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Muslimbrüder bleiben kämpferisch

20. August 2013

Mit einer erneuten Kampfansage an die neuen Machthaber haben die Muslimbrüder in Ägypten auf die Verhaftung ihres Anführers Badia reagiert. Auch Ex-Vizepräsident ElBaradei soll vor Gericht.

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Demonstration von Mursi-Anhängern in Ägypten (Foto: dpa)
ÄBild: picture-alliance/dpa

Ein Sprecher der islamistischen Muslimbruderschaft erklärte nach der Verhaftung des geistlichen Führers der Organisation, die Kampagne gegen den "Militärputsch" werde weitergehen. Mohammed Badia sei letztlich auch nur eines von vielen Mitgliedern der Bruderschaft, die tief in der ägyptischen Gesellschaft verankert sei.

Neues Oberhaupt der Muslimbrüder: Mahmud Essat (Foto: dpa)
Neues Oberhaupt der Muslimbrüder: Mahmud EssatBild: picture-alliance/dpa

Mahmud Essat, ein Stellvertreter Badias, wurde zum "temporären Oberhaupt" der Bewegung ernannt. Sicherheitskräfte hatten Badia am Dienstagmorgen in einer Wohnung im Nordosten Kairos aufgespürt und festgenommen, wie staatliche Medien berichteten. Die Übergangsregierung wirft dem 70-Jährigen "Anstachelung zur Gewalt" vor. Zusammen mit weiteren Anführern der Muslimbruderschaft soll Badia schon am Sonntag vor Gericht gestellt werden.

Börsianer in Kairo betrachteten die Verhaftung Badias als gute Nachricht. Die Kurse zogen erstmals seit Tagen wieder an. Die Verhaftung wurde als Zeichen gewertet, dass sich die vom Militär unterstützte Übergangsregierung stabilisieren kann.

Beobachter befürchten hingegen, dass der radikale Flügel der Bruderschaft zu den Waffen greifen könnte, wenn die Bewegung wie zu Zeiten des autokratischen Langzeit-Präsidenten Hosni Mubarak wieder in die Illegalität gedrängt wird.

Chef der Muslimbrüder festgenommen

Die Muslimbruderschaft hatte im Februar 2011 die ersten freien Parlaments- und Präsidentenwahlen nach dem Sturz Mubaraks klar für sich entschieden. Auch der am 3. Juli vom Militär abgesetzte Präsident Mohammed Mursi stammt aus ihren Reihen. Die Bewegung hatte wochenlang die Proteste gegen die als Staatsstreich bezeichnete Entmachtung Mursis organisiert. Nach der Räumung von zwei islamistischen Protestcamps durch Polizei und Armee vergangene Woche ist die Gewalt in Ägypten eskaliert. Bei Anschlägen, Straßenkämpfen und Polizeieinsätzen wurden seitdem mehr als 800 Menschen getötet.

Die ägyptische Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Mursi, der an einem unbekannten Ort festgehalten wird, ausgeweitet. Der Islamist wird jetzt auch der Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 beschuldigt. Gleichzeitig wurde die Untersuchungshaft von Mursi um weitere 15 Tage verlängert, meldete die Website des Staatsfernsehens.

Ins Visier der Justiz in Kairo geraten ist auch Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei. Der liberale Politiker war nach der Entmachtung Mursis Vizepräsident geworden, war aber aus Protest gegen die harten Polizeieinsätze gegen Demonstranten zurückgetreten. Ein Jura-Professor habe ElBaradei deshalb wegen "Vertrauensverrat" angezeigt, meldete das Nachrichtenportal "Al-Ahram". Der Prozess werde am Kairo am 19. September beginnen. ElBaradei ist allerdings am Sonntag nach Österreich ausgereist.

Zerstörungen an einer koptischen Kirche in Minia, 250 Kilometer südlich von Kairo (Foto: AFP/Getty Images)
Zerstörungen an einer koptischen Kirche in Minia, 250 Kilometer südlich von KairoBild: AFP/Getty Images

Kopten unter Druck der Islamisten

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International rief die ägyptische Übergangsregierung auf, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz der christlichen Minderheit zu ergreifen. Insbesondere die Kopten sind ins Visier militanter Islamisten geraten, da ihre Kirchenführung den Sturz Mursis unterstützt hatte. Amnesty verwies in London auf Angaben der koptischen Menschenrechtsgruppe "Maspero Youth Union", der zufolge landesweit 38 Kirchen in Brand gesteckt und weitere 23 beschädigt wurden. Zudem seien Dutzende christliche Privathäuser und Geschäfte geplündert oder angezündet worden. Rund zehn Prozent der etwa 80 Millionen Einwohner Ägyptens sind Christen. Die meisten von ihnen gehören der koptisch-orthodoxen Kirche an.

wl/qu (dpa, rtr, afp, epd)