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Mursi weist Armee-Ultimatum zurück

2. Juli 2013

Obwohl die Regierung des ägyptischen Präsidenten Mursi allmählich zerfällt, widersetzt er sich dem mächtigen Militär, das bereits über einen Übergangsrat nachdenkt. Das Ultimatum der Armee wies er am Abend zurück.

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Ein Soldat steht auf Wache nahe des Präsidentenpalastes, dahinter Graffiti gegen Präsident Mohammed Mursi (foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Angesichts anhaltender Massenproteste gegen seine islamistische Regierung hat Ägyptens Präsident Mohammed Mursi die Militärs aufgefordert, ein Ultimatum zur Beilegung der Krise zurückzunehmen. "Präsident Mohammed Mursi bekräftigt sein Festhalten an der verfassungsmäßigen Ordnung und weist jeden Versuch zurück, sie zu brechen", heißt es in einer am späten Dienstagabend über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreiteten Erklärung des Präsidialamts. Er wende sich außerdem gegen "jedes Diktat", egal, ob es aus Ägypten oder dem Ausland komme. Damit lehnte Mursi faktisch den von der Opposition geforderten Rücktritt ab.

Die Armeeführung hatte Mursi und seinen Gegnern bis Mittwochnachmittag Zeit gegeben, einen Kompromiss zu schließen. Ansonsten wolle sie selbst das Ruder übernehmen und einen eigenen Plan für die Zukunft Ägyptens vorlegen.

Wieder mehrere Tote bei Zusammenstößen

Bei Zusammenstößen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern kamen nach einem Bericht des Senders Al-Dschasira am Abend mindestens sieben Menschen ums Leben. Dies hätten Krankenhausärzte in der Provinz Giza südlich von Kairo mitgeteilt. Das Gesundheitsministerium in Kairo bestätigte nur vier Tote.

Ungeachtet der Signale der Streitkräfte haben Anhänger und Gegner des angeschlagenen islamistischen Präsidenten am Abend erneut mobil gemacht. Am Rande der Hauptstadt Kairo kam es wieder zu Zusammenstößen und Schusswechseln mit vielen Verletzten, möglicherweise auch ersten Toten. Die Oppositionsbewegung hatte noch einmal zur Massenkundgebung auf den Tahrir-Platz gerufen. Ihr eigenes Ultimatum gegen Mursi war am Nachmittag abgelaufen.

Die islamistischen Muslimbrüder müssen fürchten, im eskalierenden Machtkampf unter dem Druck der Streitkräfte zunächst alles wieder zu verlieren und rufen ihre Anhänger "zum letzten Gefecht". Sie wollen überall im Land zentrale Straßen und Plätze besetzen und ungeachtet des zweiten Ultimatums, dem der Generäle, ihren Einfluss und ihre Positionen verteidigen.

Mursi selbst verliert international und im eigenen Land zunehmend an Rückhalt. Er musste am Dienstag den Rücktritt weiterer Minister und Gouverneure beklagen. Zudem stellten sein Sprecher Eheb Fahmy und Regierungssprecher Alaa al-Hadidi ihre Posten zu Verfügung.

Ägypten treibt ins Chaos

Und die Rolle des Militärs?

Die Armee steht bereit, wieder aus den Kasernen auszurücken und sich zwischen die Fronten zu stellen. Dazu könnten schnelle Einsatzkräfte mobilisiert werden, verlautete von Offizieren. Die Generäle wollen dem Vernehmen nach die Verfassung ändern und das von Islamisten dominierte Parlament auflösen, falls bis Mittwoch keine Einigung zwischen Mursi und der Opposition zustande kommt. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Militärkreise. Bis es eine neue Verfassung gebe, solle ein überwiegend aus Zivilisten bestehender Übergangsrat eingesetzt werden, dem Vertreter der politischen Gruppen und Experten angehören sollten. Die Verfassung solle innerhalb einiger Monate geändert werden. Anschließend solle ein neues Präsident gewählt werden. Die Neuwahl des Parlamentes solle erst stattfinden, wenn es strikte Regeln für die Auswahl der Kandidaten gebe.

Über Einzelheiten werde noch diskutiert. Der Plan - die so genannte "Road Map" - der die politische Krise lösen soll, könne zudem an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Mehrfach waren Vertreter der Streitkräfte mit Staatschef Mursi zusammengetroffen.

Letzte Frist

Der Chef der Streitkräfte, General Abdel Fattah al-Sisi, hatte dem Präsidenten am Montag ein Ultimatum bis Mittwochmittag gesetzt, sich mit der seit Tagen demonstrierenden Protestbewegung zu einigen. Ansonsten werde das Militär seine eigenen Pläne für die Zukunft des Landes umsetzen, hatte al-Sisi erklärt und damit indirekt gedroht, die Armee werde die Macht übernehmen.

Ein wichtiges Oppositionsbündnis Ägyptens, die Nationale Heilsfront, sprach der Armee sein "Vertrauen" aus. Das Ultimatum der Generäle sei nicht als Einmischung zu betrachten, erklärte die Heilsfront, und schob hinterher: "Wir unterstützen keinerlei Militärputsch".

SC/gmf/kle (rtr, afp, dpa, ARD)