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Mystische Machtzentrale: das FIFA-Vereinsheim

10. Mai 2010

Ein geheimnisumwitterter Ort, an dem Entscheidungen mit weltweiten Folgen fallen: die FIFA-Zentrale in Zürich. Einblicke in einen hermetischen Bau, dessen futuristische Architektur die Funktionärsgeister spaltet.

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Home of FIFA von außen mit anliegendem Fußballplatz (Foto: Beckmann, Marek)
Bild: DW/Beckmann,Marek

Die Fifa-Strasse am noblen Zürichberg: Hier, wo die Grundstücke mit am teuersten sind, steht das Vereinsheim des Weltfußballverbandes. Für rund 145 Millionen Euro haben sich die 208 Mitgliedsländer ein neues Zuhause gegeben. Das "Home of FIFA" erscheint von außen wie ein schlichtes, drahtverhangenes Gebäude. An seinen Längsseiten reihen sich über 134 Meter die gläsernen, wabenartigen Büroparzellen der Belegschaft. Manchem FIFA-Exekutivmitglied muss dieser Gestus der Zürcher Architektin Tilla Theus ein Dorn im Auge gewesen sein: So wenig machtvolle Erhabenheit strahlt das Gebäude aus. "Das Haus, in dem wir früher waren, war natürlich viel schöner", sagt FIFA-Präsident Joseph Blatter, "da hatte ich Ausblick auf den See. Aber wir wollen ja nicht imponieren".


Home of FIFA von außen, Sicht auf das gesamte Gebäude (Foto: Beckmann, Marek)
Blickdicht: Die FIFA-Zentrale von außenBild: DW/Beckmann,Marek


Filigran inszenierte Architektur


Dass es sich bei dem Gebäude um ein Hochhaus handelt, erkennt man nur von innen, denn zwei Drittel der FIFA-Zentrale liegen unter der Erde. Dazu gehören Archiv und Dokumentationszentrum, Parkplätze, Technik-, Parlaments- und Andachtsraum. An die Oberfläche kommen allein die Empfangshalle, die Büros für 300 Mitarbeiter und der Konferenzsaal. Während das Gebäude sich nach außen unscheinbar der Landschaft anpasst, herrscht im Inneren filigran inszenierte Pracht: kostbare Glasarbeiten, Schiefersteine aus Brasilien und edles US-amerikanisches Nussbaumholz. An der Wand: von einer eigens konstruierten Maschine gehämmerte Aluminiumwände, Chromstahl-Handläufe, die das Licht kunstvoll reflektieren. Bescheidenheit war sicher nicht das leitende Prinzip des Bauherrn. Zumal es die FIFA unter Blatters straffer Führung von einem kränkelnden Unternehmen zu einem weltweit operierenden Konzern geschafft hat. Sicher auch dank der phänomenal erfolgreichen WM in Deutschland. In jedem Fall aber das beste Ergebnis in der 106-jährigen FIFA-Geschichte.


Home of FIFA von innen, Eingangshalle (Foto: Beckmann, Marek)
Versteckte Noblesse: Edelste Materialien wurden im Inneren verbautBild: DW/Beckmann,Marek


Von der Außenwelt abgeschirmt


Wo sonst Transparenz im Vordergrund steht, wo beispielsweise Glas in Parlamentsbauten das Gefühl vermittelt soll, den gewählten Vertretern kontrollierend bei der Arbeit zuschauen zu können, da verschließt sich die FIFA der Öffentlichkeit: Das Nervenzentrum des Weltverbandes liegt versteckt unter der Erde. Im dritten von fünf Untergeschossen tagt abgeschottet von der Außenwelt im großen Sitzungssaal das Exekutivkomitee. Die Verkleidung aus Aluminiumplatten, der kühle Lapislazuli-Boden, alles hier besitzt die Aura eines hermetisch abgeriegelten Schweizer Banktresors und fördert den Mythos von den geheimen Geschäften der FIFA.


Klartext statt Familienfriede


"Ein Raum, wo man Entscheidungen trifft, der darf irgendwo sein, wo nur indirektes Licht hinkommt", sagt Joseph Blatter, "denn das Licht sollte ja von den Leuten kommen, die da drinnen sind". Hier, im unzugänglichen Herzen des FIFA-Baus, wird im kleinen Kreis über die Vergabe von Weltmeisterschaften, Reformen und Sanktionen entschieden, über rechtliche Angelegenheiten und neue Spielregeln. Manchmal auch über Dinge, die die Grundpfeiler des weltweiten Fußballs erschüttern. Dann kann es schnell vorbei sein mit dem demonstrativ zur Schau gestellten Familienfrieden. Dann redet Präsident Blatter Klartext. Und manch einer sehnt sich schnell nach Frischluft und Sonnenlicht: "Es ist mir wichtiger, dass die Angestellten der FIFA direkten Zugang zum Licht haben und nicht die Exekutivmitglieder, die nur periodisch in der FIFA sind", erläutert Blatter im Interview und ergänzt: "Wir haben dort auch noch etwas Anderes arrangiert: Der Raum ist abgeschlossen, damit das Resultat einer Abstimmung nicht schon bekannt ist, bevor man aus dem Saal kommt". Familiäres Vertrauen sieht anders aus.


Home of FIFA von innen, Sitzungssaal des Exekutivkomitees (Foto: FIFA)
Hermetisch abgeschirmt: der unterirdische Sitzungssaal des ExekutivkomiteesBild: FIFA


Seelenelixier für Funktionäre


Zu den Kuriositäten des Gebäudes gehört der ebenfalls im Untergeschoss gelegene Andachtsraum: ein sich nach oben öffnender Onyxkörper, der durch indirektes Licht wie ein überdimensionaler Edelstein leuchtet. Hineingestellt in einen mit grauen Steinwänden ausgekleideten Raum und auf zwei Seiten begehbar. Ein grüner Pfeil in den Durchgängen weist gen Mekka – als Service für die islamischen FIFA-Mitglieder. Ansonsten ist der Raum nackt und kalt. "Alle fünf Religionen haben auf die eigenen Zeichen verzichtet, um Gültigkeit für alle zu erreichen", sagt Theus. Lediglich zwei Bänke suggerieren klösterliche Ruhe und Einkehr - Seelen-Elixier für gestresste Fußball-Funktionäre.

Heute liegt das neue Domizil des Weltfußballverbandes an der Fifa-Strasse, die von der Stadt eigens für den Neubau bewilligt wurde. "Hier baut die Fifa im Auftrag von 207 Nationen", so stand es vor der Fertigstellung auf einem Schild. Die UNO bringt es nur auf 191 Mitglieder. "Da bin ich ja sehr stolz, dass ich irgendwie der Hausmeister von diesem 'Home of FIFA' bin", sagt Blatter und schmunzelt. Man kann nicht anders, als ihm zu glauben.


Autoren: Michael Marek, Sven Beckmann
Redaktion: Aya Bach