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Amzones de Guinée

27. April 2010

Die "Amazones de Guinée" waren als erste Frauen-Musikgruppe Afrikas auf dem gesamten Kontinent unterwegs. Nach einer militärischen Ausbildung wurden sie als Musikerinnen für das Regime von Sekou Touré zwangsrekrutiert.

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Les Amazones de Guinée (Bild: Bob Barry)
Les Amazones de GuinéeBild: DW

Die Amazonen treffen sich zweimal in der Woche in einem etwa 20 Quadratmeter großen Raum im "Volkspalast" von Conakry, der Hauptstadt Guineas. Die Musikerinnen, auch bekannt als "Tigerinnen der Bühnenbretter", proben an einem Ort, der als Symbol für die Kultur-Revolution des ersten guineeischen Staatspräsidenten Sekou Touré gilt. Die Frauen sind nicht freiwillig zu den "Amazones de Guinee" gekommen - sie wurden gezwungen. "Sie wurden nicht nach ihrer Meinung gefragt", sagt der langjährige Manager der Frauengruppe, Moussa Moise Diabaté. "Zum Abschluss ihrer Militärausbildung wurde ihnen bei einem Fahnenappell befohlen: 'Du da nimmst das Saxophon, du die Gitarre und du die Djembé'."

Musikerinnen (Bild: Bob Barry)
Zur Musik gezwungenBild: DW

Musikinstrumente als Waffen der Frauen

Seit 40 Jahre spielen sie nun "Amazonen" auf verschiedenen Bühnen und vertreten Guinea weltweit. Für die Soldatinnen steht nicht die Zwangsrekrutierung im Mittelpunkt. Sie nutzen ihre Gitarren, Trommeln, Trompeten und Mikrofone bis heute als Waffen für die Emanzipation der afrikanischen Frauen.

Saxophonistin Oberstleutnant Djenabou Bah ist stolz auf die Leistungen ihrer Gruppe: "Wir haben gekämpft, damit die afrikanischen Frauen ihre Freiheit bekommen. Durch unsere Musik haben wir gezeigt, dass Frauen das Gleiche schaffen, was Männer können."

"Für andere Frauen Vorbild sein"

Oberstlieutnant Salematou Diallo, verteidigt stolz die Erfolge der Gruppe und betont: "Wir wurden von mehreren afrikanischen Regierungen eingeladen. Wir sind sehr stolz auf uns und möchten für andere Frauen ein Beispiel sein." Auch wenn die Musikerinnen alle Soldatinnen unterschiedlichen Ranges sind, so steht für sie Freundschaft und gegenseitiger Respekt im Mittelpunkt. Die Hierarchie spielt keine entscheidende Rolle.

Amazonen im Herzen von Paris

Noch zu Zeiten Tourés fängt M'Mah Sylla 1982 bei der Gruppe an. Die heutige Hauptsängerin und Frontfrau ist damals eines der jüngsten Mitglieder der Amazonen. Sie erinnert sich gern an eine Reise der Gruppe nach Paris. 1983 haben die Amazonen dort ihre erste CD aufgenommen. Der Titel: "Amazonen im Herzen von Paris."

(Bild: Bob Barry)
Bild: DW

Das zweite Album kommt erst 20 Jahre später auf den Markt. Dieses Mal nehmen die Amazonen ihre Musik nicht in Frankreich auf, sondern in Bamako, der Hauptstadt des Nachbarlandes Mali. Sie arbeiten mit Ali Farka Touré, einem der bekanntesten Musiker Afrikas.

Hoffnung auf demokratische Wahlen

1984 bringt der Tod von Guineas erstem Präsidenten Sekou Touré große Veränderungen für die Frauengruppe. Seitdem gehen sie kaum noch auf Tournee - die nachfolgenden Präsidenten setzen andere Prioritäten. Guinea leidet unter Armut und Korruption. Die Opposition ist machtlos. Als Ende 2008 Präsident Lansana Conté nach langer Krankheit stirbt, putscht sich das Militär an die Macht. Der damalige Hauptmann Moussa Dadis Camara erklärt sich selbst zum Staatsoberhaupt. Das Militär schränkt die Freiheit der Guineer massiv ein und geht auch mit Waffengewalt gegen friedliche Demonstranten vor. Am 28. September 2009 stürmen Soldaten eine große Oppositionskundgebung im Stadion von Conakry. Sie töten mehr als 150 Menschen und vergewaltigen über 100 Frauen. Dem Massaker folgen innenpolitische Wirren.

Angehörige identifizieren die Leichen nach dem Militärangriff (Bild: dpa)
Angehörige identifizieren die Leichen nach dem MilitärangriffBild: DPA

Am 3. Dezember 2009 wird Camara dann bei einem Attentat schwer verletzt. Sein Stellvertreter Sékouba Konaté übernimmt die Amtsgeschäfte. Camara ist entmachtet. Konaté setzt den Oppositionspolitiker Jean-Marie Doré als neuen Premierminister ein, der eine Übergangsregierung bildet. Schließlich kommt es dann zu einer Vereinbarung über demokratische Wahlen am 27. Juni 2010.

Wenig Perspektiven für die Amazonen

Djenabou Bah, Saxophonistin der Amazonen aber auch Soldatin, möchte wegen der instabilen politischen Lage nicht gern über die Vorfälle reden. Sie ist frustriert. Sie sieht keine Perspektive für ihre Gruppe. Sogar der Name der Gruppe ist nicht geschützt. Mittlerweile tritt eine andere Frauengruppe in Nordamerika unter dem Namen "Amazones de Guinée" auf. "Ein früherer hoher Mitarbeiter des Kulturministeriums hat unseren Gruppennamen verkauft", sagt die Saxophonistin Djenabou Bah, die Älteste der Gruppe. Alle Beschwerden beim Kultur-Ministerium blieben erfolglos.

Wenn im Juni in Guinea gewählt wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Amazonen noch eine wichtige Rolle spielen. Sie haben mit der politischen Krise immer mehr an Bedeutung verloren. Ihnen bleibt die Erinnerung an eine glamouröse Vergangenheit.

Autor: Bob Barry

Redaktion: Christine Harjes