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Mudschahedin - auch in Deutschland aktiv

11. November 2001

In Deutschland leben nach Schätzungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz 31.000 Islamisten.

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Wie viele davon den Arabischen Mudschahedin zuzurechnen sind, die möglicherweise mit den Terroranschlägen in den USA in Verbindung stehen, ist aber unklar.

Die Bekämpfung der Terroristen unter ihnen schätzen Fachleute als äußerst schwierig ein. 'Da kommen sie nicht rein,' heißt es in deutschen Sicherheitskreisen mit Blick auf die abgeschirmten Zirkel der religiösen Fanatiker. Als besonders gefährlich gelten sogenannte 'Sleepers', die jahrelang unbescholten in Deutschland leben und jederzeit für Terroranschläge aktiviert werden können.

Menschliche Waffen

'Die Sleepers leben seit Jahren hier mit ihren Familien und einem normalen Beruf, haben in früheren Jahren unter anderem in Afghanistan eine Ausbildung erhalten und können auf Signal als menschliche Waffe genutzt werden,' sagte Hessens Innenminister Volker Bouffier. In den Sicherheitskreisen wird die Gefahrenanalyse bestätigt: 'Wir nehmen nur einen Bruchteil dieser Aktivitäten wahr.' Vieles laufe an den Behörden vorbei, da es außerordentlich schwierig sei, die Gruppen zu infiltrieren: 'Diese Netzwerke funktionieren auf der Grundlage persönlicher Kontakte.'

Eine islamistische Internationale gibt es nicht

Bei den Geheimdiensten wird fein unterschieden, ob es sich bei den arabischen Extremisten um algerische oder ägyptische Fundamentalisten, Anhänger der libanesischen Hisbollah (Partei Gottes) oder der palästinensischen Hamas handelt. Der Grund: 'Eine islamistische Internationale gibt es nicht,' sagt ein Experte, der ungenannt bleiben will. Die Mudschahedin, die teilweise in Verbindung stehen zu dem saudiarabischen Multimillionär und möglichen Drahtzieher der Flugzeug-Attentate, Osama bin Laden, verstehen sich dem Verfassungsschutz zufolge allerdings nicht als Kämpfer für regionale Interessen, sondern als pan-islamische Widerstandsbewegung gegen die westliche Welt.

'Es handelt sich um außerordentlich fanatische Leute, die teilweise in Ausbildungslagern in Afghanistan und Pakistan gelernt haben, sich äußerst konspirativ zu verhalten,' heißt es in Sicherheitskreisen. Der jüngste Verfassungsschutzbericht stellt fest, die Mudschahedin unterhielten 'eine ausgedehnte Infrastruktur, unter anderem zur Versorgung mit gefälschten Personaldokumenten'. Besonders aggressiv werde der 'Heilige Krieg' von Anhängern der Gruppe 'Takfir wa'l - Hijra' propagiert, die teils mit bin Ladens Organisation 'Al-Qaida' (Die Basis) in Verbindung stünden.

Deutschland: Rückzugsraum für 'Sleeper'

Dass auf der Suche nach den Flugzeug-Attentätern eine Spur nach Deutschland führt, kommt für die Fachleute nicht wirklich überraschend. Schließlich gilt die Bundesrepublik als ein beliebter Rückzugsraum für arabische Terroristen und inaktive 'Sleepers'. Nach Angaben von Generalbundesanwalt Kay Nehm verdichten sich Hinweise, dass drei Elektrotechnik-Studenten aus Hamburg an den Attentaten beteiligt waren: Sie standen auf den Passagierlisten der gekaperten Flugzeuge. Der Chef des Hamburger Verfassungsschutzes, Reinhard Wagner, spricht gar von einem Netz von Helfern bin Ladens in der Hansestadt. Und für Bernd Schmidbauer, früherer Regierungskoordinator für die Geheimdienste, ist 'Deutschland ein Schmelztiegel dieser weltweiten extremistischen Bewegungen weltweit. In Sicherheitskreisen heißt es, die Gruppen wüssten um die Vorzüge des Rechtsstaates, der sie unbehelligt lasse, so lange sie nicht auffielen.

Experten rechnen damit, dass die Anschläge von New York und Washington auch eine Debatte über die Arbeit der Geheimdienste auslösen wird, die keine Vorwarnung gegeben hatten. Dass die Dienste bei einer engen Kooperation erfolgreich sein können, zeigt ein Beispiel aus der jüngsten Zeit. Weihnachten vergangenen Jahres wurden in Frankfurt am Main vier Mudschahedin festgenommen, die einen Anschlag in Straßburg geplant haben sollen. Vorausgegangen war eine enge Abstimmung des deutschen, britischen, italienischen und spanischen Geheimdienstes.