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"Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen"

Ulrike Mast-Kirschning/(fro)20. März 2002

Die Frauen Afghanistans verloren ihr Recht auf Arbeit, Erziehung, Gesundheit - und auf Zukunft. In Deutschland haben sie in Siba Shakib eine öffentlichkeitswirksame Fürsprecherin gefunden.

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Autorin und Anwältin der afghanischen Frauen: Siba ShakibBild: Random-House

Sie hat immer davon geträumt, dass Menschen – vor allem Frauen - sich zusammen finden und über das Schicksal der Frauen in Afghanistan reden und versuchen, ihnen zu helfen. Siba Shakib ist Dokumentarfilmerin und Schriftstellerin. Als Tochter eines iranischen Vaters und einer deutschstämmigen Mutter ist sie in Teheran aufgewachsen. Im Iran lernte sie das Elend der afghanischen Flüchtlinge kennen, die sich hier zunächst vor den Russen in Sicherheit bringen wollten. Seitdem reist sie - trotz aller Risiken - mindestens zweimal im Jahr nach Afghanistan.

Shirin Gols Schicksal

Siba Shakib hat exemplarisch für das Leiden aller Afghaninnen die Lebensgeschichte von Shirin Gol aufgeschrieben. Eine Frau, die sie bei Filmarbeiten in einem afghanischen Flüchtlingslager kennenlernte. Ihr Leben wurde geprägt von Krieg, Flucht und Gewalt, von Armut und Hunger - über 20 Jahre - und der Hoffnung auf die Rückkehr zu einem normalen Dasein.

Shirin Gols Geschichte endet weit vor dem 11. September 2001. Das Buch von Siba Shakib mit dem Titel "Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen" erschien kurz darauf auf dem deutschen Buchmarkt und rangiert seit Wochen in der Bestsellerliste weit oben. Für ihre Lesungen reist Siba Shakib quer durch Deutschland und überall drängt sich das Publikum. Fernab der Nachrichten wollen die Menschen wissen, wie es ist im fernen Hindukusch, wie die Menschen leben und fühlen, wie sie ertragen, was ihnen seit 20 Jahren widerfährt. Und Siba Shakib nutzt diese Chance, wird zur öffentlichkeitswirksamen Anwältin und nennt dafür ganz persönliche Gründe: "Weil jede politische Befreiung auch für mich eine Befreiung bedeutet. Wenn ich den Frauen in Afghanistan helfe, helfe ich mir selber als Frau, wo immer ich bin, wie immer ich lebe, weil alles mit allem zusammenhängt."

Siba Shakibs Arbeit in Deutschland

Drei bis vier Monate im Jahr lebt Siba Shakib in Köln. Hier unterstützt sie eine Fraueninitiative mit dem Namen Malalai. Malalai ist eine afghanischen Heldin, die sie auch in ihrem Buch beschreibt. Für die Hilfsorganisation "medica mondiale" hat sie für das Projekt "Purple Nest" - ein Schutzhaus und Ausbildungszentrum für alleinstehende Frauen in Afghanistan - die Schirmherrschaft übernommen. Und es gibt viele Gründe für sie, noch mehr zu tun: "Die afghanische Bevölkerung ist traumatisiert. Da muss sehr viel Hilfe geleistet werden. Die Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf, zu essen, Gesundheitsversorgung. Die Minen müssen aus Afghanistan weggeräumt werden. Afghanistan war schon vor der Bombardierung der Amerikaner am 7. Oktober das meistverminteste Land der Welt mit zehn Millionen Minen. Jetzt haben die Amerikaner sieben Millionen weitere Minen ins Land verstreut. Daher muss das Ausland helfen, Afghanistan wieder aufzubauen und die Minen wegzuräumen. Es gibt so viel zu tun, dass ich gar nicht weiß, wo man anfangen muss. Aber man muss anfangen, man muss es jetzt tun und nicht nur reden."