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Nabelschau - einmal anders

Alexander Kudascheff29. Januar 2003

Brüssel hat in dieser Woche nicht auf sich selbst geschaut, was es ja sonst gerne tut. Nein, es hat nach New York und nach Washington geblickt, manche befürchten: gestarrt.

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Das alte und (muss man ehrlicherweise wohl sagen) das neue Europa, schlicht das, was man den alten Kontinent nennt, waren vereint - in ihrem Interesse: was steht bei Hans Blix, was haben die UN-Inspektoren im Irak gefunden und was nicht, vor allem aber, was ahnen sie, was sie nicht finden durften? Und dann natürlich - welche Schlüsse muss man daraus ziehen?

Am besten vorschnell keine, so wurde geraunt, schließlich wollte niemand seine politische Abhängigkeit zu laut unterstreichen. Also wartete man auf dem alten Kontinent auf den amerikanischen Präsidenten und seine Botschaft - an die amerikanische Nation. Die war zwar in großen Teilen auf die Innenpolitik fokussiert, aber zum Schluss immerhin doch bekam sie die politische Kurve: der Irak wurde zu Bushs Thema.

Skeptische Öffentlichkeit

Doch was sollte man aus den Erklärungen herauslesen? War es eine verhüllte Kriegserklärung oder doch ein Gesprächsangebot? Besteht eine Chance, den Krieg am Golf zu verhindern? Oder ist er doch unausweichlich? Oder spielt Bush doch auf Zeit, um den Aufmarsch seiner Truppen zu vollenden? Und wie werden die Beweise am 5. Februar aussehen? Werden sie handfest sein? Oder nicht? Und warum legt sie Bush nicht gleich vor?

Schließlich muss er eine skeptische Öffentlichkeit überzeugen - nicht nur in Europa übrigens, sondern auch zu Hause. Das wiederum gefällt den Europäern, denn auch sie stehen unter Druck ihrer eigenen Völker. Das gilt gerade für die Regierungen, die an der Seite von George W. Bush stehen, für Spanien, Polen, Großbritannien, auch für Italien. In keinem Land gibt es auch nur eine hauchdünne Mehrheit für einen militärischen Schlag gegen den irakischen Despoten. Im Gegenteil: überall sind die europäischen Bürger gegen einen Krieg. Und gegen einen Krieg ohne UN-Mandat sind sie erst recht.

Kontinent des Zweifels

Europa, das alte und das neue, ist ein Kontinent des Zweifels. Jedenfalls, was den Irakkrieg betrifft. Und so wie Brüssel in dieser Woche nach Amerika schaut, muss man hoffen, daß Washington nach Europa schaut und dort die Skepsis, die Vorsicht, die Ablehnung gegenüber dem Militärschlag registriert. Man muss hoffen, aber darf man es mit Recht? Oder spricht doch alles dafür, daß die transatlantischen Beziehungen nachhaltiger gestört sind als man zugibt? Und werden sich, wenn die Stunde der Entscheidung naht, doch mehr Länder auf die Seite der USA stellen als man zur Zeit glaubt?

Es sind Tage des europäischen Zweifels an den USA, aber auch an sich selbst. Und so schaut Europa vielleicht doch in dieser Woche auch auf sich selbst.