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Integration wichtiger als Glaubensfreiheit

25. Mai 2016

Im Schweizer Kanton Basel-Land dürfen muslimische Schüler ihrer Lehrerin nicht aus religiösen Gründen den Handschlag verweigern. Bei Missachtung drohen Sanktionen, entschied die Schulbehörde.

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Handschlag Symbolbild (Foto: Imago)
Bild: Imago/Westende61

Die Gleichstellung von Mann und Frau sowie die Integration von Ausländern habe einen "erheblich" höheren Stellenwert als die individuelle Religionsfreiheit, begründete die Schulbehörde ihre Entscheidung.

"Der Druck wird erhöht mit der neuen Richtlinie", stellte die Sprecherin der Schulbehörde, Deborah Murith, fest. Denn künftig werde in solchen Fällen die Schule nicht mehr mit dem Problem alleingelassen, sondern die Ausländerbehörde eingeschaltet.

Anlass für die Richtlinie der Behörde war ein Fall, der Anfang April über die Schweizer Landesgrenzen hinaus für Aufregung gesorgt hatte: Zwei Brüder im Alter von 14 und 15 Jahren aus Syrien hatten sich geweigert, ihrer Lehrerin an der Sekundarschule in Therwil die Hand zu geben.

Porträt Sommaruga (Foto: dpa)
Händeschütteln ist Teil der schweizerischen Kultur: Justizministerin Simonetta SommarugaBild: picture-alliance/dpa/Ch. Bruna

Ausnahmeregelung aufgehoben

Die beiden muslimischen Jugendlichen argumentierten, dass der Islam ihnen körperlichen Kontakt zu Frauen außerhalb der Familie verbiete. Die Schule hatte ihnen daraufhin per Ausnahmegenehmigung erlaubt, den in der Schweiz üblichen Händedruck bei der Begrüßung des Lehrers zu unterlassen. Diese Ausnahmegenehmigung hob die kantonale Schuldirektion jetzt auf.

Soziale Kompetenz für Berufseinstieg wichtig

Deren Juristen hatten den Fall untersucht und auch andere religiös motivierte Handlungen betrachtet. Während das Fernbleiben vom Schwimmunterricht etwa oder das Tragen eines Kopftuches für die Integration eher unbedenklich sei, liege die Sache beim Handschlag anders. "Es betrifft immer auch einen anderen Menschen. Das ist eine andere Dimension", erläuterte Behördensprecherin Murith. Außerdem sei es für die Schüler selbst relevant: "Die soziale Geste des Händedrucks ist wichtig für die Vermittelbarkeit von Schülerinnen und Schüler später im Berufsleben."

Hohe Geldstrafe droht

In der Debatte über den Fall hatte Justizministerin Simonetta Sommaruga die Entscheidung der Schule öffentlich kritisiert und erklärt, dass Händeschütteln Teil der schweizerischen Kultur sei.

Wenn Schüler den Handschlag nun verweigern, kann den Erziehungsberechtigten laut Richtlinie eine Strafe von bis zu 5000 Franken (4500 Euro) auferlegt werden. Über die Schüler können Disziplinarmaßnahmen verhängt werden - im äußersten Fall droht der Schulausschluss. Die betroffene Schule begrüßte die Entscheidung der Behörde. Sie habe nun "Klarheit für das weitere Vorgehen", erklärte die Sekundarschule Therwil.

Sympathie für Terrormiliz IS

Auch für den Rest der betroffenen Familie aus Syrien hat der Fall Konsequenzen. Der Vater der beiden Schüler, ein muslimischer Imam, war 2001 in die Schweiz eingewandert. Im vergangenen Monat gaben die Behörden bekannt, das Einbürgerungsverfahren für die Familie sei auf Eis gelegt.

Am Mittwoch teilte die Schulbehörde außerdem mit, dass einer der Brüder juristische Probleme bekam. Er hatte freundliche Kommentare über die Terrororganisation "Islamischer Staat" auf Facebook gepostet. Obwohl die Einträge als strafrechtlich nicht relevant eingestuft wurden, sprach die Behörde eine Verwarnung wegen Gewaltverherrlichung aus.

uh/pg (dpa,afp)