1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mubarak schweigt zu neuen Massenprotesten

4. Februar 2011

In Ägypten sind erneut Hunderttausende für ein Ende der Ära Mubarak auf die Straßen gegangen. Der ungeliebte Staatschef schwieg zu dem ihm gewidmeten "Tag des Abgangs". Dafür verhandeln andere über seinen Abschied.

https://p.dw.com/p/10B2E
Tausende Moslems knien auf dem Tahrir-Platz zum Gebet nieder (Foto: AP)
Gebet und Protest auf dem Tahrir-Platz in KairoBild: AP

Auf dem inzwischen weltbekannten Tahrir-Platz in Kairo versammelten sich am Freitag (04.02.2011) nach den rituellen Gebeten trotz der tagelangen blutigen Auseinandersetzungen mit Mubarak-Anhängern erneut Zehntausende zu Protesten gegen den Staatschef. Die Menge sang die Nationalhymne. Immer wieder ertönte der Ruf "Hau ab!" Auf vielen Schildern war nur ein Wort zu lesen: "Jetzt!" - ein Hinweis auf den Mubarak zugedachten "Tag des Abgangs".

Tausende strecken ihre Finger zum Siegeszeichen in die Luft (Foto: AP)
Zuversichtlich und friedlich: Die Demonstranten blieben diesmal von Schlägertrupps verschont.Bild: AP

Auch in anderen Städten wie Alexandria oder Suez versammelten sich die Massen. Die Armee hatte diesmal, anders als an den Vortagen, gemeinsam mit Demonstranten Einlasskontrollen errichtet. Mubarak-Sympathisanten und Schlägertrupps boten sich damit nur geringe Chancen.

Ein Rat der Weisen

Mittlerweile suchen verschiedene unabhängige Persönlichkeiten Ägyptens nach einem möglichen Ausweg aus der Krise. Amre Mussa, der Generalsekretär der Arabischen Liga, traf erstmals mit einer Gruppe zusammen, die sich der "Rat der Weisen" nennt. Ihr gehören der christliche Milliardär Naguib Sawiris, der stellvertretende Vorsitzende der Nationalen Menschenrechtskommission, Ahmed Kamal Aboul Magd sowie der Publizist Salama Ahmed Salama an. Der Rat veröffentlichte eine Erklärung, in der er Staatschef Mubarak aufforderte, die Verantwortung für die nun beginnende Übergangszeit an Vizepräsident Omar Suleiman zu übertragen.

Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa (Foto: AP)
Beriet mit dem Rat der Weisen: Der populäre Liga-Sekretär Amre MussaBild: AP


Das Ausland verhält sich nach außen hin weiter zurückhaltend. Bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel vermieden die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union erneut eine offene Rücktrittsforderung. Ähnlich die USA, die allerdings hinter den Kulissen ihre Verhandlungen mit ägyptischen Regierungsvertretern fortsetzten. Es geht um einen sofortigen Rückzug Mubaraks und die Bildung einer Übergangsregierung sowie freie Wahlen noch in diesem Jahr.

Entschädigung für die Unruhen

Die Führung in Kairo kündigte unterdessen an, Bürger zu entschädigen, die durch die Unruhen der vergangenen Tage Schäden erlitten haben. Der Hilfsfonds soll nach Angaben des Finanzministeriums umgerechnet rund 630 Millionen Euro umfassen. "Wir haben ausgerechnet, dass die Ausgaben ohne Belastung des Etats geleistet werden können", sagte Finanzminister Samir Radwan.

Demonstranten halten Plakate mit dem durchkreuzten Porträt Mubaraks (Foto: dpa)
Er schwieg am Tag des Abgangs: Ägyptens ungeliebter Staatschef MubarakBild: picture alliance/dpa

Die ägyptische Generalstaatsanwaltschaft verhängte zudem gegen den früheren Handels- und Industrieminister Raschid Mohammed Raschid ein Ausreiseverbot und fror seine Bankkonten ein. Es handle sich um "Vorsichtsmaßnahmen", die bis zum Abschluss einer Untersuchung gegen mehrere ehemalige Vertreter der von Präsident Hosni Mubarak am vergangenen Wochenende entlassenen Regierung gelten sollten, berichtete die amtliche ägyptische Nachrichtenagentur Mena. Die Ermittlungen sollten klären, ob öffentliche Mittel veruntreut worden seien. Bereits am Vortag hatten die Staatsanwälte auch gegen den früheren Innenminister Habib el Adli sowie den Stahlunternehmer und Mubarak-Vertrauten Ahmed Ess Ausreiseverbote erlassen und deren Konten gesperrt.

Deutschland setzt Rüstungsexporte aus

Wegen der jüngsten Angriffe auf Demonstranten und Journalisten wurde in Deutschland der ägyptische Botschafter einbestellt. Übergriffe auf deutsche Staatsangehörige und ausländische Journalisten seien nicht akzeptabel, verlautete zur Begründung vom Auswärtigen Amt in Berlin. Zugleich setzte die Bundesregierung ihre Rüstungsexporte nach Ägypten vorerst aus.

Autor: Gerd Winkelmann (dpa, rtr, afp, ap)
Redaktion: Thomas Grimmer