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Morgen kommt der Weihnachtsmann...

Bernd Riegert, Brüssel21. Dezember 2005

Was hat der Präsident des Europäischen Rates mit dem Weihnachtsmann gemeinsam? Richtig, er bringt milde Gaben!

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Der EU-Weihnachtsmann ist im Moment Tony Blair, der britische Premierminister. Und der hat, laut amtlicher Angaben aus dem britischen Außenministerium, 735.000 Euro im letzten Jahr für Geschenke ausgegeben. Für 375.000 Euro brachte die britische Ratspräsidentschaft Kugelschreiber und Notizblöcke unters europäische Volk. Weitere 360.000 Euro gingen für modische Halstücher, geschmacklose Krawatten, Anstecknadeln und anderen Krimskrams mit dem britischen Präsidentschaftslogo drauf. Wer bekommt die vielen Geschenke?

Bademäntel und Whiskey

Wir Journalisten auf jeden Fall nicht mehr, denn die früher üblichen Überraschungstüten bei Gipfeltreffen, die Berichterstatter milde stimmen sollten, wurden von der luxemburgischen Präsidentschaft zum Juni-Gipfel 2005 abgeschafft. Premierminister Jean-Claude Juncker kam sich als Gabenbringer etwas dämlich vor, zumal eine Zeitung ihn wegen der großzügigen luxemburgischen Präsente heftig und hämisch kritisiert hatte. Im März hatte Luxemburg nämlich noch MP3-Player verteilt. Zuvor hatte es von den Niederlanden Bademäntel, kitschiges Porzellan, klebrige Waffeln und von den Iren Whisky und Halstücher gegeben.

Die Sparmaßnahme des vergrätzten Jean-Claude Juncker kam aber nicht dem luxemburgischen Staatssäckel zu gute, sondern einem guten Zweck. Juncker ließ die gesparten Tausender spenden.

Für die besondere Gelegenheit...

Die Briten beschenkten nur noch Delegationen und nicht mehr die Masse der Gipfeljournalisten, sondern nur noch Teilnehmer an ausgewählten Veranstaltungen. Bei den Entwicklungshilfeministern gab es Schreibgeräte, beim Dialog mit den Mittelmeerländern einen potenten Memory-Stick.

Wie weihnachtsmannisch die künftige österreichische Präsidentschaft gestimmt sein wird, ist noch unklar. Aus deutschen EU-Kreisen heißt es, Deutschland bereite sich Geschenk-technisch bereits auf seine Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 vor. Eine Kommission sucht in Berlin nach passenden Give-aways (EU-Deutsch für Goodies), die nicht mehr als zehn Euro kosten dürfen und für den größten Mitgliedsstaat nicht zu protzig oder provinziell wirken.

Ganze Sammlungen

Erfahrene Gipfeljournalisten in Brüssel sind ganz froh, dass die Geschenkeflut ein wenig eingedämmt wurde. Manche haben nach Jahren der wechselnden Präsidentschaften ganze Sammlungen von Präsidentschaftstaschen und Zubehör zusammen getragen. In den Straßen Brüssels sieht man ab und an noch die schrillorange Krawatte der Luxemburger oder das bläulich-schillernde Modell aus Italien.

Bleibt die Frage, was der Geschenkzirkus überhaupt bewirken soll: Glauben die Präsidentschaften wirklich, dass billige Proviantbeutel (made in China) die Journalisten milde stimmen? Wohl kaum. Wahrscheinlich ist das Ganze ein lieb gewonnenes (teures) Ritual wie ...das Weihnachtsfest? Da kennt ja mancher auch den Sinn nicht mehr.