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EU unterstützt Moldau

20. April 2010

Vor fast einem Jahr kam in der Republik Moldau die Allianz für Europäische Integration an die Macht. Wie sind heute die Beziehungen zur EU und zu Russland? Die DW sprach mit dem amtierenden Präsidenten Mihai Ghimpu.

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Portrait von Mihai Ghimpu (Foto: AP)
Mihai Ghimpu: Beziehungen zur EU haben sich verbessertBild: AP

DW-WORLD.DE: Herr Ghimpu, bald ist es ein Jahr her, dass die Allianz für Europäische Integration von den Kommunisten die Macht im Lande übernahm. Haben sich seitdem die Beziehungen der Republik Moldau zur Europäischen Union verbessert?

Mihai Ghimpu: Natürlich! Dies bestätigt die Unterstützung, die unsere Republik von der EU erhält. Wenn wir Reformen nicht vorantreiben würden, würde diese Unterstützung auch nicht gewährt. Wir haben ein Programm der Allianz für Europäische Integration angenommen und setzen es im Einklang mit europäischen Standards und Normen um. Wir haben den Bürgern Meinungsfreiheit gegeben, auch ein echtes öffentlich-rechtliches Fernsehen, das die Bürger informiert und nicht die öffentliche Meinung manipuliert. Wir haben Monopole in der Wirtschaft abgeschafft, so beim Export von Wein und anderen alkoholischen Getränken. Wir haben eine Justiz-Reform eingeleitet.

Parlamentsgebäude in Chisinau (Foto: DW)
Parlament in Chisinau leitet Justiz-Reform einBild: DW/ Slavkovic

Vielleicht funktioniert nicht alles so, wie es sollte, aber wir hatten eben sehr wenig Zeit. Dennoch, die EU behandelt die Republik Moldau gut, und dies wurde wiederholt bei Treffen von Mitgliedern der moldauischen Regierung mit EU-Vertretern in Chisinau und Brüssel betont. Die EU sieht, dass die jetzige Regierung das umsetzt, was sie ankündigt. Aber es braucht Zeit, bis die Menschen die Auswirkungen der eingeleiteten Reformen spüren.

Vor kurzem haben Sie erklärt, die Republik Moldau könnte der NATO beitreten. Bedeutet dies, dass Ihr Land auf den in der Verfassung verankerten Status der Neutralität verzichten könnte?

Das Programm der regierenden Allianz und das der Regierung unterstützt die Neutralität der Republik Moldau. Wenn aber im Fall eines EU-Beitritts der Republik Moldau die EU die selbe Position vertreten wird, wie bei allen Ländern, die ihr nach 1990 beigetreten sind – also eine EU-Mitgliedschaft erst nach einer NATO-Mitgliedschaft - dann entsteht natürlich die Frage: Was tun wir? Neutraler Staat bleiben oder nicht? Diese Frage werden die Bürger diskutieren. Wenn sie entscheiden, die Neutralität abzuschaffen und der NATO beizutreten, dann wird es so kommen, weil der Wunsch des souveränen Volkes der Regierung Befehl ist.

Aber heute stellt niemand diese Frage in den Vordergrund, weder die moldauische Regierung noch die EU. Gegenwärtig ist es unsere Aufgabe, "Europa" bei uns zu Hause aufzubauen, ein Leben nach europäischen Standards. Dann wird man weitersehen.

Sie sind Führer einer Partei, die eine Vereinigung der Republik Moldau mit Rumänien befürwortet. Und in der Tat, das offizielle Chisinau besteht nicht mehr auf der Unterzeichnung eines Grenzabkommens mit Rumänien, das hatte die kommunistische Vorgängerregierung ihres Landes noch verlangt. Bedeutet dies, dass die Republik Moldau ihre Staatlichkeit verlieren könnte?

Das sind Spekulationen der Kommunisten, aus denen sie politisches Kapital schlagen wollen. Wenn ich sage, dass wir Rumänen sind und Rumänisch sprechen, dann bedeutet dies noch nicht, sich mit Rumänien vereinigen zu wollen. Aber ich bin Unionist. Einerseits kann man als Unionist das Ziel verfolgen, die Moldau rechts des Ufers des Dnjestr mit dem unkontrollierten Territorium links des Dnjestrufers, mit der sogenannten Republik Transnistrien, vereinigen zu wollen. Andererseits kann man als Unionist auch eine Vereinigung mit Rumänien anstreben. Aber weder im Programm der von mir geführten Liberalen Partei, noch im Programm der regierenden Allianz gibt es einen solchen Punkt.

Hat die moldauische Führung eine neue Strategie zur Entwicklung der Beziehungen zu Russland?

Ja, das Programm der Allianz sieht strategische Beziehungen zur Russischen Föderation und zu den USA vor. Ich denke, dass sich die Beziehungen zu Moskau seit unserer Machtübernahme verbessert haben. Es gibt nur ein einziges Problem, das uns sehr wichtig ist und völlig von Russland abhängt. Das ist die Präsenz der russischen Truppen auf dem Territorium unseres Landes. Das darf nicht sein, um so mehr, dass der Neutralitäts-Status in unserer Verfassung noch verankert ist. Dies bedeutet, dass sich auf dem Gebiet der Republik Moldau keine fremde Armee, kein einziger fremder Soldat aufhalten darf.

Sehen Sie Möglichkeiten zur Lösung der Transnistrien-Frage?

Karte der von Moldawien abgefallenen Region Transnistrien, die sich 1992 zu einem unabhängigen Staat erklärt hat, aber seither nur von Rußland anerkannt worden ist (Grafik: DW)
Chisinau: Schlüssel zur Lösung der Transnistrien-Frage liegt in MoskauBild: DW

Als wir die Macht übernahmen, übernahmen wir auch das Verhandlungs-Format 5+2 (Chisinau, Tiraspol, Russland, Ukraine, OSZE, EU und USA ). Dieses Format bestand bereits, aber es funktioniert nicht - weder damals noch heute. Der Nachteil dieses Formats ist, dass Transnistrien teil davon ist, und es blockiert die Arbeit in diesem Format.

Seinerzeit hatte die Russische Föderation mit der Republik Moldau ein Abkommen zur Beendigung des bewaffneten Konflikts am Dnjestr unterzeichnet. Dies bedeutet, dass Russland eine der Konfliktparteien war. Wenn dem nicht so wäre, würde sich das Problem leichter lösen lassen. Wir wollen von der Russischen Föderation verstanden werden, denn dort liegt der Schlüssel zur Lösung dieses Problems. Man kann die Gespräche nicht ewig so fortführen. Es wäre schön, wenn die Russische Föderation anderen große Staaten ein Beispiel wäre und zeigen würde, wie man eingefrorene Konflikte lösen kann, indem es nämlich die Unterstützung Transnistriens beendet. Damit würde Russland auch beweisen, dass wenn es die Unabhängigkeit der Republik Moldau anerkennt, dem Land auch die Möglichkeit gegeben werden sollte, selbst über sein eigenes Schicksal zu entscheiden

Das Gespräch führten Julia Semenova / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Fabian Schmidt