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Mumia Abu-Jamal droht erneut Todesstrafe

20. Januar 2010

Über zwei Jahrzehnte war Mumia Abu-Jamal der bekannteste Todeskandidat der USA. 2008 hob ein Berufungsgericht die Todesstrafe gegen den Polit-Aktivisten auf. Nun lässt der Oberste Gerichtshof den Fall neu prüfen.

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(Foto: AP)
Fast drei Jahrzehnte hinter Gittern: Mumia Abu-Jamal, hier im Juli 1995Bild: AP

"Freiheit für Mumia" verlangten unzählige Graffiti, Poster und T-Shirts in den 80er- und 90er-Jahren in aller Welt. Der 1982 wegen Mordes an einem weißen Polizisten zum Tode verurteilte US-Amerikaner Mumia Abu-Jamal wurde zur linken Ikone und Symbolfigur im Kampf gegen die Todesstrafe. Ein Berufungsgericht im Bundesstaat Pennsylvania schließlich hatte 2008 das Todesurteil gegen den ehemaligen Journalisten und Polit-Aktivisten in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt.

(Foto: dpa)
Demonstration für Mumia Abu-Jamal in Frankfurt im November 2009Bild: picture-alliance/dpa

Genau dies verlangt der Oberste Gerichtshof der USA nun erneut zu überprüfen. Der Supreme Court verwies den Fall am Dienstag (19.01.2010) zurück an das Gericht in Pennsylvania. Die obersten Richterinnen und Richter begründeten die Notwendigkeit einer erneuten Überprüfung des prominenten Falls mit den jüngsten Entwicklungen in der Rechtssprechung zur Todesstrafe. Diese müssten in dem Urteil Berücksichtigung finden.

Im schlimmsten Fall droht Hinrichtung

Unlängst hatte der Supreme Court im Falle eines wegen Mordes an drei Männern verurteilten Neonazis eine aufgehobene Todesstrafe wieder angesetzt. Im schlimmsten Fall droht dies nun auch Mumia Abu-Jamal. Dann würde das Berufungsgericht in Pennsylvania entscheiden, dass das Todesurteil wieder gültig wird. Doch es könnte genauso die endgültige Abwendung einer Hinrichtung Abu-Jamals befinden. Um dies zu verhindern, hatte der Bundesstaat Pennsylvania die höchste Instanz angerufen.

Der weitere Fortgang des Falls, der die US-Justiz seit bald drei Jahrzehnten beschäftigt, gilt damit wieder als völlig offen. Bis heute beteuert der inzwischen 55-Jährige Abu-Jamal seine Unschuld. Zudem waren immer wieder Vorwürfe laut geworden, in dem Prozess Anfang der 80er-Jahre habe es politische und rassistische Vorbehalte gegeben. Der Geschworenen-Jury gehörten zehn Weiße und zwei Afroamerikaner an.

Undurchsichtiges Verfahren

Kritiker verweisen zudem auf zahlreiche Ungereimtheiten während des Verfahrens. Die Ermittlungen seien schlampig geführt und entlastende Zeugen nicht vorgeladen worden. Auch das Gericht in Pennsylvania hatte 2008 die Aufhebung des Todesurteils mit Verfahrensfehlern begründet. So sollen einzelne Jury-Mitglieder keine korrekte Einweisung erhalten haben.

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Essays aus der Todeszelle machten Mumia Abu-Jamal bekanntBild: picture-alliance/dpa

Aufsehen erregte Mumia Abu-Jamal unter anderem mit seinen im Gefängnis verfassten und auch ins Deutsche übersetzten Essays über das Rechtssystem der USA. Der einstige Radio-Journalist war Mitglied der militanten afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung Black Panther Party, die ab Ende der 60er-Jahre von der US-Bundespolizei erbittert bekämpft wurde.

Petition an Obama

Erst am Montag, einen Tag vor der Entscheidung des Obersten Gerichts, hatten mehr als 7000 Unterzeichner einer Petition einen Appell an Barack Obama gerichtet. Darin fordern sie den US-Präsidenten auf, sich gegen das Todesurteil für Mumia Abu-Jamal und die Todesstrafe grundsätzlich auszusprechen. Zu den Unterzeichnern gehören auch der deutsche Literaturnobel-Preisträger Günter Grass und die Witwe des früheren französischen Präsidenten Francois Mitterand.

Autor: Sven Töniges (afp/rtr/ap)

Redaktion: Mirjam Gehrke