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"In anderen Ländern gibt es das nicht"

18. Juni 2015

Nach dem Massaker in einer afroamerikanischen Kirche in Charleston hat die US-Polizei den mutmaßlichen Schützen gefasst. Präsident Obama zeigt sich schockiert.

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Trauer nach dem Blutbad in Charleston/USA (foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Goldman

Nach dem Blutbad in einer hauptsächlich von Schwarzen besuchten Kirche im US-Südstaat South Carolina ist der Tatverdächtige verhaftet worden. Er sei mehr als 300 Kilometer vom Tatort entfernt in Shelby in North Carolina festgenommen worden, teilten die Polizeibehörden mit. Die Behörden hatten den Verdächtigen zuvor identifiziert und ein Foto von ihm veröffentlicht.

Der Verdächtige soll aus rassistischen Motiven das Feuer auf die Gläubigen eröffnet haben, wie die Behörden mitteilten. In dem Kugelhagel starben sechs Frauen und drei Männer. Alle Opfer sind schwarz. Den Ermittlungen zufolge hatte der Mann vor der Tat rund eine Stunde lang mit den Besuchern der Kirche in Charleston zusammengesessen.

Obama fordert Landsleute zum Umdenken auf

Präsident Barack Obama zeigte sich schockiert. Er habe den ebenfalls getöteten Pastor der Gemeinde, Clementa Pinckney, gekannt, sagte er. Obama verwies erneut auf die Waffengesetze der USA, deren Verschärfung er wiederholt gefordert hatte. Abermals seien unschuldige Menschen gestorben, weil jemand, der Schaden anrichten wollte, kein Problem gehabt habe, an eine Schusswaffe zu kommen. Die Vereinigten Staaten müssten sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dass "diese Form der massenhaften Gewalt in anderen entwickelten Ländern nicht vorkommt".

Der Polizeichef von Charleston, Gregory Mullen, und Bürgermeister Joseph Riley, hatten nach der Tat von einem "Hassverbrechen" gesprochen. "Es ist unfassbar, dass jemand in unserer heutigen Gesellschaft in eine Kirche geht, wenn Menschen sich zum Beten treffen, und ihnen das Leben nimmt", sagte Mullen.

Zwei Trauernde an einem spontan errichteten Denkmal in der Nähe der Kirche (Foto: AP)
Zwei Trauernde in der Nähe der KircheBild: picture-alliance/AP Photo/A. Sanz

Das Verbrechen löste besonderes Entsetzen aus, weil erst im April im Nachbarort North Charleston - rund 15 Minuten mit dem Auto entfernt - ein Polizist von hinten einen flüchtenden Afroamerikaner erschossen hatte. Das Gemeinde-Massaker erinnert viele Amerikaner an einen rassistisch motivierten Bombenanschlag auf eine Kirche im US-Bundesstaat Alabama 1963. Damals kamen vier afroamerikanische Mädchen ums Leben. Der Anschlag rüttelte die Bürgerrechtsbewegung in den USA auf.

"Am Boden zerstört"

Die Gemeindemitglieder standen unter Schock. "Ich bin am Boden zerstört", sagte die 28-jährige Shona Holmes. "Es tut weh, sich vorzustellen, dass jemand in eine Kirche kommt und Menschen erschießt. Wenn man nicht mal mehr in einer Kirche sicher ist, wo dann?"

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Jeb Bush sagte eine für diesen Donnerstag geplante Wahlveranstaltung in Charleston ab, wie die Lokalzeitung "Post and Courier" berichtet. Die Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, forderte zum Gebet für die Opfer und deren Angehörige auf. In der Stadt Charleston leben etwa 120.000 Menschen.

Die Emanuel African Methodist Episcopal Church hat eine lange Tradition (Foto: AP)
Die Emanuel African Methodist Episcopal Church hat eine lange TraditionBild: picture-alliance/AP Photo/D. Goldman

Ehemaliger Sklave als Gründer

Die Emanuel African Methodist Episcopal Church ist eine der ältesten schwarzen Kirchen der Vereinigten Staaten. Ihre Wurzeln reichen bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurück. Zu ihren Gründern gehört ein ehemaliger Sklave, der später wegen eines Aufstandes hingerichtet wurde. Das Gotteshaus wurde nach einem Sklavenaufstand aus Rache niedergebrannt; über Jahrzehnte konnten sich die Gemeindemitglieder wegen eines Verbots nur im Verborgenen treffen. Ein Jahrhundert später war das weißgetünchte neogotische Kirchengebäude ein bedeutender Treffpunkt der schwarzen Bürgerrechtsbewegung im Bundesstaat South Carolina.

stu/jj/wl (afp, epd, dpa)