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Geduld gefragt

12. Juni 2008

Präsident Filip Vujanovic erklärt der Deutschen Welle, warum Montenegro den Antrag auf Aufnahme in die Europäische Union zunächst verschoben hat – trotz des enormen Interesses an einem raschen EU- und NATO-Beitritt.

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Präsident setzt auf euro-atlantische IntegrationBild: picture-alliance/ dpa

DW-Serbisch: Warum hat Montenegro nicht wie angekündigt während des EU-Ratsvorsitzes von Slowenien einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt?

Filip Vujanovic: Ein Antrag macht Sinn, wenn Sie wissen, dass er in jedem Fall bewilligt wird. Wenn bei Treffen mit offiziellen Vertretern aus Brüssel und mit EU-Mitgliedstaaten erklärt wurde, dass es klug sei, mit dem Antrag zu warten, dann müssen Sie diese diplomatische Botschaft verstehen. Ich glaube nicht, dass es außerordentlich wichtig ist, ob wir jetzt oder in drei, vier Monaten den Antrag stellen. Außerdem glaube ich, dass dieser Frage zu viel Bedeutung beigemessen wird und sie zum Teil einer politischen Debatte wurde, die inhaltlich keinen Sinn macht.

Haben Ihnen die Partner in der EU erklärt, warum es nicht klug sei, im Augenblick einen Aufnahmeantrag zu stellen? Vielleicht weil die von der EU geforderten Kriterien wie der Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität oder der Aufbau einer effizienten Verwaltung noch nicht erfüllt worden sind?

Nein, sondern weil jetzt ernsthafte Prozesse innerhalb der EU im Vordergrund stehen. Die Umsetzung des Reformvertrages von Lissabon ist sehr wichtig. Die Beziehungen innerhalb der EU sind jetzt sehr wichtig. Ich glaube, dass es wichtig ist für diejenigen, die Teil der europäischen Familie werden wollen, die Prioritäten dieser europäischen Familie zu achten.

Wird Montenegro bis Jahresende den Aufnahmeantrag stellen?

Wir glauben, dass wir bis Jahresende den Antrag stellen sollten. Ich bin mir sicher, dass unser Warten von Seiten der EU als korrektes Verhalten aufgefasst wird. Die EU wird den Grad unserer Integrationsprozesse berücksichtigen und den Aufschub als Akt eines Partners verstehen, der ihre Abläufe verstanden hat.

Welches Interesse hat Montenegro an einem NATO-Beitritt?

Ein enormes wirtschaftliches Interesse. In allen Staaten, die der NATO beigetreten sind, hat sich der Umfang der ausländischen Investitionen ums Mehrfache erhöht, weil das Kredit-Rating des Landes gestiegen ist. Es gab Steigerungen von bis zu 300 Prozent. Auch das politische Interesse ist wichtig, weil die Mitgliedstaaten engen Kontakt haben. Und schließlich der Sicherheitsaspekt. Ich glaube aber auch, man muss den Bürgern erklären, dass die NATO nicht nur eine Sicherheitsorganisation ist. Die wirtschaftlichen und politischen Vorteile müssen ebenfalls erklärt werden.

Würden sich durch einen NATO-Beitritt Montenegros die Beziehungen zu Russland verschlechtern?

Nein, auch der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, dass die Entscheidung bei Montenegro liege. Bei keiner Begegnung habe ich in dieser Hinsicht das geringste Ressentiment empfunden. Keinen unserer Freunde kann diese Art der Integration stören. Und die Russen sind unsere Freunde.

Das Interview führte Vesna Rajkovic