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"Mutter aller Reformen" beschlossen

Monika Dittrich, Berlin 30. Juni 2006

Lange wurde um sie gestritten, endlich ist sie durch: Der Bundestag hat die Föderalismusreform mit Zweidrittelmehrheit beschlossen.

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Glückwunsch für Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Bekanntgabe des AbstimmungsergebnissesBild: AP

Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich die größte Verfassungsänderung in der Geschichte der Bundesrepublik - es geht um die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern. In den letzten Jahren hatten sich beide immer wieder gegenseitig blockiert: Der Bundesrat lehnte Gesetze ab, die der Bundestag beschlossen hatte.

Am Bundesstaat wird nicht gerüttelt

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb daher in ihrer Rede für das Mammutprojekt. Es sei richtig, das Verhältnis von Bund und Ländern unter die Lupe zu nehmen. Auch wenn niemand an der bundesstaatlichen Gliederung an sich rüttele: "Unser föderales System ist gut, es ist bewährt, die Menschen leben in ihren Ländern. Aber es ist über die 60 Jahre der Bundesrepublik Deutschland eine Schieflage entstanden. Und für viele Bürger ist nicht mehr klar, wer wofür zuständig ist."

Das soll jetzt besser werden. Denn künftig muss der Bund die Länder bei wesentlich weniger Gesetzen um Zustimmung fragen. Auf der einen Seite findet also eine Entmachtung der Länder statt. Doch im Gegenzug gibt der Bund Kompetenzen ab, etwa beim Beamtenrecht, beim Naturschutz, aber vor allem bei der Bildung.

"Die reine Lehre war nicht durchsetzbar"

Alles in allem also ein großer Kompromiss zwischen Bund und Ländern - doch ohne Zugeständnisse gehe es eben nicht, sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck: "Bei einem so umfassenden Paket konnten wir alle nur zusammen kommen, da wir zu Kompromissen bereit waren. Die reine Lehre war nicht durchsetzbar."

Größter Zankapfel auch innerhalb der Großen Koalition war die Bildungspolitik. In letzter Minute haben sich Union und SPD darauf geeinigt, dass der Bund zwar bei Wissenschaft und Forschung und auch bei den Hochschulen weiter mitreden darf. In der Schulpolitik allerdings haben künftig allein die Länder das Sagen.

Kritik von der Opposition

Dafür hagelte es am Freitag (30.6.2006) Kritik seitens der Opposition. Diese Entscheidung führe zur Kleinstaaterei, sagte Bodo Ramelow von der Linkspartei: "Wir kriegen keine Diskussion beim Lesen und Schreiben und Rechnen. Wir liegen ganz hinten, und statt in die Zukunft unserer Kinder zu investieren, in das einzige Vermögen unserer Gesellschaft - nämlich in die Bildung, in die Köpfe unserer Menschen - geben Sie es für eine geringe Gegenleistung der Machtteilhabe ab." Die große Koalition werde ihrer historischen Verantwortung damit nicht gerecht, so Ramelow.

Ein weiterer Kritikpunkt in der Parlamentsdebatte kam von den Liberalen: Es sei ein Fehler, eine solche Föderalismusreform zu machen, ohne über das Geld zu sprechen, so FDP-Chef Guido Westerwelle: "Man kann Bund- und Länderbeziehungen nicht wirklich neu regeln, wenn man das entscheidende Thema auf die lange Bank schiebt, nämlich die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und den Ländern untereinander. Das wissen wir alle auch aus unserem privaten Leben: Man kann sich in vielem einig werden, wenn es ans Eingemachte geht, da muss Einigkeit herbeigebracht werden."

Die Abgeordneten der Großen Koalition reagierten gelassen auf den Vorwurf. Schließlich sei das ja nur der erste Schritt der Föderalismusreform. Dem muss nun allerdings noch der Bundesrat am Freitag (7.7.) zustimmen. Auch hier ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.