1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Muss Kenia neu wählen?

Philipp Sandner30. März 2013

Kenias Oberstes Gericht entscheidet am Samstag (30.3.), ob der Sieg von Uhuru Kenyatta bei den Präsidentschaftswahlen rechtmäßig war. Geklagt hatte unter anderem das Wahlbündnis von Kontrahent Raila Odinga.

https://p.dw.com/p/185FB
Kenias oberster Gerichtshof (Foto: TONY KARUMBA/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Die Verantwortung, die auf den Schultern von Kenias Oberstem Richter Willy Mutunga lastet, ist gewaltig. Denn sein Gericht muss nun über die Rechtmäßigkeit der vergangenen Wahlen entscheiden. Am 4. März hatten die Kenianer über ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten abgestimmt. Am Samstag (30.03.2013) endet die Frist von 14 Tagen, in denen die sechs Richter des Obersten Gerichts darüber entscheiden müssen, ob sie die Beanstandungen der Wahlverlierer anerkennen. Die hatten sowohl den Verlauf der Wahlen als auch deren Ergebnis in Frage gestellt.

Die Wahlen anfechten - das darf laut Kenias neuer Verfassung jeder Kenianer binnen sieben Tagen nach Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses. Einige Bürger und Organisationen nutzten diese neue Möglichkeit. Der prominenteste unter ihnen ist der unterlegene Präsidentschaftskandidat Raila Odinga: Er hatte rund sieben Prozent weniger Stimmen als sein Kontrahent Uhuru Kenyatta bekommen. Odingas "Koalition für Reform und Demokratie" (CORD) fühlt sich um den Sieg betrogen. "Wir wissen, dass das Wahlergebnis 2007 gefälscht war", erklärte Amos Wako, einer der Anwälte des Wahlbündnisses, kürzlich auf einer Kundgebung in Nairobi vollmundig. "Und wir werden nicht zulassen, dass unsere Stimmen erneut verloren gehen."

Odingas Hoffnung

Raila Odinga, der bereits bei den Präsidentschaftswahlen 2007 unterlegen war, würde deshalb gerne die Wahlen für "null und nichtig" erklären lassen. Das fordert er in seiner Petition an das Oberste Gericht. Darin führt er auf gut vierzig Seiten aus, wo er die Unstimmigkeiten vermutet. So sei es nicht rechtmäßig gewesen, dass das Abstimmungssystem noch am Wahltag geändert wurde: Weil es bei der elektronischen Stimmabgabe zu technischen Problemen gekommen war, hatten etliche Wahlstationen die Wahlzettel schließlich von Hand ausfüllen lassen.

Siegesgewiss: Raila Odinga nach dem Einreichen seiner Petition (Foto: REUTERS/Thomas Mukoya)
Raila Odinga bei der Vorlage seiner PetitionBild: Reuters

Dabei zielt Odinga nicht unbedingt darauf ab, dass der Oberste Gerichtshof die Wahlen insgesamt für unrechtmäßig erklärt: Schon eine Neuauszählung in wenigen Wahlkreisen könnte den Ausschlag geben: "Wenn eine Neuauszählung ergäbe, dass Uhuru Kenyatta 8.000 Stimmen bekommen hat, die ihm nicht zustehen, könnte er unter die notwendigen fünfzig Prozent fallen", rechnet der kenianische Politikbeobachter Macharia Munene von der United States International University in Nairobi vor. So knapp habe der Kandidat die nötige Mehrheit errungen. "Das könnte bedeuten, dass es eine Stichwahl gibt." Und hier hätte dann Kenyattas Gegenspieler Raila Odinga wieder eine realistische Chance auf das Präsidentenamt - weil er um die Stimmen werben könnte, die die Wähler zuvor sechs anderen Kandidaten gegeben hatten.

Ein strammer Zeitplan

Einen ersten Erfolg hatte Odinga schon am Montag (25.03.2013) errungen: Da entschied das Oberste Gericht, die Stimmen von 22 der insgesamt 291 Wahlkreise neu auszählen zu lassen. Außer Odingas Petition hatte das Gericht noch zwei weitere angenommen: So beanstandet die Nichtregierungsorganisation "African Centre for Open Governance" (AFRICOG) verschiedene Unstimmigkeiten im Wahlverlauf. Auch sie verlangt eine Annullierung der Wahl. Drei Anhänger von Uhuru Kenyatta wiederum hatten bei Gericht beantragt, die ungültigen Wahlzettel nicht in die Summe der abgegebenen Stimmen mit einzurechnen. Bekämen sie Recht, würde sich der relative Anteil von Kenyattas Stimmen vergrößern - einer Stichwahl könnte er so entgehen.

Kenias Oberster Richter Willy Mutunga (Foto: TONY KARUMBA/AFP/Getty Images)
Kenias Oberster Richter Willy MutungaBild: AFP/Getty Images

Der gesetzliche Rahmen von zwei Wochen hatte den sechs Obersten Richtern wenig Zeit gelassen, um alle Vorwürfe ausgiebig zu behandeln. Eine Forderung von AFRICOG hatte das Gericht schon frühzeitig ausgeschlagen: Der Anwalt der NGO hatte noch am Dienstag (26.03.2013) verlangt, sämtliche Wählerregister prüfen zu lassen - bei rund 33.400 Wahllokalen. "Hätten sie ihren Antrag rechtzeitig gestellt, hätten wir ihm vermutlich stattgegeben", sagte Richter Ibrahim Mohammed. Laut Schätzungen der kenianischen Wahlkommission hätte eine solche Überprüfung sieben bis zehn Tage gebraucht.

So viel Zeit hatte der Oberste Richter Willy Mutunga aber nicht – er muss jetzt entscheiden. Keine leichte Aufgabe: Denn egal, wie das Votum des Gerichts ausfällt –  der Verlierer wird in jedem Fall unzufrieden sein. Und so bleibt in Kenia die Angst vor einem erneuten Ausbruch der Gewalt wie nach den Wahlen vor sechs Jahren.

Polizisten sichern den Obersten Gerichtshof ab (Foto: REUTERS/Thomas Mukoya)
Polizisten sichern den Obersten Gerichtshof abBild: Reuters