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Mursi will Armee in Städten einsetzen

28. Januar 2013

"Hart und nachdrücklich" will Präsident Mursi angesichts der Gewalt in Ägypten durchgreifen. Laut einem Gesetzentwurf soll er künftig auch die Armee einsetzen dürfen. Doch die blutigen Proteste gehen weiter.

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Ägyptische Soldaten in Kairo. (Foto: Xinhua)
Ägyptische ArmeeBild: picture-alliance/landov

Trotz des von Präsident Mohammed Mursi angekündigten härteren Durchgreifens ist es in Ägypten wieder zu tödlichen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Ein Demonstrant starb auf dem Weg ins Krankenhaus, nachdem er bei Krawallen nahe des zentralen Kairoer Tahrir-Platzes verletzt worden war, wie die Behörden mitteilten.

Die Polizei setzte Tränengas gegen Steine werfende Demonstranten ein. Bereits seit fünf Tagen kommt es in Ägypten zu politisch motivierter Gewalt, mindestens 56 Menschen kamen dabei ums Leben. Auslöser der blutigen Unruhen in Port Said und anderen Städten war ein Todesurteil gegen 21 Anhänger eines örtlichen Fußballklubs Al-Masri - ein Jahr nachdem diese an einem Blutbad unter Fans des rivalisierenden Kairoer Vereins Al-Ahli mit insgesamt 74 Toten beteiligt gewesen sein sollen. In Port Said starben am Wochenende mindestens 44 Menschen bei zweitägigen Unruhen.

Regierung will Polizeibefugnisse für Armee

Angesichts der eskalierenden Gewalt hat Mursi die Streitkräfte zur Hilfe gerufen. Das Kabinett verabschiedete einen Gesetzentwurf, der dem Militär Befugnisse im Inneren zubilligen würde, wie die staatliche Nachrichtenagentur MENA berichtete. Die Soldaten sollen künftig gemeinsam mit der Polizei für den Erhalt der öffentlichen "Sicherheit" und den Schutz wichtiger Einrichtungen eingesetzt werden dürfen.

Ein ägyptischer Polizist schlägt auf einen Demonstranten in Kairo. (Foto: AFP)
Seit Tagen kommt es in Ägypten zu KrawallenBild: Mohammed Abed/AFP/Getty images

Die Sondervollmachten des Präsidenten sollen bis zu den im April erwarteten Parlamentsneuwahlen in Kraft bleiben. Mursi könnte die Sondervollmachten dem Entwurf zufolge im Bedarfsfall eigenmächtig immer dann nutzen, wenn er dies als erforderlich ansieht. Das Gesetz muss noch vom islamistisch dominierten Oberhaus verabschiedet werden.

Der Vorstoß weckt bei einigen Demonstranten Erinnerungen an die autoritäre Herrschaft des früheren Machthabers Husni Mubarak. "Menschen sind gestorben, um Freiheit und soziale Gerechtigkeit zu erlangen", sagte der 65-jährige Ingenieur Mohammed Saber, der mit seiner Frau und seinen Kindern zu den Protesten in Kairo gekommen war: "Nach 29 Jahren unter dem despotischen Mubarak werden wir jetzt von einem noch schlimmeren Regime regiert: Religiöse Faschisten - noch gefährlicher."

Opposition lehnt Dialogangebot ab

Das wichtigste Oppositionsbündnis wies ein Gesprächsangebot des Präsidenten zurück. Mursi hatte alle politischen Kräfte im Land zu einem Dialog zur Lösung der Krise aufgerufen, der noch am Montag hätte beginnen sollen. Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei von der Nationalen Heilsfront erklärte, zunächst müsse Mursi eine Regierung der nationalen Einheit und eine Kommission zur Änderung der umstrittenen islamisch geprägten Verfassung ernennen. Mursi wolle Gespräche nur der Form halber, nicht wegen Inhalten.

"Wir sind uns in der Front absolut einig", sagte ElBaradei. "Das Problem muss an den Wurzeln gepackt werden, nicht an den Symptomen". Die Lösung bestehe nicht in zusätzlichen Maßnahmen im Bereich der Sicherheitskräfte, sie müsse vielmehr "politisch" sein. Das Oppositionsbündnis rief für Freitag zu neuen landesweiten Kundgebungen auf. Die "Ziele der Revolution" müssten erreicht werden, erklärte die Nationale Heilsfront nach internen Beratungen.

Ausnahmezustand in drei Städten

Am Sonntag hatte Mursi ein "hartes und nachdrückliches Vorgehen" gegen die Gewalt angekündigt und eine Ausgangsperre für drei besonders betroffene Provinzen verhängt. Die Bewohner in Port Said, Ismailija und Suez dürfen ihre Häuser zwischen 21.00 Uhr und 06.00 Uhr nicht mehr verlassen, dieses Verbot soll 30 Tage gelten. Doch schon am späten Sonntag gingen dort Gegner Mursis gegen dessen Dekret auf die Straßen.

Gleichzeitig hatte Mursi betont, es sei nicht seine Absicht, Ägypten wieder unter autoritäre Herrschaft zu stellen: "Es gibt keinen anderen Weg als den von Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", sagte er.

Die Ausschreitungen machen die Herausforderungen deutlich, vor denen Mursi steht. Seine Gegner werfen dem seit knapp sieben Monaten regierenden Staatschef vor, zugesagte Reformen in der Justiz und bei der Polizei nicht umgesetzt zu haben. Im Zentrum der Kritik steht die in einem Referendum angenommene neue Verfassung.

GD/wl (dpa, afp, dapd)

Mursi will Militär bei Krawallen einsetzen