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Politik

Merkel: Lage in der Türkei "alarmierend"

2. November 2016

Journalisten der türkischen Oppositionszeitung "Cumhuriyet" wurden festgenommen. Das zurückhaltende Verhalten der Bundesregierung erntete Kritik. Jetzt hat Kanzlerin Merkel den Ton gegenüber der Türkei verschärft.

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Bundeskanzlerin Merkel gestikuliert mit ihrer linken Hand bei der Pressekonferenz (Foto: picture-alliance/Sven Simon)
Bild: picture-alliance/Sven Simon

Es sei "in höchstem Maße alarmierend", dass das "hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit" in der Türkei "immer wieder aufs Neue eingeschränkt" werde, sagte Merkel in Berlin. Die neuerlichen Verhaftungen von Journalisten der Oppositionszeitung "Cumhuriyet" in der Türkei seien das "jüngste Beispiel dieser an sich schon sehr traurigen Entwicklung". Die Kanzlerin hegt "sehr große Zweifel", dass das den rechtsstaatlichen Prinzipien entspricht". Die Bundesregierung werde die Ermittlungen und die Verhandlungen gegen die inhaftierten Journalisten genau verfolgen, versicherte Merkel.

"Solidarität mit denen, die für Presse- und Meinungsfreiheit eintreten"

"Die Journalisten können sich unserer Solidarität gewiss sein, genauso wie diejenigen, die in der Türkei unter erschwerten Bedingungen für Presse- und Meinungsfreiheit eintreten", sagte Merkel nach einem Gespräch mit dem Schweizer Bundespräsidenten Johann Niklaus Schneider-Ammann in Berlin. Dazu  drohte sie, die Verhaftungswelle könne Auswirkungen auf die EU-Beitrittsverhandlungen haben, und ergänzte: "Natürlich spielt ein solches Thema auch in den Fragen der Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union eine zentrale Rolle." Der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, habe am Dienstag die Redaktion von "Cumhuriyet" besucht, "um noch mal zu unterstreichen, wie wichtig uns das Thema Meinungs- und Pressefreiheit ist", erklärte Merkel. "Wir werden das auf allen Ebenen unserer Kontakte immer wieder deutlich machen."

Der Ex-Chefredakteur von "Cumhuriyet", Can Dündar, hatte der Bundesregierung zuvor vorgehalten, viel zu zögerlich auf die Verhaftungen von Journalisten in der Türkei reagiert zu haben. Die Reaktion der Bundesregierung sei "wirklich schwach" gewesen, sagte er der Zeitung "Die Welt". Das gelte auch im Vergleich mit anderen Ländern wie etwa den USA. Die Bundesregierung hatte zunächst ihre "Sorge" über die Verhaftungswelle ausgedrückt und erklärt, die Pressefreiheit sei ein "hohes Gut". Dündar betonte, Berlin habe das Vorgehen der türkischen Regierung "nicht einmal verurteilt".

Die türkische Polizei hatte am Montag den Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", Murat Sabuncu, und rund ein Dutzend weitere Mitarbeiter inhaftiert. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, mit ihren Artikeln den gescheiterten Militärputsch Mitte Juli "legitimiert" zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft der Zeitung die Unterstützung einer terroristischen Organisation vor und somit die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen unterstützt zu haben. Die Redaktion weist die Vorwürfe zurück.

pab/kle (afp, dpa)