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Mutterschutz in Afrika: Arbeit statt Wochenbett

Theresa Krinninger7. März 2016

Die meisten afrikanischen Frauen gehen direkt nach der Geburt wieder arbeiten. Einen Mutterschutz gibt es kaum. Ruanda will Frauen vielleicht schon bald eine längere Auszeit zugestehen - sogar auf Kosten des Staates.

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Senegal Thies Frau im Büro
Bild: picture-alliance/Godong/P. Lissac

Weltweit bekommen etwa 830 Millionen arbeitende Frauen keinen angemessenen Mutterschutz. 80 Prozent von ihnen leben in Afrika und Asien. Das schreibt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in einem aktuellen Bericht. Bislang haben nur vier Länder - Mali, Marokko, Benin und Burkina Faso - die ILO-Konvention Nummer 183 ratifiziert. Diese räumt Frauen bezahlten Mutterschaftsurlaub ein, Arbeitspausen zur Kinderbetreuung und zum Stillen, sie schützt Schwangere am Arbeitsplatz davor, diskriminiert oder gekündigt zu werden, und garantiert ihnen die Rückkehr zum Arbeitsplatz.

Die ILO hat das Arbeitsrecht in insgesamt 52 afrikanischen Ländern geprüft. Fast die Hälfte der Länder erlaubt mindestens 14 Wochen Mutterschaftsurlaub, 35 Prozent gestatten immerhin 12 bis 13 Wochen. Aber: "In 86 Prozent der untersuchten Länder in Afrika muss der Arbeitgeber allein für den Mutterschaftsurlaub bezahlen", sagt die Arbeitsrecht-Expertin Laura Addati von der ILO. Das heißt, in fast keinem Land greift der Staat dafür in die Staatskasse.

Arbeitgeber allein in der Pflicht

Und die Arbeitgeber kommen ihren gesetzlichen Vorgaben nicht immer nach. Tatsächlich bekämen auch nur etwa zehn Prozent der Frauen mit einem festen Job während ihrer Mutterschaft ihr Gehalt - oder einen Teil davon - weiter ausgezahlt, sagt Addati im DW-Gespräch.

Ghana Frauen Internationaler Frauentag
Die meisten Frauen in Afrika arbeiten im informellen Sektor, wie der LandwirtschaftBild: Geoffrey Buta

Die gesetzlichen Vorgaben haben noch einen anderen Haken: "Obwohl die meisten Frauen mehr als hart arbeiten, können sie sich nicht über den Arbeitgeber oder den Staat sozial absichern, wenn sie schwanger werden", sagt Addati. Damit meint sie die Mehrheit der Frauen im Afrika südlich der Sahara, die im informellen Sektor, etwa in der Landwirtschaft, als Straßenverkäuferin oder als Haushaltshilfe arbeiten. Nur rund 20 Prozent der Frauen sind angestellt.

Vorreiter Ruanda?

Um wenigstens für die angestellten Frauen besser zu sorgen, hat das Parlament in Ruanda im Februar ein neues Gesetz entworfen. Demnach bekommen Frauen im Staatsdienst nicht nur ihr volles Gehalt während der bereits geltenden sechs Wochen Mutterschaft. Zusätzlich soll der Staat weitere sechs Wochen Mutterschaftsgeld finanzieren. Dafür will er pauschal 0.6 Prozent vom Einkommen aller Staatsbediensteten abziehen. So könnten sich Mütter sorgenfrei 12 Wochen lang um ihr Neugeborenes kümmern. Dem Entwurf fehlt nur noch die Unterschrift von Präsident Paul Kagame.

Die ehemalige Vorsitzende von Rwanda Women Journalists, Faith Mbabazi, freut sich über den Schritt. "Als werdende Mutter bin ich sehr froh darüber. Das Gesetz macht uns zu besseren Eltern und zu besseren Arbeitskräften", sagt sie im DW-Gespräch. Sie bezweifelt jedoch, dass sich die neue Regelung auch in der Privatwirtschaft durchsetzen könne. "Auf dem ruandischen Arbeitsmarkt muss sich die Mentalität endlich ändern, Unternehmen müssen erkennen, welchen Vorteil es hat, wenn Frauen nicht schon nach sechs Wochen zurück an die Arbeit müssen", so Mbabazi.

Kenia Nairobi Frauen im Büro Foto: picture-alliance/Godong/P. Lissac
In fast allen Ländern Afrikas muss der Arbeitgeber allein für den Mutterschaftsurlaub aufkommenBild: picture-alliance/Godong/P. Lissac

In Kenia sind vier Monate Mutterschutz bereits vorgeschrieben. Doch an der Umsetzung dieses Rechts hapert es. Viele Frauen in Kenia würden früher an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, weil sie trotz der gesetzlichen Vorgabe um ihren Arbeitsplatz fürchten müssten, sagt Berater Venantio Karanja Mwangi. Er leitet eine private Arbeitsagentur in Nairobi und kennt die Hindernisse für kenianische Frauen.

Langsames Umdenken

Zwar hätten Frauenrechtler die vier Monate hart erkämpft, doch die Anerkennung in der Privatwirtschaft bleibe weiter aus, sagt Mwangi im DW-Gespräch. "Oft verlieren die Frauen ihren Job, wenn sie so lange wegbleiben." Vor allem kleinere Unternehmen seien oft nicht bereit, den Müttern die gesetzliche Auszeit zu finanzieren. Das ruandische Modell einer staatlichen Beteiligung hält Mwangi daher für einen ersten guten Schritt.

Die Internationale Arbeitsorganisation empfiehlt den afrikanischen Regierungen, die Kosten der Mutterschaft für die Arbeitgeber zu senken. Beispielsweise, indem sie öffentliche Gelder bereitstellten, so wie es der ruandische Entwurf vorsieht. In einzelnen Ländern lasse sich bereits ein Sinneswandel erkennen, sagt Addati: "Auch in Angola, Mosambik und in der Elfenbeinküste diskutieren die Regierungen über soziale Absicherungen für Frauen, die den Arbeitgeber, den Staat und den Arbeitnehmer in die Pflicht nehmen."

Mitarbeit: Nasra Bishumba (Kigali)