Monti rückt von Merkel ab
17. Juni 2012Wenn sich ein Land mit hoher Staatsverschuldung für eine europäische Wachstumspolitik einsetze, bedeute das nicht notwendigerweise, dass es "nach Deutschlands Geld trachtet", sagte Monti in Bologna. Der Regierungschef betonte, Italien werde seine Krise aus eigener Kraft bewältigen: "Wenn es Italien schafft, dann nicht, weil Angela Merkel es sagt."
"Wieder in der Krise"
Gleichzeitig zeichnete Monti ein düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage Italiens. "Wir waren schon vom Abgrund zurückgetreten", sagte der Ministerpräsident. "Das Loch wird aber größer und droht uns zu verschlingen. Wir stecken wieder in einer Krise." Nur Stunden zuvor, hatte die Regierung des früheren EU-Kommissars ein Maßnahmenpaket für Wachstum und Entwicklung beschlossen.
Dennoch gingen am Samstag (16.06.2012) zehntausende Bürger aus Protest gegen die Sparpolitik Montis auf die Straße. Allein in Rom beteiligten sich nach Angaben der Gewerkschaften rund 200.000 Menschen an einer Demonstration. Die Chefin der Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso, forderte von Monti einen politischen Kurswechsel, "ohne den das Land keine Perspektiven" habe. Die bisherige Sparpolitik habe die "Ungleichheit" nur verschärft, sie liefere keine Antworten auf drängende Probleme wie etwa die Arbeitslosigkeit. In Bologna kam es bei den Protestaktionen zu Ausschreitungen. Hunderte Demonstranten warfen mit Eiern, Tomaten, Glasflaschen und sogar Bratpfannen. Nach Polizeiangaben wurden zehn Beamte verletzt.
Monti hat das Amt des Ministerpräsidenten im November von Silvio Berlusconi übernommen und führt seitdem eine überparteiliche Technokratenregierung. Sie hat ein Sparprogramm in Angriff genommen, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und einen Zusammenbruch wie in Griechenland zu verhindern. Dennoch schwindet mehr und mehr die Unterstützung der Bürger für Monti. Nach einer neuen Umfrage sind noch 33 Prozent der Italiener mit der Arbeit des Regierungschefs einverstanden. Beim Amtsantritt Montis im vorigen November wurde er noch von 71 Prozent für gut befunden. Am Freitag wird der Ministerpräsident in Rom Kanzlerin Merkel, den französischen Präsidenten Francois Hollande und den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy zu Beratungen über die Euro-Krise empfangen.
wl/gri (dpa, afp, dadpd, rtr)