarn, Kroatien und der Slowakei. Zugleich verfügt die Gesellschaft über starke Positionen in Tschechien und Bosnien-Herzegowina. Zusammen mit der slowakischen Slovnaft und dem Unternehmen TKV entstand ein vertikal integrierter Öl- und Gasindustrie-Verbund, der über Raffineriekapazitäten von 450.000 Barrel pro Tag und mehr als 1200 Tankstellen in neun Ländern verfügt. Seine Jahresproduktion übersteigt rund drei Millionen Tonnen Erdöl und fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas. Strategisch so in eine günstige Position versetzt, kann MOL jetzt seine weiteren Expansionen planen. In Serbien hat man im Konsortium mit der slowenischen Petrol den Erwerb der Beopetrol anvisiert, in Tschechien den Erwerb von 62,99 Prozent der Unipetrol. Aber auch die alten Pläne in Polen, der Erwerb der Rafineria Gdanska und eines Aktienpakets von 17,58 Prozent der PKN Orlen (polnische Mineralkonzern – MD), werden nun wieder aktuell.

Der Zuschlag für MOL hat auch das Kräfteverhältnis zwischen den drei größten Mineralölkonzernen der Region, OMV, PKN Orlen und MOL, neu definiert. Dabei wird von einigen Experten der Erwerb der INA durch MOL nur als vorläufiges Bereinigen ihres Kräfteverhältnisses betrachtet. Letztlich werden alle drei Unternehmen Opfer eines Aufkaufs oder sie fusionieren miteinander zum größten Mineralölkonzern Mitteleuropas.

So könnte ein Ölkonzern europäischen Ausmaßes entstehen, der mit einem Einkommen von 12,6 Milliarden Dollar nach Shell, BP, TotalFina, Elf, ENI, Repsol und Norsk Hydro den siebten Platz in Europa einnehmen würde. Das Potenzial des neuen Konzerns würde sich über zehn Raffinerien und 4000 Tankstellen von Kroatien über Deutschland bis in die GUS-Staaten erstrecken. Wenn PKN eine Beteiligung an der Raffinerie Leuna erwirbt, steigt die Zahl der Raffinerien sogar auf elf. Die Verarbeitungskapazität dieses Großunternehmens würde 34,5 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr betragen. Bis es jedoch soweit sein wird, muss Mol zunächst einmal den Erwerb von INA verkraften und die nächsten Privatisierungsrunden in der Region überstehen. (fp)